Regie: Abner Biberman
Sensibler Cowboy in der Krise...
Ein beliebtes Westernthema wird in Abner Bibermans 1957
entstandenem "Schieß oder stirb" (Original: Gun for a Coward)
aufgenommen. Die Geschichte vom Pazifisten, der sich irgendwann die
Frage stellen muss, ob es nicht besser wäre die friedvolle und auf
Harmonie bedachte Position zu wechseln und sich der Konfrontation zu
stellen. Dieses Thema war in Fred Zinnemanns "High Noon" vorhanden, etwa
in der Szene als Will Kane mit seiner hübschen jungen Braut Amy in der
Kutsche aus der Stadt fährt, nur um dem drohenden Duell mit Frank Miller
aus dem Weg zu gehen. Auch in Henry Hathaways "Schieß zurück, Cowboy"
muss der unschuldige Don Murray flüchten, um einzusehen, dass er den
Kampf führen muss.
In "Schieß oder Stirb" wird die
Geschichte von drei sehr ungleichen Brüdern erzählt. Will Keough (Fred
MacMurray) ist der Älteste und musste seit dem frühen Tod des Vaters,
der von einer Schlange gebissen wurde, die Rolle des Herrn im Haus
übernehmen. Auf ihm als Ältesten lastete schon von Beginn an die größte
Verantwortung. Bless (Jeffrey Hunter) ist der Zweitälteste und der
Liebling seiner Mutter (Josephine Hutchinson), die ihn ganz anders
erzogen hat als den Erstgeborenen. Bless gibt sich auch immer noch die
Schuld, dass er als siebenjähriger Junge seinem Vater bei dem tödlichen
Unglück nicht helfen konnte. Als nun erwachsener Mann ist er fast zu
sensibel und friedliebend, er geht dem Streit immer aus dem Weg und wird
von seiner Mutter stets vor allen Gefahren zurückgehalten.
Interessanterweise ist der jüngste Sohn Harry (Dean Stockwell) ein
extremer Draufgänger und wird von der Mutter fast ignoriert. Die Mutter
will die Ranch mit Bless verlassen, doch Bless liebt das Landleben und
die Pferde. Bringt es aber nicht fertig seiner Mutter die Wahrheit zu
sagen und geht vage auf das Angebot ein. Er behält auch für sich, dass
er seit längerer Zeit schon in Audry (Janice Rule) verliebt hat, obwohl
die schon als sichere zukünftige Braut für den großen Bruder Will gilt.
Auch Audry hegt immer stärkere Gefühle für den friedlichen Bless....
Dabei
sieht die Geschichte vor, dass sich die Konflikte während eines
Viehtriebs nach Abilene dramatisch verschärfen und zuspitzen. Mehr als
einmal wird dem besonnenen Bless Feigheit vorgeworfen, obwohl er
verhindert, dass sein jüngerer Bruder sich im Saloon völlig sinnlos mit
einem anderen Mann duelliiert. Für diese Feigheit vor dem Feind wird er
dann auch noch von dem draufgängerischen Bruder während des Schlafes mit
einer gefälschten Klapperschlange erschreckt und gepeinigt. Es kommt zu
einem dramatischen Unglück. Und wieder einmal ist Bless der Schuldige,
der dann auch noch von Nachbar Stringer (John Larche) herausgefordert
wird.
Dieser eher unbekanntere Westernbeitrag ist auch ein
Familiendrama im Westerngewand und zeigt typische Ranchszenen wie das
Zureiten eines Wilden Pferdes sowie ein Viehtrieb in die größere Stadt
mit einer Stampede. Dabei wird durch den eher ruhigen Bless auch einmal
kritisch das Männlichkeitsbild des Western beleuchtet. Nicht jeder ist
gleich ein Feigling, wenn er eine Schlägerei oder Schießerei durch
Besonnenheit verhindert oder dem Streit aus dem Weg geht. Am Ende muss
er aber - man hat es sich schon gedacht - doch seinen Mann stehen.
Möglicherweise ist "Schieß oder stirb" am Ende doch zu unspektakulär um
als echter Klassiker des Genres zu bestehen, aber ein unterhaltsamer und
guter Western ist er allemal. Dies liegt vor allem daran, dass die
Schauspieler allesamt tolle Darstellungen abliefern. Allen voran Jeffrey
Hunter, der sehr glaubwürdig in seiner Rolle ist und durch seine Rolle
als Martin Pawley in "The Searchers" unvergessen bleibt. Auch Fred
MacMurray als großer Bruder, der immer für die Familie lebte und sich
selbst mit seinen Bedürfnissen etwas vernachlässigte, liefert eine gute
Performance als arbeitsamer Rancher. Dean Stockwell (Der Zwang zum
Bösen) rundet das gelungene Brüdertrio bestens ab. Als gute Seele der
Ranch ist Westernlegende Chill Wills zu sehen.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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