Regie: Alfred Hitchcock
Das Geheimnis...
Leider war das Budget von Alfred Hitchcocks "Sklavin des Herzens"
aus dem Jahr 1949 enorm hoch, so dass man aufgrund des
Einspielergebnisses eher von einem Kassenflop sprechen konnte.
Der Film wurde in Technicolor gedreht, die Farben sind inzwischen
etwas verblasst und es wäre sicherlich interessant dieses Mystery-Drama
zu restaurieren, denn man kann nur erahnen wie schön der Film bei seinem
Kinostart ausgehen haben mag. "Thriller" ist wohl der falsch gewählte
Ausdruck für diesen britischen Film, es gibt aber Elemente des Thrillers
in der dramatischen Liebesgeschichte vor historischen Hintergrund zu
sehen. Für Ingrid Bergman war es nach "Notorious" und "Spellbound" die
dritte Zusammenarbeit und auch in "Under Capricorn" - so heißt "Sklavin
des Herzens" im Original spielt sie eine ähnliche Figur wie Alicia
Huberman in "Notorious", es sind aber noch stärkere Ähnlichkeiten mit
der Rolle in George Cukors "Das Haus der Lady Alquist" vorhanden. Dort
spielte sie die labile Paula Anton, die von ihrem Mann systematisch in
den Wahnsinn getrieben wird. Sie erträgt diese Zeit, kapselt sich aber
immer mehr von der Umwelt ab, wohlwissend, dass sie für krank oder
verrückt gehalten werden könnte.
Der Film wird nur sehr selten erwähnt, wenn es um die besten Arbeit
von Meisterregisseur Hitchcock geht, was aber nicht heißt, dass dieser
Historienfilm schlecht ist. Das Gegenteil ist der Fall. Man kann aber
von einem eher untypischen Werk ausgehen. Suspence ist nicht vorhanden,
trotz des Gothic-Einschlags des Films. Im Grunde ein Krimi mit einem
Liebesdreieck. Auch wenn der Film nicht wirklich von einem Mordfall
handelt, so gibt es doch einen früheren Mord, der aber nachhachaltig das
Schicksal zweier Menschen prägt. Dazu kommt eine mysteriöse
Haushälterin, gespielt von Margaret Leighton, die etwas an Miss Danvers
aus "Rebecca" erinnert. Die Geschichte spielt in Australien. Das Land
ist aber geprägt vom britischen Standesdünkel - auch dieses Thema nimmt
einen zentralen Platz in der Geschichte ein, die auf dem Theaterstück
von John Colton und Margaret Linden basiert. Das Theaterstück geht auf
den Roman von Helen Simpson zurück, der 1937 geschrieben wurde.
Im Jahr 1831 ist Sydney eine Grenzstadt voller rauer ehemaligen
Sträflinge aus den britischen Inseln. Die Stadt erhält mit Sir Richard
(Cecil Parker) einen neuen Gouverneur, der mit einem charmanten und
fröhlichen, aber etwas phlegmatischen Cousin zweiten Grades, dem
ehrenwerten Charles Adare (Michael Wilding) angereist ist. Charles will
sich vielleicht in der Kolonie niederlassen und sucht gute
Geschäftsideen bzw. einflussreiche Geschäftspartner. Es wird ihm ein
gewisser Samson Flusky (Joseph Cotten) empfohlen, jedoch nicht ohne
gewisse Vorurteile. Denn Flusky war ein Sträfling und saß wegen Mord 7
Jahre in Haft. Doch Flusky hat sich nach der Verbüßung der Haft ein
Vermögen erwirtschaftet und hat eine recht große Menge an Land gekauft.
Nun setzt ihm das Gesetz eine Grenze, daher wird der Neuankömmling Adare
für ihn als Geschäftspartner interessant. Flusky macht ihm den
Vorschlag er solle Land kaufen, dass ihm Flusky dann wieder aufkauft. So
würde man die staatlich verordnete Grenze leicht umgehen können.
Charles wird ins Haus von Flusky eingeladen, dass den Namen "Warum
weinst du ?" trägt. Er lernt Fluskys unglückliche und vermutlich kranke
Ehefrau Lady Henrietta (Ingrid Bergman) kennen und verliebt sich
heimlich in sie. Er merkt, dass die Ehe zwischen ihr und Flusky
reichlich angespannt ist. Er kann auch nicht verstehen, warum Henriette,
die immer mal Alkoholeskapaden hat, immer noch mit diesem Exsträfling
verheiratet ist, der kein Adliger ist...
Im Laufe der Geschichte wird das wahre Ausmaß der Verbindung
zwischen Sam und Henrietta Flusky immer deutlicher. Es ist eine
schicksalshafte Verbindung, es geht um Schuld und um Sühne. Durch ein
dunkles Geheimnis ist das Ehepaar aneinander gekettet. Der dritte im
Bunde muss ein Liebesopfer bringen, damit der Albtraum ein Ende finden
kann. "Under Capricorn" bekam zuerst wenig gute Kritiken. Aber in den
50er Jahren brachten einige Kritiker der französischen Zeitschrift
"Cahiers du Cinema" den Film wieder ins Spiel, es wurde sogar erwähnt,
dass der Film einer von Hitchcocks besten Filme wäre. Tatsächlich ist
"Under Capricorn" etwas handlungsarm und eher mit wenig Spannung
angereichert, aber die Figurenkonstellation ist sehr interessant und die
Darstellerleistungen von Ingrid Bergman, Joseph Cotten, Michael Winding
und Margaret Leighton sind hervorragend. Es lohnt sich diesen
unbekannten "Hitchcock" kennenzulernen.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.
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