Südsee-Romanze...
Friedrichs Wilhelm Murnaus Stummfilm "Tabu - A Story of the South Sea"
entstand 1931. Der Tonfilm hatte sich zwar zu dieser Zeit schon
weitestgehend durchgesetzt, doch Murnaus Gemeinschaftsproduktion mit dem
Dokumentarfilmer Robert J. Flaherty kommt durch eine geniale
Kameraarbeit von Floyd Crosby gut ohne Sprache aus. Murnau setzte auch
hier auf ein eindrückliches Spiel mit dem Schatten und bestimmt durch
diese Bilder auch die Atmosphäre entscheidend mit. Für seine Arbeit
erhielt Crosby bei der 4. Oscarverleihung am 4. November 1931 den
Kamera-Oscar. Zu diesem Zeitpunkt war der berühmte deutsche
Filmregisseur bereits einige Monate toammet. Er starb am 11. März 1931 -
eine Woche vor der Premiere von "Tabu" durch einen von seinem
14jährigen philippinischen Chauffeur verursachten Autounfall. Murnau
wurde auf dem Südwestfriedhof in Stahnsdorf, Nähe Berlin, beigesetzt.
Nur 11 Personen nahmen an der Beerdigung teil, unter Ihnen Robert J.
Flaherty, Emil Jannings, Fritz Lang und Greta Garbo. Die Garbo war es
auch die eine Totenmaske von Murnau in Auftrag gab, die sie während
ihrer Jahre in Hollywood auf dem Schreibtisch aufbewahrte.
Ende 1929 befand sich Murnau auf dem Höhepunkt seines Ruhmes. "Sunrise"
wurde ein Welterfolg und auch "Tabu" schien ein Erfolgsprodukt zu
werden. Auf Motu Tapu, einer kleinen Riffinsel vor der Insel Bora Bora
entstand das Filmdorf, das auch als Unterkunft für die Filmcrew während
der Dreharbeiten diente.
"Tabu" wirkt für den zivilisierten Menschen wie ein Einblick in eine
völlig andere Welt. Es ist dem Regisseur zu verdanken, dass Klischees
vermieden wurden, dennoch spürt man die leidenschaftliche Liebe des
Machers zu diesem verlorenen Paradies. Die Atmosphäre einer fernen,
fremden Welt hat er perfekt eingefangen - doch Murnaus Geschichte zeigt
auch das Dunkel dieser leuchtenden Schönheit.
Es ist die Geschichte von einem Mädchen und einem jungen Mann, die sich
verliebt haben. Das Mädchen (Reri) und der Junge (Matahi) genießen diese
Gefühle und sind glücklich. Sie leben im "Paradies" und so heißt auch
das erste von zwei Kapiteln des Films. Während dieser Zeit trifft der
alte Krieger Hitu (Hitu) mit einem Schiff auf der Insel ein, er ist ein
Gesandter des Häuptlings Fanuma. Zum Glauben dieser Inselbewohner gehört
es, dass eine junge Frau zur göttlichen Jungfrau ernannt wird. Es soll
eine hohe Ehre sein, denn sie ist den Göttern geweiht. Diese Frau ist
aber ab sofort "Tabu" - kein Mann darf sie jetzt mehr berühren. Und
jeder Mann, der sie begehrt, ist ab nun dem Tode geweiht. Damit hat ihre
Liebe keine Chance mehr. Aber Reri und Matahi fliehen übers Meer und
sie erreichen schließlich völlig entkräftet eine franzsösiche
Kolonialinsel. Dort arbeitet Matahi als Perlentaucher. Er hat aber keine
Ahnung von Geld und verschuldet sich dadurch. Und Hitu folgt der Spur
der beiden Liebenden. Denn er hat einen Auftrag von den Göttern...
Das zweite Tabu ist eine Stelle in einer haiverseuchten Lagune, wo die
schönsten und wertvollsten Perlen zu finden sind. Zumindest sagt dies
die Legende, aber diese Stelle hat schon manchem Taucher das Leben
gekostet. "Tabu" ist ein sehr trauriger Film, der durch ein perfektes
Zusammenspiel von Licht, Rhythmus und Kompositon unheimlich sinnlich
wirkt. Der Krieger ist der Älteste des Stammes und ist eine unheimliche
Figur, ein schauriger Unheilsbote, der mit dem Mädchen heimlich einen
Deal ausmacht. Und er ist auch konsequent in der Ausführung seines
überirdischen Auftrags, wie das Filmende eindrücklich beweist und zu
einer ganz fiesen Szene im offenen Meer führt. Für mich ist diese
Romanze von Liebe und Tod einer der besten und schönsten Filme der 30er
Jahre.
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