Samstag, 28. März 2015

Emil und die Detektive

























Regie: Gerhard Lamprecht

Emil Tischbein und der unheimliche Herr Grundeis...

Emil Erich Kästner (1899 bis 1974) war ein deutscher Schriftsteller, Publizist und Drehbuchautor. Bekannt wurde er vor allem durch seine sehr erfolgreichen Kinderbücher wie "Emil und die Detektive", "Das doppelte Lottchen" und "Das fliegende Klassenzimmer".
Bereits 1931 wurde sein erstes Kinderbuch "Emil und die Detektive", das im Oktober 1929 erschien, von Gerhard Lamprecht verfilmt. Das Drehbuch schrieb der junge Billy Wilder.
Die Detektivgeschichte enstand auf Anregung von Edith Jacobsohn, der Witwe des Verlegers der "Weltbühne". Das Buch wurde alleine in Deutschland 2 Millionen Mal verkauft und bis heute in 59 Sprachen übersetzt. Obwohl Kästner selbst nicht ganz so zufrieden war mit der Verfilmung, war auch der Kinofilm äusserst erfolgreich.
Erzählt wird von der abenteuerlichen Reise und dem noch gefährlicheren Aufenthalts des kleinen Emil Tischbein (Rolf Wenkhaus) aus dem ländlichen Neustadt. Mit seinen Freunden spielt er dort auf dem Land sehr gerne auch mal dem Wachtmeister Jeschke (Rudolf Bierbrach) einen Streich, indem die Lausbuben ein Denkmal kurzerhand so umgestalten, dass es dem Beamten ziemlich ähnlich sieht. Doch die Mutter (Käthe Haack) schickt ihn auf eine Bahnfahrt nach Berlin. Der Junge soll seiner Großmutter (Olga Engel) 140 Reichsmark vorbeibringen, die er aus Vorsicht vor Dieben noch zusätzlich mit einer Nadel in seiner Jackentasche befeistigt. Auf der Zugfahrt sitzt Emil zuest in einem vollen Abteil, einer der Mitreissenden ist ein zwielichtiger Unbekannter (Fritz Rasp) , der sich als Herr Grundeis vorstellt. Als dieser merkt, dass der kleine Junge Geld bei sich haben könnte, wartet er nur auf eine günstige Gelegenheit. Die bietet sich als die anderen Reisenden aussteigen. Er bietet Emil ein Bonbon ein. Mit dem darin enthaltenen Schlafmittel hat er leichtes Spiel. Während Emil komische Träume hat, wird das Geld gestohlen.  Der Junge kommt erst wieder am Berliner Bahnhof Zoo zu sich und entdeckt sofort, dass er beraubt wurde. Er kann aber Grundeis folgen. Zum Glück trifft er auf einen Jungen, der sich Gustav mit der Hupe (Hans Schaufuß) nennt. Der erklärt sich schnell bereit dem Jungen vom Land zu helfen. Und da er Anführer einer Kinderbande ist, hat er schnell weitere kleine Helfer um sich getrommelt. So wird der noch ahnungslose Grundeis von Jungs wie Fliegender Hirsch (Hans Richter) oder der kleine Dienstag (Hans Albrecht Löhr) observiert. Die Kinderbande informiert auch die Oma, die mit Emils Kusine Pony Hütchen (Inge Landgut) am Bahnhof Friedrichsstraße vergeblich auf den Gast aus Neustadt gewartet haben. Pony Hütchen hilft den Jungs. Inzwischen hat sich der böse Gauner in ein Hotel einquartiert...


