Regie: Anatole Litvak
Die Tochter des Zaren ?
Die Oscarverleihung des Jahres 1957 stand ganz im Zeichen des
Comebacks von Ingrid Bergman, die aufgrund ihrer Beziehung zum
italienischen Filmregisseur Roberto Rosselilni in Ungnade beim
US-Publikum gefallen war. Sie war zu Beginn dieser Liebesbeziehung mit
Peter Lindström verheiratet, trennte sich von ihm und heiratete
Rossellini. In den Jahren 1950 bis 1956 drehte sie ausschließlich in
Europa, vornehmlich in Filmen ihres Ehemanns. Mit Anatole Litvaks
"Anastasia" wurde sie von 20th Century Fox engagiert. Der Film wurde ein
Erfolg und spielte 4,3 Millionen Dollar in den USA ein. Die Academy
belohnte ihre Darstellung der Anna Anderson mit einer Oscarnominierung -
am Abend des des 27. März 1957 durfte sich sich als Siegerin feiern
lassen.
Die historische Person Anna Anderson war nach 1920 mit der
Behauptung aufgetreten, sie sei die Zarentochter Anastasia Nikolajewna
Romanova, die die Ermordung ihrer Familie durch die Bolschewiki 1918
überlebt haben soll. Bereits einige Jahre später tauchten Gerüchte auf,
dass die vierte Tochter des letzten russischen Zarenpaares Nikolaus III
und Alexandra Fjodorowna bei der Exekution am 17. Juli 1918 in
Jekaterinenburg nicht getötet worden sei. Seit 2007 ist aber klar
erwiesen, dass Anastasia mit ihrer Familie im Ipatjew Haus erschossen
wurde.
Das wusste man beim Dreh im Jahr 1956, deshalb konnte Litvak auch
ein offenes Ende gestalten, bei dem nicht geklärt wurde, ob diese Anna
Anderson eine Betrügerin oder tatsächlich Anastasia ist.
Die Geschichte, die Litvak erzählt, beginnt im Jahr 1929. Dort
taucht eine kränkelnde Frau in Paris auf, die in einer psychiatrischen
Anstalt einer Nonne gestanden hat, die überlebende Tochter des Zaren zu
sein. Der russische General Bounine (Yul Brynner), ehemaliger Anführer
der weißen Armee während der Revolution und seine Verbündeten Chemov
(Akim Tamiroff) und Petrovin (Sacha Pitöeff) schmieden daraufhin eine
Plan, um an das Geld zu kommen, dass der Zar zu Lebzeiten auf einer
englischen Bank deponiert hatte. Für das Trio ist es beinahe sicher,
dass die Frau lügt und Anastasia nicht mehr lebt, dennoch wird sie
aufgrund des möglichen Erbes so geschult, dass sie für die Verwandten
und für die Menschen, die das Mädchen kannten tatsächlich die
Zarentochter sein könnte. Man lernt der Frau das Benehmen und das
Auftreten einer Zarentochter sowie einen tiefen Einblick in das Leben
von Anastasia und den Menschen, denen sie begegnete. Ein Empfang, bei
dem Leute anwesend sind, die sie kannten, entsteht so etwas wie ein Patt
Situation. Die Hälfte meint in der Frau "Anastasia" erkannt zu haben,
die andere Hälfte ist sich fast sicher, dass es sich um eine Betrgerin
handelt.
Aufklärung könnte wahrscheinlich nur Anastasias Großmutter Maria
Feodorovna (Helen Hayes) geben, die in Dänemark im Exil lebt. Doch die
Zarenmutter lehnt ein Treffen ab mit der Begründung, dass ihr schon zu
oft Betrügerinnen vorgestellt wurden, die das gleiche behauptet
haben.....
In der Rolle der egozentrischen Baronin von Livenbaum ist Martita
Hunt zu sehen, die durch ihre Rolle in "Geheimnisvolle Erbschaft" dem
Kinopublikum bekannt wurde. Ivan Desny spielt Prinz Paul, den früheren
Verehrer der jungen Anastasia. Litvaks Film ist teilweise berührend,
manchmal nahe am Rande des Edelkitschs angesiedelt. Die Darsteller
werten den Film enorm und ansprechend auf. Bergman spielt tatsächlich
klasse und auch das Comeback der Stummfilmdiva Helen Hayes ist durchweg
gelungen. Beide Schauspielerinnen wurden auch für den Golden Globe
nominiert - aber nur ingrid Bergman durfte den Preis wieder entgegen
nehmen. Aus heutiger Sicht ist es natürlich klug gewesen die Frage nach
der Wahrheit offen zu lassen. Im deutschen "Anastasia" Film mit Lili
Palmer, der seiner Hauptdarstellerin den deutschen Filmpreis und eine
Nominierung bei den Britischen Film Awards einbrachte, spielt Ivan Desny
auch mit - dort lässt man aber nicht offen wer "die Unbekannte Frau"
tatsächlich ist.
Bewertung: 7 von 10 Punkten
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