Freitag, 11. Oktober 2019

Die Liebe einer Blondine

Regie: Milos Forman
 
Tristesse in Zruc...
 
Mit den beiden Regieoscars für "Einer flog übers Kuckucksnest" und "Amadeus" schrieb der tschechische Regisseur Milos Forman nicht nur Oscargeschichte, sondern er schuf zwei unvergessene Filmklassiker. In den 60er Jahren wurde er mit seinen nationalen Filmen auch ausserhalb der Tschechoslowakei bekannt. In dieser Zeit begann sich die Filmwelt auch vermehrt für den osteuropäischen Film zu interessieren. Die Liberalisierung des sozialistischen Regimens in der CSSR und die Aufhebung der Zensur erlaubte es den dortigen Filmemachern auch gesellschaftskritische Themen anzupacken. "Die Liebe einer Blondine" ist eines dieser innovativen Werke und wurde dementsprechend auch international mit Preisen geehrt. Bei der Academy Award Vergabe für den besten Auslandsfilm 1967 musste sich Formans Film nur von dem französichen Beitrag "Ein Mann und eine Frau" von Claude Lelouch geschlagen geben.
Forman drehte mit seinem Debütfilm "Der schwarze Peter" und dem 1967 entstandenen "Der Feuerwehrball" zwei weitere kleine Meisterwerke in seinem Heimatland, bevor der Prager Frühling kam und er in Paris seinen ersten US-Film vertraglich klar machen wollte. Sein tschechisches Studio warf ihm vor, sein Land illegal verlassen zu haben und zwang den Filmemacher dazu zu emigrieren.
Die Geschichte spielt in der Stadt Zruc, die in der ländlichen Tschechoslowakei liegt. Der Leiter einer Fabrik (Josef Kolb) versucht in der ersten Szene die Funktionäre und das Militär davon zu überzeugen, dass seine vielen jungen Arbeiterinnen auch mal ein bisschen Abwechslung und Vergnügen nach der harten Arbeit brauchen. Es herrscht seit der Einberufung der einheimischen Jungs Männermangel im Städtchen und die Arbeiterinnen bleiben dann nicht lange. Er erreicht es, dass in Zruc eine Garnison errichtet wird. Doch statt kanckigen jungen Kerlen wird diese mit etwas älteren Reservisten belegt. Bei ersten Tanzabend sind die Freundinnen Andula (Hana Brejchova), Marie (Marie Salacova) und Jana (Jana Novakova) auch dementsprechend gelangweilt. Sie sind aber immerhin von den drei älteren Soldaten Vacovsky (Vladimir Mensic), Manas (Ivan Kheil) und Burda (Jiri Hruby) schon bemerkt worden. Die drei Männer wollen die drei jungen Girls anbaggern und das gelingt am besten mit Spendierhosen. So instruieren sie den Kellner Wein an den Tisch der drei Grazien zu bringen. Der verwechselt zuerst die Damen und serviert an einen anderen Tisch mit deutlich älteren Frauen. Doch nach der Korrektur sitzt man bald zu Sechst am Tisch und kommt sich zumindest ein bisschen näher. Als Andula kurz raus geht, fängt der junge Pianist Milda (Vladimir Pucholt) mit ihr zum Flirten an und durch sein Geschick verlässt sie die Tischgruppe und verbringt stattdessen die Nacht mit dem Musiker. Am Morgen verabschieden sie sich voneinander und Milda lädt das Mädchen ein ihn irgendwann in Prag zu besuchen. Dann verschwindet er. Nachdem Andula mit ihrem Freund Tonda (Antonin Blazejovsky) Krach hat, entschließt sie sich tatsächlich nach Prag zu fahren, denn sie hat sich in Milda verliebt. Sie trifft aber bei der Adresse, die er ihr angab, lediglich die Eltern (Milada Jezkova, Josef Sebanek) an, die aber gar nicht begeistert davon sind, dass ein Mädchen mit Koffer bei ihnen klingelt...




Der Film gefällt durch einen leisen Humor und ist handwerklich perfekt gemacht, weil er trotzdem einen starken dokumentarischen Touch pflegt. Forman beobachtet in "Die Liebe einer Blondine" das Kleinbürgermilieu exakt und dies sorgt für einen starken Realismus seines Films. Dabei sind es oberflächlich gesehen ganz alltägliche banale Dinge, die er hier porträtiert. Es wirkt zuerst etwas belustigend, aber übgeordnet bemerkt man auch die Liebe des Regisseurs zu seinen Figuren und seiner Geschichte. "Die Liebe einer Blondine" entstand 1965 und ist zwar ein Kind seiner Zeit, aber auch eine gelungene Zeitreise für den Zuschauer in ein vergangenes Jahrzehnt, ja sogar in ein anderes System. Dennoch sind die Empfindungen der Menschen überall gleich und diese Zeitreise lässt auch erkennen, dass in dieser Dekade auch ein großer Aufbruch der Jugend stattfand, die die Moralvorstellungen der Eltern und Großeltern nicht mehr teilen wollten. Darüberhinaus ist "Die Liebe einer Blondine" von einer betörend schönen Leichtigkeit.




Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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