 diese erste Verfimlung des Kinderbuches ist sogar einer der bedeutendsten frühen deutschen Tonfilmen. Er weist sogar inhaltlich einige Parallelen zu Fritz Langs "M" auf - allerdiings als viel hoffungsvollere und weniger düstere Variante. Ein Übeltäter wird von einer Gruppe beobachtet, die immer größer wird und schließlich von dieser Gruppe zur Strecke gebracht. In Fritz Langs "M" sind es die Gauner, die plötzlich eigennützig Jagd auf den Kindermörder machen, hier bei Lamprecht sind es Kinder, die aus Spass am Abenteuer bei der Verfolgung des Diebes begeistert am Ball bleiben. Am Ende siegt der Zusammenhalt der Kinder.
Darüberhinaus glänzt der Film mit sehr guten Szenen, vor allem wenn Fritz Rasp die Szene betritt. Im Zug erzählt er den Reisenden von Berlin, dort wo die Häuser 100 Stockwerke hoch sind und die Aufzüge eine Küche haben, damit auf dem Weg nach oben nicht verhungert. Die Betäubung mit präparierten Bonbons führt zu surrealen Bildern im Kopf des träumenden Emil.
Im Hotel hätte Emil die Chance einer Revanche, aber so leicht kann der gemeine, kriminelle Grundeis nicht überwältigt werden.
Während "M" von Fritz Lang ganz düstere Situationen in der Weimarer Republik abbildet, die am Ende der Verfolgung eine Gerichtsverhandlung zeigt. Eine bei dem das Urteil für den Angeklagten schon feststeht und er gerichtet werden soll, da seine selbsternannten Richter, ihm das das Recht zu existieren verweigern. Ganz anders sind die Deutungen in "Emil und die Detektive", denn durch das beherzte Eingreifen der jungen Detektive kann man eine gewisse Demokratisierung des deutschen Alltags erkennen.
Darüberhinaus sorgen die unprätentiösen Dokumentaraufnahmen von Berliner Straßenszenen eine Stadt, in der die demokratischen Grundrechte gerade am erblühen und gedeihen sind. Hier bei Lamprecht erscheint mit Fritz Rasp als Dieb wie ein Dämon, den eine fatale Aura des Bösen umgibt. Die gesellschaftlichen und massenpsychologisdchen Unsicherheiten und Gemütslagen in Deutschland am Vorabend der nationalsozialistischen Machtergreifung sind spürbar nahe.
Besonders tragisch erscheint mir auch in diesem Zusammenhang einen Blick auf die Besetzungsliste des Films. Alle jungen Darsteller - damals 1931 im Alter zwischn 9 und 15 Jahre alt - sind im nachfolgenden 2. Weltkrieg gefallen. Lediglich Hans Richter, der im Film den Fliegenden Hirsch spielt, hat den Krieg als Soldat überlebt.



Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Hunde wollt ihr ewig leben

























Regie: Frank Wisbar

Im Kessel von Stalingrad

Mit dem Stalingrad Film "Hunde wollt ihr ewig leben",  seinem 2. Kriegsfilm nach "Haie und kleine Fische" erhielt Regisseur Frank Wisbar im Jahr 1959 den deutschen Filmpreis als bester Regisseur. In der Hauptkategorie "Bester Film" musste er sich aber von Franz Peter Wirths "Helden" geschlagen geben.
Mit einem großen Staraufgebot gelang ihm auch an der Kinokasse ein riesiger Erfolg. Erzählt wird die Geschichte des jungen, nationasozialistisch geprägten Oberleutnant Wisse (Joachim Hansen), der im Herbst 1942 seinen Dienst als Verbindungsoffizier zu den Rumänen in Stalingrad versetzt wird. Vorher verliebt er sich noch in das russische Mädchen Katja (Sonja Ziemann), die als Übersetzerin für die Deutschen arbeiten möchte, jedoch abgelehnt wird und nun Gefahr läuft deportiert zu werden. Er kann ihr durch seine Verbindungen eine Stelle bei seinem Freund Leutnant Fuhrmann (Gunnar Möller) verschaffen. Am Bahnhof sehen sich die beiden vielleicht zum letzten Mal. Es könnte Liebe sein, aber im Krieg gibt es nur den Feind. Die deutschen Truppen haben zwar unter großen Verlusten die Stadt erobert, werden aber bereits von der erstarkten Roten Armee eingekesselt. Viele der einfachen Soldaten haben erkannt, dass sie dem Gegner chancenlos ausgeliefert sind. Doch Befehle werden von ganz oben nach weiter unten und dann nach ganz weit unten gegeben und Generalfeldmarschall Friedrich Paulus (Ernst Wilhelm Borchert) ist dem Führer verpflichtet. Anfangs glaubt der Feldherr auch noch an einen Sieg. Doch die Lage verschimmert sich täglich. Es mangelt an Verpflegung und auch an neuer Munition. Aus dem Radio hören die Männer die Nachricht der Russen "Alle 7 Sekunden stirbt ein deutscher Soldat - Stalingrad - Massengrab". Allmählich erkennt auch Wisse die Aussichtslosigkeit im Kessel von Stalingrad. Sein Vorgesetzter Major Linkmann (Wolfgang Preiss) denkt nur an sein eigenen Überleben, legt aber bei seinen Untergebenen einen viel härteren Maßstab an...


