Regie: Anatole Litvak
Die Schizophrenie der Virginia Cunningham...
Die
Oscarverleihung 1948 ging mit einer Überraschung zu Ende, denn es wurde ein Triumph für Laurence Oliviers
Shakespeare Verfilmung "Hamlet", der vier Preise gewann. Dabei galten Jean
Negulescos "Johnny Belinda" und Anatole Litvaks "Die Schlangengrube" als große
Favoriten. Am Ende gewann Litvaks Film über die unhaltbaren Zustände in den
Psychiatrieanstalten des Landes lediglich einen Oscar für den besten Ton. Auch
Hauptdarstellerin Olivia de Havilland musste sich gegen Jane Wymans Darstellung
in "Johnny Belinda" geschlagen geben. Dabei steht und fällt der
Psychiatrieschocker mit der Leistung seiner Hauptdarstellerin. Man muss "Die
Schlangengrube" natürlich auch im zeitlichen Kontext sehen, denn heute wirkt das
Szenario des Film eher befremdlich, ein Glück: Die Zustände in den Psychiatrien
haben sich massgeblich verbessert. Aber der Film galt zur Zeit seiner
Herstellung als sehr brisant, da er die Zustände eher nüchtern schilderte und er
wurde bewundert für die Darstellung eines gesellschaftskritischen Themas. Die
Darstellung von Wahnsinn und Geisteskrankheit war noch ein Tabu. In
Gróßbritannien musste der Film sogar geschnitten werden, so brutal und
verstörend wurden manche Szenen empfunden. Die Kritik rühmte den
Film dafür, dass er das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die
verbesserungswürdigen Zustände in den psychiatrischen Einrichtungen geweckt
hat. Olivia de Havilland zierte die Ausgabe des Time Magazins vom 20.
Dezember 1948, das sich intensiv mit dem Problem von geistigen Erkrankungen
beschäftigte. Sehr gut gelungen im Film sind die grotesken Massenszenen (muss
man schon beinahe sagen) in den beengten Gemeinschaftsräumen der Psychiatrie,
man überlässt die Patienten ihrem Schicksal und regt sich nur dann auf, wenn
eine der Frauen den neuen Teppich betritt und darauf läuft. Überhaupt ist das
strenge Regiment der Schwestern in beinahe jeder Szene spürbar. Es geht um die
Einhaltung der Ordnung, jede Regung in diesem System des unbedingten Gehorsams,
führt zu Sanktionen und Zwangsjacken. In einer dieser Psychiatrien ist die junge
Virigina Stuart Cunningham (Olivia de Havilland), die sowohl an Schizophrenie
als auch an einem Ödipuskomplex leidet. Diese Krankheit hat bewirkt, dass die
junge noch junge Ehe mit Robert (Marc Stevens) seit längerer Zeit unter einer
extremen Belastung steht. Die junge Frau ist nicht mal fähig ihren Mann zu
erkennen. Hier in der Psychiatrie muss sie vor allen Dingen den Anweisungen der
Engel in Weiß gehorchen, denn die können auch gewalttätig werden. Immerhin hat
sie mit dem emphatischen Psychiater Dr. Marc Kik (Leo Genn) einen Therapeuten,
der sich für das Wohl und die Gesundung seiner sehr kranken Patienten mit ganzer
Kraft engagiert. Er kommt immer mehr an Virginia heran und kommt so auf die Spur
ihrerer Traumatsierung...
Natürlich ist bei einem Film wie "Die Schlangengrube" die zeitgenössische
Betrachtung anders als die Eindrücke, die der Film heute vermittelt und man sich
wundert wie man vor etwa 65 Jahren mit Geisteskrankheiten umging. Die damals
damit verbundene Brisanz, die dem Film die hohe Gewichtung gab, ist heute
natürlich nicht mehr gegeben. So wird der Film heute eher über seine filmischen
Qualitäten bewertet. Die liegen wie erwähnt eindeutig bei den Darstellern und
die machen ihre Sache gut. Auch Leo Genn überzeugt als Arzt mit sehr viel
Geduld. Der Film schenkt dem Ehepaar ein HappyEnd und vermittelt daher etwas zu
sehr Hollywood-Dramatik, die Realität dürfte anders ausgesehen haben. Der Film
entstand Der Film entstand nach dem gleichnamigen autobiografischen Roman von
Mary Jane Ward, die über ihre eigenen Erfahrung in der Psychiatrie schrieb.
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