Regie: Billy Wilder
Su-Su in der Militärakademie...
Wenn man die Handlung von Billy Wilders "Der Major und das Mädchen"
liest, ohne den Film zu kennen, denkt man sich sicherlich, dass eine
solche Geschichte "Junge Frau verkleidet sich in eine 12jährige, um
Billig an eine Zugfahrkarte zu kommen" gar nicht glaubhaft funktionieren
kann.
Doch sie funktioniert - obwohl Ginger Rogers zum Zeitpunkt des Drehs bereits 29 Jahre alt.
Die junge Susan Applegate (Ginger Rogers) verdient ihr Geld, indem
sie Kunden besucht, die sich ihre Kopfhaut massieren lassen wollen. Sehr
oft sind diese Herren aber gar nicht an den neuen Kopfhautmassagegerät
interessiert, sondern haben eher vor die Besucherin anzubaggern. So ein
Kunde ist auch Albert Osborne (Robert Benchley), der sie heftig anmacht
und sich weigert Susans "Nein" als Antwort zu akzeptieren. Noch an
dieser gefährlichen Arbeitsstelle kündigt die junge Frau den Job und
beschließt New York City zu verlassen und nach Stevenson, Iowa zu ihrer
Mutter zurückzukehren. Leider fehlt Susan das nötige Geld für ein One
Way Ticket in die Heimat, weil die Zugpreise um 5 Dollar aufgeschlagen
haben. Sie bemerkt aber am Schalter eine Frau mit Kind, das für die
Fahrkarte nur den halben Preis bezahlen muss. Susan verkleidet sich in
der Toilette des Bahnhofs als zwölfjähriges Mädchen namens Su-Su. Ein
Mann hilft ihr die gewünschte Fahrkarte zum halben Preis zu bekommen, in
dem er sich als Onkel ausgibt. Im Zug selbst fällt die "Zwölfjährige"
den beiden Schaffnern auf, die sie prompt beim Rauchen erwischen. Sie
flüchtet im fahrenden Zug und findet Zuflucht im Abteil von Major Philip
Kirby (Ray Milland), der tatsächlich auch auf die geschickte
Verkleidung hereinfällt und das Mädchen für eine verängstigte Teenagerin
hält. Er erlaubt ihr im Abteil zu bleiben, bis sie seine Haltestelle
erreichen.
Dort wird er seine Verlobte Pamela Hill (Rita Johnson) wiedersehen,
deren Vater sein Vorgesetzter an der Militärakademie ist, an der Philip
die Kadetten unterrichtet. Nach einem Mißverständnis, besteht Pamela
darauf, dass das Mädchen vorerst bei Ihr und ihrer jüngeren Schwester
Lucy (Diana Lynn) wohnen kann. Diana durchschaut die Maskerade natürlich
sofort, sie schweigt jedoch und wird so zur Verbündeten von Su-Su, die
sich längst in ihren Major verguckt hat. Doch auch diverse Kadetten
(Frankie Thomas, Raymond Roe,, Charles Smith, Larry Nunn und Billy
Dawson) sind von der temperamentvollen Su-Su ebenfalls begeistert...
"Der Major und das Mädchen" ist der erste Hollywood Film von Billy
Wilder, er verfasste gemeinsam mit Charles Brackett das Drehbuch. Damit
solch ein Film gelingen kann, braucht es auch das ganze Können der
Darsteller und Ginger Rogers, die ein Jahr zuvor einen Oscar für ihre
Hauptrolle in "Kitty Foyle" gewann, liefert eine sehr gekonnte Leistung
ab, meisterhaft springt sie von der Lady zum aufmüpfigen Teenie. Auch
Ray Milland spielt wie Ginger Rogers mit Geist und Geschmack. Dabei
hätte die Thematik leicht für Probleme sorgen können: Ein erwachsener
attraktiver Mann, der in seinem Zugabteil ein 12jähriges Mädchen
schlafen lässt. Heutzutage würde man das vornehmlich in Richtung
Pädophilie deuten. Damals gab es aber Regiekönner, die eine solche
Brisanz und pikante Handlungsgrundlage umschiffen konnte. Der Major ist
so unbedarft, dass er nicht bemerkt, dass er sich immer mehr in die
vermeintlich Minderjährige Susan verguckt - erst als er sie tatsächlich
auf dem Bahnhof als attraktive Frau erblickt, darf er sie küssen. Wilder
hatte das Faible, vermeintlich schlüpfrige Inhalte zu thematsieren,
weil er dem Publikum einen Spiegel vorhalten wollte.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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