 Die Brutalität von militärischer Logik gegenüber den Individuen und das Aufbäumen der Menschlichkeit gegen sinnlose Entscheidungen, die den Menschen als zu verschleißendes Material betrachten, stehen im Vordergrund dieses Films. Mit diesem Film schuf Frank Wisbar einer der großen deutschen Kriegsfilmklassiker.. Mit Stalingrad nahm er sich eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Militärgeschichte an. In einer Stadt aus Ruinen wird aus jedem Haus scharf geschossen. Die Soldaten müssen dabei völlig wahnsinnige Befehle befolgen, die den sicheren Tod bedeuten. Mit dem edlen Oberleutnant Wisse präsentiert Wisbar vielleicht einen zu sehr auf Helden gebürsteten Gutmenschen. Man kann aber gerade bei ihm - der sich dann mehr und mehr gegen die Befehle aus Berlin auflehnt - einen Stellvertreter für mehr Menschlichkeit in der Hölle ansehen. Wisbar war sichtlich bemüht um eine hohe Authentizität. Die Kulissen sind sehr realistisch und die Schlachten sehr aufwendig konzipiert. Immer wieder werden reale Kriegsbilder in die Spielfilmhandlung eingestreut. Eine besonders intensive Sequenz ist der Gang ins Lazarett. Dort sollen "Drückeberger" herausgeholt werden - aber allen Männern hier fehlen verschiedene Gliedmaßen oder sie liegen im Sterben. Darüber schwebt aus dem Radio die Stimme von Hermann Göring, der eine Rede zum zehnten Jahrestag der Machtübernahme hält und ein völlig falsches, sehr geschöntes Bild von der Front im Osten wiedergibt mit der baldigen Aussicht auf den Sieg. Im Nebenrollen sind bekannte Namen wie Horst Frank, Carl Lange, Karl John und Günther Pfitzmann zu sehen. Letzterer sehr effektiv als einfacher Soldat, der seine Ängste und Bedürfnisse immer dramatischer artikuliert und sein Ende erlebt, während das letzte Flugzeug Stalingrad verlässt und abhebt.



Bewertung: 7 von 10 Punkten.

Mittwoch, 25. März 2015

Berlin Ecke Schönhauser

























Regie: Gerhard Klein

Jugendliche Rebellen in Ostberlin...

