Regie: Paul May
Asch und Vierbein...
Man kann den deutschen Soldatenfilm "08/15" nach dem gleichnamigen
Roman von Hans Hellmut Kirst sogar ein bisschen als den etwas softeren
Vorläufer von Stanley Kubricks Meisterwerk "Full Metal Jacket"
bezeichnen. Denn beide Filme geben Einblick in die Ausbildung des
Militärs und zeigen jungen Männer, die zu Soldaten ausgebildet werden.
Während Kubricks Film aber in einem Ausbildungslager der US-Marines
in Vietnam spielt und im zweiten Teil den Ausbildungsplatz Richtung
Kriegseinsatz wechselt, zeigt Paul May in seinem Film die militärische
Ausbildungszeit der beiden Soldaten Asch (Joachim Fuchsberger) und
Vierbein (Paul Bösiger) mit Kasernendrill und vielen handfesten
Erlebnissen in der Welt des "Barras" am Vorabend des zweiten
Weltkrieges.
Damals zu seiner Entstehungszeit im Jahr 1954 wurde der Film ein
riesiger Kassenschlager und war in Deutschland annähernd so erfolgreich
wie "Verdammt in alle Ewigkeit" von Fred Zinnemann, dem Blockbuster des
Jahres.
Auch die beiden Figuren Asch und Vierbein ähneln Kubricks Soldaten
Private Joker und Private Paula. Wie Joker ist auch der Gefreite Asch
ein Typ, der spielend beim Militär durchkommt. Er ist pfiffig und mit
allen Wassern gewaschen, ist ein guter Beobachter und weiß um die
Stärken und Schwächen seiner Vorgesetzten.
Kanonier Vierbein (Paul Bösiger) dagegen ist fürs Soldatenleben
nicht geschaffen. Er ist verträumt, musisch begabt und macht sie so zum
Opfer seiner Vorgesetzten, die ihn hemmungslos schikanieren.
Das Feindbild der nungen Rekruten und Meister der Schikanen ist
Hauptwachmeister Schulz (Emmerich Schrenk), der bei den Männern als
brüllender Kasernengockel verschrien ist. Seine Ehefrau Lore (Helen
Vita) wohnt auch in der Kaserne und sie findet Gefallen an anderen
Männern. Im Grund setzt sie ihrem Fritz ständigHörner auf.
Auch Wachtmeister Platzeck (Hans Christian Blech) ist ein
Schleifer. Ganz oben steht Major Luschke (Wilfried Seyferth), der
allerdings erst am Ende des Films seine große Szene bekommt. Während
Asch es raffiniert versteht, sich den sadistischen Begebenheit in der
Kaserne anzupassen, fällt dies seinem Freund Vierbein umso schwerer. Der
verliebt sich in Aschs Schwester Ingrid (Gundula Korte), doch die steht
auch eher auf den harten Macho, der militärische Ambitionen hat und im
Krieg eine große Nummer sein wird. Asch verliebt sich in Elisabeth (Eva
Ingeborg Scholz), das Mädchen, dass in der Kantine bedient. Es kommt im
Laufe der Zeit soweit, dass Vierbein sich das Leben nehmen will, was der
Freund gerade noch verhindern kann...
Und dann startet folgerichtig die raffiniert ausgearbeitete Revolte
gegen die gemeinen Vorgesetzten. Er erreicht am Ende die Bestrafung der
beiden Vorgesetzten und empfielt sich beim noch höheren Vorgesetzten
als guter Soldat mit einer blendenden Aufstiegszukunft. In der Fülle
vieler romantischer und pathetischer Kriegsfilme der deutschen
Nachkriegsproduktion fällt "08/15" durch einige kritische Akzente auf.
So nimmt die Geschichte die preußische Disziplin immer mal wieder aufs
Korn. Natürlich ist "08/15" nicht dieser kritische Antikriegsfilm,
sollte jemand dies erwarten. Aber durch die Ansammlung dieser Anekdoten
aus der Kaserne gibt sich schon ein kritisches Bild auf das Militär im
Allgemeinen, selbst wenn der besonnene Major Luschke am Ende besonnen
durchgreift und die militärische Ordnung für den Moment wieder
herstellt. Doch nicht von Dauer, wie die Schlußszene greift. Durch den
Lautsprecher hört man Hitlers Rede "Seit 5 Uhr 45 wird nun
zurückgeschossen".
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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