Regie: Harry Keller
Umzingelt in der Geisterstadt...
Regisseur Harry Keller drehte den eigenartigen Western "Quantez -
die tote Stadt" im Jahr 1957 und spielt wie der etwa zeitgleich
entstandene John Sturges Western "Der Schatz der Gehenkten" (Original:
The Law and Jake Wade) in einer Geisterstadt. Dabei sind die
Protagonisten bereits von Indianern umzingelt, wissen es aber nur noch
nicht. Sie ahnen die Gefahr höchstens. Dabei hatte es "Quantez" bei
seinem Kinostart sehr schwer und erntete meistens mittelmäßige bis
schwache Kritiken. Erst in den letzten Jahren konnte er sich durch eine
steigende Wertschätzung bei den Westernfans wieder rehabilitieren.
Natürlich erinnert man sich auch an William A. Wellmans "Herrin der
toten Stadt", der 1948 das Kinopublikum fesselte.
"Quantez" ist ein Cinemascope Eastman Color Film, was aber nur in
den ersten und den letzten Sequenzen tatsächlich perfekt zum Tragen
kommt. Der dominierende Mittelteil zeigt vier Banditen und ein
gefallenes Mädchen wie sie in einem gottverlassenen Ort verharren
müssen, denn sie werden von den Gesetzeshütern gejagt. Somit muß die
Bande wohl oder übel auf sehr kleinem Raum ihre inneren Konflikte
austragen. Diese Psychoduelle sind das Herzstück des Films und bietet
dem Zuschauer die Möglichkeit an fünf Charaktere kennenzulernen, die
alle ein bisschen verrottet sind eine unrühmliche Vergangenheit mit sich
rumschleppen.
Nach einem Banküberfall verschanzen sich die Täter in der
verlassenen Stadt Quantez. Die Einwohner haben vorher die Stadt
verlassen, denn die Apachen sind mit ihrem Anführer Delgadito (Michael
Ansara) und Vittorio auf dem Kriegspfad. Der Anführer der Bankräuber ist
der grobe und aggressive Heller (John Larch) , der seine Geliebte
Chaney (Dorothy Malone) dabei hat. Auf die Frau mit Vergangenheit
fliegen aber auch seine Kumpane. Vor allem der junge Teach (John Gavin),
der sich als versierter Revolverheld anpreist, aber vielleicht nur ein
Großmaul ist. Gato (Sidney Chaplin) ist der Aussenseiter der Gruppe,
denn er wird von Heller als Halbblut bezeichnet. Tatsächlich ist Gato
als Junge von den Indianern verschleppt worden und wuchs bei den Apachen
auf. Zwei Seelen wohnen daher in seiner Brust. Genauso ambivalent ist
der abgeklärte Gentry (Fred McMurray), der eigentlich viel eher als
Anführer wahrgenommen wird als der ungestüme Heller. Aber Gentry hält
sich bewusst im Hintergrund, denn auch er hat eine Geheimnis und
versteckt seine wahre Identität. Die wird erst sehr spät von einem alten
fahrenden Sänger und Portraitzeichner (James Barton) gelüftet. Doch am
Morgen beim Aufbruch aus der Geisterstadt sind auch schon die Indianer
aufs Morden aus...
"Quantez" ist im Hauptteil sehr dialoglastig und konzentriert sich
vor allem auf den Konflikt der Männer bei der einzigen Frau zum Zug zu
kommen. Diese lässt mit einer gewissen Mitleidstour einen Mann nach dem
anderen auf sie hereinfallen. Denn ihr Freund behandelt sie wie Dreck.
In dieser Konstellation bemerken die Gestrandeten weder die
Indianer, die sie bereits umstellt haben, noch den Verräter in den
eigenen Reihen. Die Handlung des Films ergibt sich aber tatsächlich aus
seinen Charakteren und deren nicht immer logischen Verhaltensweisen.
Dabei tritt in keiner Sekunde Langeweile oder Leerlauf ein, ein
Verdienst des perfekten Schauspieler-Ensemble. Fred McMurray ist immer
dann sehr gut, wenn er dunkle Charaktereigenschaften mit sich
rumschleppt - sein größter Triumph ist sicherlich der Versicherungsagent
Walter Neff in Billy Wilders "Frau ohne Gewissen", aber auch als
Shirley McLaines Chef und Liebhaber Jeff D. Sheldrake in "Das
Appartemen" - ebenfalls von Billy Wilder - bleibt er unvergessen. Die
starke Rolle des feigen Leutnant Tom Keefer in Dmytryks "Caine Mutiny"
zähle ich ebenfalls zu seinen Topleistungen. Auch in "Quantez" hat er
eine Rolle mit gutem Potential. Ein Bandit mit Tiefgang und der
Erkenntnis nicht alles richtig gemacht zu haben.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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