Sonntag, 31. Januar 2016

Der Kuß vor dem Tode

























Regie: Gerd Oswald

Ein Student geht über Leichen...

Bei seinem Erscheinen musste Gerd Oswalds Technicolor-Thriller "Ein Kuß vor dem Tode" ziemlich viel Kritik einstecken. Man warf dem 1956 inszenierten Film vor, dass er kaum Spannung bieten würde und die Regie zwar dem großen Hitchcock nacheifern würde, aber dennoch recht hölzern bliebe. Dennoch hat der Film seine Vorzüge und auch tolle Momente. Besonders die Noir-typische Szene als Ellen Kingship (Virginia Leith) nachts in eine dunkle Gasse flüchtet und der unbekannte Verfolger ihr sehr nahe kommt wird immer mal wieder lobend erwähnt. Aber auch sonst findet man viele Noir Anteile, wie etwa die permant düstere Stimmung, obwohl der Film vielfach gerade am hellichten Tag beim schönstem Wetter mit blauem Himmel spielt. Die Bilder von Kiameramann Lucien Ballard erinnern daher optisch sehr stark an die Douglas Sirk Melodramen der 50er Jahre. Sehr innovativ finde ich die Entscheidung, dass statt einer Femme Fatale, wie üblich bei der schwarzen Serie, dieser Part von einem charmanten und äusserst manipulativen Collegeboy übernommen wird. Er ist der, der die Frauen abhängig machen kann für seine finsteren und geheimen Pläne. Robert Wagner spielt diesen Studenten Bud Corliss perfekt, der es auf das Vermögen des Industriellen Leo Kingship (George Macready) abgesehen hat. Auch die zweite tragende Männerfigur ist interessant gewählt. Denn der Dozent Gordon Grant (Jeffrey Hunter) wirkt etwas farblos und man hat das Gefühl, dass er sich mit Brille und Tabakpfeife extra etwas unscheinbar macht - er wird aber im Laufe des Films zu einer Schlüsselfigur und wirkt dann von Szene zu Szene attraktiver. Die Geschichte - basierend auf einen Roman von Ira Levin (Rosemarys Baby) - fängt mit einem Rendezvou der beiden Studenten Dorothy Kingship (Joanne Woodward) und Bud Corliss (Robert Wagner). Beide leben in Tuscon, Arizona und studieren auch dort. Die beiden sind heimlich ein Paar und Dorothy gesteht ihrem Lover unter Tränen, dass sie ein Kind von ihm erwartet, schon im zweiten Monat schwanger ist. Der beschwichtigt sie auch und gibt ihr zu verstehen, dass sich schon eine Lösung finden wird. Was das verliebte Mädchen nicht weiß? Bud hat es eigentlich nur auf die Erbschaft von Dorothy abgesehen und wollte Schwiegersohn des steinreichen Minenbesitzers werden. Mit dieser Schwangerschaft ist dieser Traum aber nun stark gefährdet, da Dorothy fast sicher glaubt, so von ihrem Vater enterbt zu werden, da dieser keine Schwächen und Fehler duldet. So hat er nach einem Seitensprung auch seine Frau und Mutter von Dorothy verstoßen. Bud fasst den Entschluß Dorothy zu töten. Alles soll so aussehen, dass sie Selbstmord begangen hat. Doch der Plan mit Gift, die er als Tabletten gegen Übelkeit ausgibt, misslingt. Er gerät in Zugzwang und so muss er sich auf andere Weise seiner ungeliebten Freundin entledigen. Er scheint das perfekte Verbrechen begangen zu haben, doch Ellen (Virginia Leith), die Schwester von Dorothy, glaubt nicht an den Suizid. Sie stellt Nachforschungen an...



Es gibt ein paar tolle Szenen, die auch an Hitchcock erinnern lassen. Zum Beispiel Buds Einbruch in die Fakultät der Chemie, er wird dabei beinahe erwischt. Einmal wird er von Gordon Grant mit Dorothy gesehen, auch diese Szene auf dem Campus ist gut gemacht und zeigt beide Männer, wie sie beide die gleiche Richtung - aber etwa 50 Meter voneinander entfernt - einschlagen und sich so kurz wahrnehmen.
Auch sein entsetzter Blick bei der Vorlesung als Dorothy reinkommt (dabei hatte er gedacht sie mit den Pillen getötet zu haben) ist eine perfekte und recht gruselige Filmszene. Hier wird deutlich, was sich für ein fieser Psychopath hinter dieser charmanten und smarten Maske verbirgt. So ist es nicht verwunderlich, dass er sein Vorhaben Erbe der Minenfabrik zu werden auch nach dem Tod von Dorothy nicht aufgibt. Schließlich hat der schwerreiche Daddy  noch eine weitere hübsche Tochter.
Diese Wendungen halten den Thriller stets abwechslungsreich und spannend, auch die tollen Bilder werten den Film deutlich auf. So kann man "Ein Kuß vor dem Tode" sicherlich zu den wenigen, aber gut gelungenen Technicolor-Noirs wie John Dahls "Todsünde" zählen. An den besten dieser Farb-Noirs "Niagara" reicht Gerd Oswalds Film aber nicht heran.



Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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