Regie: Franklin J. Schaffner
Das Erstreccht des Kriegsherrn...
Das Hauptthema in Franklin J. Schaffners Historienfilm "Die
Normannen kommen" (Original: The War Lord) aus dem Jahr 1965 ist das
s.g. "Droit du seigneur", auch bekannt als "Jus primae noctis". Dieses
Recht der ersten Nacht erlaubte es den Feudalherren sexuelle Beziehungen
zu ihren weiblichen Untertanen - vor allem zu Jungfrauen- zu haben.
Denn bevor die Mädchen die Heirat mit ihrem Liebsten eingehen durften,
hatte der "Herr" das Erstrecht in der Hochzeitsnacht.
"Die Normannen kommen" entstand kurz nach "Der Kandidat" und ist inspiriert von einem Bühnenstück von Leslie Stevens.
Dabei beweist Schaffner auch hier schon sein Talent für eine
effektive Inszenierung opulenter Stoffe. Leider sieht man der Produktion
in manchen Szenen aber auch eindrücklich an, dass sie im Studio gedreht
wurde. Hier kann der hervorragende Kameraspezialist Russell Metty
(Spartacus, Im Zeichen des Bösen) diese Schwäche nicht ganz kaschieren.
Dennoch gelangen ihm auch hervorragende Bilderkompositionen. Hier sei
vor allem der Angriff der Friesen auf die Festung erwähnt. In diesem
Momenten fühlt sich der Zuschauer tatsächlich ins Mittelalter versetzt.
Oder wenn die Kamera durch diese noch etwas neblige Landschaft mit ihren
Seen wandert. "Die Normannen kommen" ist aber nicht in erster Linie
Bilderfilm, sondern er erzählt vom Dilemma eines solchen Feudalherren.
Charlton Heston zeigt als Crysagon de la Crou eine seiner besten
schauspielerischen Leistungen. Er zeigt glaubwürdig die Hin- und
Hergerissenheit eines Mannes, der zwischen Verstand und Gefühlen völlig
den Halt unter dem Boden verliert. Dabei ist dieser Crysagon de la Crou
auf den ersten Blick für den Zuschauer ein echter Siegertyp. Ein Ritter,
der sich im Kampf bewiesen hat und ein Günstling des Herzogs ist. Erst
nach und nach werden zwei Schwachstellen sichtbar. Die eine ist das
Mädchen Bronwyn (Rosemary Forsyth), die er zuerst begehrt und in die er
sich dann auch verliebt und die zweite kommt mit dem Verhalten seines
Bruders Darco de la Crux (Guy Stockwell) zum Tragen. Der ältere Bruder
des bekannteren Dean Stockwell muss hier auch lobend erwähnt werden, er
komplettiert mit Richard Boone, der Crysagons treuen Kriegsknecht Bors
spielt, das glaubwürdige Trio der zuerst siegreichen normanischen
Eroberern.
Immer dabei ist auch der zwergwüchsige Falkner Volc (Sammy Ross).
Als die Friesen unter Führung des Königs Holbracht (John Alderson)
erneut einfallen, schlägt Crysagon den Gegner gnadenlos in die Flucht.
Er weiß nicht, dass einer der Gefangenen, ein kleiner Junge (Henry
Wilcoxan) der Sohn des Friesenkönigs ist. Ausserdem begegnet er dem
Mädchen Bronwyn, die seit ihrer Kindheit dem Sohn (James Farentino) des
Dorfältesten und Druiden (Niall MacGnnins) versprochen ist. Die Menschen
sollen christianisiert werden, doch im umgebenden Wald hängen immer
wieder heidnische Zeichen an den Bäumen. Und die Menschen hier sind
ihrem neuen Herrscher eher misstrauisch gesinnt.
Ein alter Wehrturm wird zur Burg der Eroberer. Dort erfüllt sich auch das Schicksal der Ritter und ihren Untergebenen...
Charlton Heston spielt seine Rolle sehr authentisch, man nimmt ihm
diesen inneren Zwiespalt ab und genauso plausibel erscheint es, dass je
mehr die Liebe bei ihm einzieht, die siegreiche Kampfeslust dem Gestern
angehört. In einer Szene wird dies besonders deutlich, man bekommt das
Gefühl der Ritter würde gerne alles aufgeben, nur um das Wichtigste
behalten zu können: Das Mädchen. Und obwohl diese ihren versprochenen
Bräutigam liebt, stellen sich auch bei ihr Gefühle für den Mann, der die
Nacht mit ihr erzwingt, ein. Im Grunde eine sehr traurige Geschichte,
denn das Glück hat ein nicht festes Fundament und es wird wohl keine
Zukunft geben. Dieses Drama aus dem mittelalterlichen Flandern ist in
einigen Passagen hervorragend gestaltet, kann aber diese hohe Qualität
nicht durchgehend halten. Aber im Gegensatz zu vielen anderen
Ritterfilmen hat Schaffner hier das Mittelalter etwas stimmiger
skizziert
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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