"Berlin Ecke Schönhauser" entstand 1957 und gilt als ostberliner Antwort auf den etwa kurz zuvor entstandenen und überaus erfolgreichen Jugendfilm "Die Halbstarken" von Georg Tressler. Natürlich orientierte sich Tressler auch an amerikanischen Vorbildern dieser Zeit. Da wurde der jugendliche Rebell James Dean durch "...denn sie wissen nicht, was sie tun" zum großen Star oder man sah Jugendliche auf kriminellen Abwegen in "Die Saat der Gewalt". Inszeniert wurde der DEFA Film von Gerhard Klein und zählte sehr schnell zu den bedeutendsten DEFA Filmen seiner Zeit. Wie seine Vorbilder gelingt es auch hier eine genaue Beschreibung des Lebensgefühls einer Generation entstehen zu lassen. Selbst in der heutigen Zeit ist diese Stimmung sehr gut zu spüren aufgrund des perfekten Zeit- und Lokalkolorits. Der Film zeigt eine Jugend zwischen den Fronten und thematisiert auch die gesellschaftlichen Fehlentwicklungen in der DDR.  Dieser Punkt fiel auch der staatlichen Filmkritik auf und das Verbot lag nahe. Man war der Meinung, dass der Film "schädlich auf unsere Menschen wirken" könnte und eine Zulassung des Films wurde erstmal verweigert. Die Wende kam als er am 14. Juni 1957 dem FDJ Zentralrat vorgeführt wurde. Diese urteilten dann anders und sahen in "Berlin Ecke Schönhauser" ein Film, der bei den Massen richtig ankommen werden und ein Signal sei, beim Aufbau mitzuhelfen. Nach diesem günstigen Statement gab die Hauptverwaltung dem Film über die jugendlichen Rebellen in Ostberlin grünes Licht für die Kinos. Er erlebte mit dreimonatiger Verspätung am 30. August 1957 seine Kinopremiere. Bereits einige Wochen später hatten meh als 1,5 Millionen Zuschauer den Film gesehen. Mit diesen Zuschauerzahlen wurde er zu einem der erfolgreichsten DEFA Produktionen aller Zeiten.
Berlin in den 50er Jahren, noch sind die Sektorengrenzen offen, doch der Kalte Krieg wirft seine Schatten voraus. Die Jungendlichen Dieter (Ekkehard Schall), Kohle (Ernst-Georg Schwill), Karl-Heinz (Harry Engel) und Angela (Ilse Page) leben in dieser Zeit zwischen Petticoat und RocknRoll im östlichen Sektor von Berlin. Sie gehören zu einer  Gruppe von Halbstarken, die sich regelmäßig unter der U-Bahn-Brücke an der Schönhauser Allee versammeln und den Nachmittag mit Unsinn und Chillen verbringen.  Manchmal kommt es zu Sachbeschädigungen durch Mutproben, dadurch sind sie auch bestens bei der Volkspolizei bekannt. Die Motivation zur Gruppe zu gehören ist unterschiedlich. Dieter hat zwar einen Beruf, will jedoch seine Freiheit ausleben. Die FDJ wirbt um ihn, doch er will Einzelgänger bleiben. So wie Marlon Brando, der Kinostar, denn den verehrt ja auch seine heimliche Liebe Angela.  Kohle flüchtet vor seinem ständig betrunkenen und gewaltbereiten Stifevater. Er hat als Versager in der Schule wenig Perspektive für die Zukunft. Karl-Heinz ist verwöhnt, weil er reiche Eltern hat.  Er gerät zunehmend als Ausweisdieb auf die schiefe Bahn. Angela ist mit der alleinstehenden Mutter im ständigen Clinch. Bald kommt es zu dramatischen Situationen, die zur Flucht von Dieter und Kohle in den Westen führt. Dort in einem Auffanglager erleben sie die zweifelhafte Fürsorge der Westler...

Es wird natürlich schnell klar, warum der Film von der FDJ durchgewunken wurde. Gesamthaft propagiert er schon die Überlegenheit der sozialistischen Gesellschaftsordnung und stellt den eigenen Staat und seine Ordnungskräfte nicht wirklich in Frage. Er kommt ja durch den Ausflug in den Westen zum Schluß zu der Feststellung "Nirgends ist es so gut wie daheim" - auch wenn der jugendliche Rebell sich erst mal finden muss und hautnah bewiesen bekommt, dass er irgendwann seiner Verantwortung bewusst werden wird. Aber daneben gibt es doch auch eine bemerkenswert realistische Zeichnung des Ostberliner Alltags. Man erfährt auch von den Nöten dort, der Schwierigkeit einen passenden Beruf zu finden und auch die gesamthafte Perspektive Zukunft ist im Unklaren. Die Fürsorge durch die Organisiationen kommt im Film auch nicht so opitmal rüber, es deutet sich die Bevormundung von staatlicher Seite an. Der Stil des Film orientiert sich ein bisschen am italienischen Noerealismus jener Zeit. Atmosphäre und Milieu sind sehr gut gezeichnet.

Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Nacht fiel über Gotenhafen

























Regie: Frank Wisbar

Die letzte Fahrt der Wilhelm Gustloff...

