Regie: Ernst Lubitsch
Den Augenblick genießen...
"Genossen ! Mitmenschen der Welt ! Die Revolution marschiert. Ich
weiß, Kriege werden über uns niederbrechen, Bomben werden fallen, die
Zivilisation wird zusammenbrechen...aber noch nicht
gleich...bitte...wartet, wartet...wozu die Eile ? Laßt uns glücklich
sein, schenkt uns diesen Moment" - ein berühmter Satz aus Ernst
Lubitschs Komödie "Ninotschka", der am Vorabend des 2. Weltkriegs
realisiert wurde. Als der Film am 9. November 1939 in die US-Kinos kam,
nahm in Europa die Katastrophe schon ihren Lauf. So steht diese Greta
Garbo Szene für ein letztes Atemholen vor den beginnenden kriegerischen
Zeiten, die bis 1945 dauern sollten. In Deutschland wurde der Film erst
1950 uraufgeführt.
Es ist höchstwahrscheinlich auch Greta Garbos beste Leistung in
Hollywood und bescherte ihr eine Oscarnominierung. Drei weitere
Nominierungen gabs in den Kategorien "Bester Film", "Beste
Originalstory" und "Bestes Drehbuch".
Das Drehbuch von Melchior Lengyel wurde später zu einem Broadway
Musical umgearbeitet und erneut verfilmt. Das Musical hieß
"Seidenstrümpfe" mit Cyd Charisse und Fred Astaire, die unter der Regie
von Rouben Mamoulian agierten.
An der Kinokasse waren beide Versionen sehr erfolgreich.
Die Geschichte spielt in Paris in den 20er Jahren: Die drei sehr
ungeschickten Genossen Iranov (Sig Ruman), Buljanov (Felix Bressart) und
Kopalsky (Alexander Granach) sind im Auftrag von Kommissar Razinin
(Bela Lugosi) in der Stadt der Liebe, um die konfiszierten Juwelen der
Großherzogin Swana (Ina Claire) möglichst für viel Geld zu verkaufen.
Die Partei braucht dringend Geld. Die Großherzogin Swana lebt ebenfalls
in Paris im Exil. Da ein Vetrauter, der Graf Alexis Rakonin (Gregory
Gaye) im Hotel arbeitet, bleibt die Aktion nicht lange geheim. Er
erzählt der Großherzogin, dass sich deren Schmuck in der Stadt befindet.
Mit Hilfe ihres listigen und jüngeren Geliebten Graf Leon d´Algout
(Melvyn Douglas), der den drei Russen das westliche Lotterleben
schmackhaft macht, gelingt es den Verkauf mit einem Juwelier in letzter
Sekunde aufzuschieben. Die französischen Gerichte sollen nun klären, ob
der Verkauf dieser Juwelen rechtens ist. Natürlich erfährt der Kommissar
von der gescheiterten Mission der drei Genossen. Die sollen möglichst
schnell von der Sondergesandten Nina Ivanovna Yakushova (Greta Garbo)
der Sowjetunion zurück auf den rechten bolschewistischen Weg geführt
werden. Die emsige Funktionärin reist ins sündige Paris und ist
schockiert über den Lebensstil in der freien Welt. Wie schön dagegen ist
doch die Moskauer Wohnungsnot, weil man mit anderen Genossen die Räume
teilt oder die stalinistischen Maiparaden. Natürlich interessiert sich
die Kommissarin für die sehenswürdigkeiten der Stadt, vor allem für die
technischen Funktionen des Eiffelturms. Bei einer dieser
Stadtbesichtigungen lernt sie zufälligerweise diesen nichtsnutzig
schmarotzenden Geliebten der Großfürstin kennen. Und sie erliegt trotz
ihrer Engstirnigkeit und Erstarrung immer mehr diesem Charmbolzen, der
tatsächlich auch das Gleiche für diese russische Frau empfindet...
Wie auch Ernst Lubitsch bester Film "Sein oder Nichtsein" geht
dieser geniale Screwball Klassiker auf das Drehbuch von Melchior Lengyel
zurück, doch Lubitschs Berliner Freunde Walter Reisch und Billy Wilder
halfen mit. Am Ende muss die verliebte Frau für ihr Vaterland ein hartes
Opfer bringen - denn sie hat zu wählen zwischen dem Schmuck für
Väterchen Russland und ihrem Geliebten. Obwohl sie einander lieben,
verrät Ninotschka (so nennt Leon sie) weigert sich sich ihr Land zu
verraten. Diese politischen Themen (Kommunismus, Vorabend des 2.
Weltkriegs) dienen als Hintergrund für eine komische Einlage nach der
anderen und Lubitsch hat alles perfekt und leichtfüßig mit seiem
speziellen Touch inszeniert.
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.
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