Noch vor dem Ausbruch des 2. Weltkrieges emigrierte der deutsche Regisseur Frank Wisbar (in den 30ern: Mädchen in Uniform, Fährmann Maria) aufgrund der Verschärfung der rassistischen nationalsozialistischen Gesetze mit seiner nicht "arischen" Frau Eva in die USA. Dort konnte er beim Film nur schwer Fuß fassen, machte sich aber einen Namen beim neuen Medium Fernsehen. Mitte der 50er Jahre kehrte Wisbar als amerikanischer Staatsbürger in die noch junge Bundesrepublik zurück und begann mit der Inszenierung von anspruchsvollen Kinofilmen. Er hatte dabei ein Faible für die Aufarbeitung der jüngeren Vergangenheit im 3. Reich und setzte damit für den Rest seiner Laufbahn den Schwerpunkt für sein filmisches Schaffen. Erfolgreich wurden sene Kriegs-Filme "Hunde, wollt ihr ewig leben", "Die Fabrik der Offiziere" oder "Haie und kleine Fische". Für "Hunde wollt ihr ewig leben" gabs 1959 sogar den begehrten deutschen Filmpreis, das Filmband in Gold für die beste Regiearbeit.
Ein Jahr später wagte er erneut einen Blick in die Vergangenheit mit dem in schwarz weiß gedrehten Katastrophenfilm "Nacht fiel über Gotenhafen". In dem Film wird neben dem Untergang der Wilhelm Gustloff auch die Flucht der deutschen Bevölkerung aus Ostpreußen vor der roten Armee thematisiert. Die Wilhelm Gustloff war ein Kreuzfahrtschiff der nationalsozialistischen Organisation "Kraft durch Freude". Sie wurde am 30. Januar 1945 durch das sowjetische U-Boot S-13 vor der Küste Pommerns versenkt. Man schätzt die Zahl der Todesopfer auf annähernd 9.000 Menschen, die bei der Versenkung des völlig überladenen Flüchtlingsschiff ihr Leben ließen. Auch heute noch gilt dieses Unglück als der verlustreichste Untergang eines einzelnen Schiffes in der gesamten Geschichte der Seefahrt. Wisbar lässt sich aber Zeit die Menschen seiner Geschichte rund um die Geschichte vorzustellen. Die junge Maria (Sonja Ziemann) ist Rundfunkansagerin und frisch vermählte Ehefrau ihres Kollegen Kurt Reiser (Gunnar Möller). Der Krieg trennt das Paar, Kurt wird Soldat und so lebt Maria bei ihren Schwiegereltern. Dabei trifft sie wieder auf den Marineoffizier Hans Schott (Erik Schumann), der mit ihr Jahre zuvor schon einmal - auf der Gustloff - heftig geflirtet hat. In einer einsamen Silvesternacht im Krieg - der Mann an der Front - kommt es zum One Night Stand und Maria wird schwanger. Von den Schwiegereltern extrem verurteilt flüchtet Maria zu ihrer Freundin Edith Marquardt (Mady Rahl) , die auf einem Gutshof in Ostpreussen lebt, dass der resoluten Generalin von Reuss (Brigitte Horney) gehört. Dort verbringt sie einige unbeschwerte Tage und trifft erneut auf Hans Schott, aber auch das Wiedersehen mit Ehemann Kurt Reiser steht an. Gerade dann als die rote Armee dort einmarschiert...


das nationasozialistische Regime hatte eine frühzeitige Evakuierung Ostpreussens natürlich abgelehnt. Als die Rote Armee an der Ostfront durchbrechen kann, sind die vielen Einwohner dort vom übrigen Reichsgebiet völlig abgeschnitten. Großadmiral Dönitz ordnete das Unternehmen Hannibal an, bei dem alle verwundeten Soldaten mit allen verfügbaren Schiffen in das westliche Reichsgebiebt zu transportieren sind. Durch den Einmarsch des Feindes wird auch die Mitnahme der Zivilisten erlaubt. 2,5 Millionen Menschen sind in der Folge über der Ostsee auf der Flucht. Die Wilhelm Gustloff ist eines der Schiffe, die sich an der Evakuierung beteiligt. Mit schätzungsweise über 10.000 Menschen legt sie am 30. Januar 1945 in Gotenhafen ab. Auf der Höhe von Stolpmünde wird das Schiff von dem sowjetischen U-Boot gesichtet und wurde von drei Torpedos getroffen. Wisbar legt den Schwerpunkt allerdings auf die Einzelschicksale der Menschen seiner Geschichte. Die Katastrophe selbst hat er inszenatorisch leider etwas vernachlässigt. Somit ist "Nacht fiel über Gotenhafen" sicherlich ein recht guter und interesanter deutscher 50er Jahre Kriegsfilm, aber kein Meisterwerk. Gute Einzelszenen lassen aber erkennen, dass für Wisbar da mehr drin gewesen wäre, wenn er etwas düsterer und manchmal etwas weniger sentimental inszeniert hätte. Von der Darstellern bleibt am besten Brigitte Horney mit ihrer guten Nebenrolle in Erinnerung. Es gibt auch ein Wiedersehen mit dem noch jungen Dietmar Schönherr, der als französischer Kriegsgefangener Gaston einen dramatischen Abgang hat.

Bewertung: 7 von 10 Punkten.

Polizeirevier Davidswache

























Regie: Jürgen Roland

Nachts auf der Reeperbahn...

Auf der Reeperbahn nachts um Halb eins...Hans Albers veredelte mit diesem Lied aus dem Jahr 1912 den 1944 entstandenen "Große Freiheit Nr. 7" und auch den 10 Jahre späteren Unterhaltungsfilm, der sogar als Filmtitel den Namen des Liedes trägt. Ein Walzerlied, dass von Nachtleben auf der Reeperbahn im Hamburger Stadtteil St. Pauli handelt und die Lebensluft der berühmt-berüchtigten Straße in Hamburg melancholisch verklärt. Jürgen Rolands Bestandsaufnahme aus dem Kiez aus dem Jahr 1964 ist da um einiges realistischer angelegt. Der Film hält einfach mal ein paar Tage die Kamera drauf und begleitet den Alltag innerhalb von 48 Stunden der beiden Streifenpolizisten Hauptwachtmeister Glantz (Wolfgang Kieling) und Hauptwachtmeister Schriever (Günther Neuze). Die beiden - wie auch ihre anderen Kollegen, die auf dem Polizeirevier Davidswache - ihren Dienst versehen, werden tagtäglich in die schwicksalsschweren Geschichten dieser gefallenen Seelen auf der sündigen Meile konfrontiert. Ihre Fälle handelt von Bandenkriminalität, von Schutzgelderpressung oder von der Prostitution mit Minderjährigen. Dabei spiegelt der Film viel Zeitgeist wider - ein liberalerer Ansatz erkennbar, andererseits immer noch etwas versteckt moralisch bewertet, weil die Polizisten ja auch Menschen ihrer zeit, der damaligen Werte und Normen sind. Jedenfalls sind sie gut getroffen, denn sie sind ganz normale Beamte, noch nicht mal sonderlich sympathisch. Zur Routine der Bullen gehört auch der Schutz von naiven Touristen, die sich hier auf der Reeperbahn ausnehmen lassen und sich dann wundern, wenn sie am Ende in dem Etablissement ihrer Wahl für die Flasche Sekt 100 DM berappen müssen. Anzeige erstatten ist auch doof, denn die Ehefrau daheim soll ja nichts vom Ausflug nach St. Pauli erfahren. "Polizeirevier Davidswache" wirkt nüchtern und hat einen sehr kühlen, lakonischen - beinahe schon dokumentarischen Stil. So entsteht beinahe schon ein authentisches Abbild eines Deutschland der 60er Jahre, man spürt den gesellschaftlichem Umbruch.
Ohne Dramatik gehts aber nicht, zumindest nicht im Kriminalfilm: Denn Hauptmeister Glantz ist plötzlich in Gefahr. Er hatte vor 4 Jahren den Gangster Bruno Kapp (Günther Ungeheuer) verhaftet, doch dieser wurde nun entlassen. Im Gefängnis hat er sich Rache geschworen und dem fiesen Kriminellen ist alles zuzutrauen. Auf ihn wartet seine Verlobte Margot (Hannelore Schroth), die ihn zum anständigen Bürger machen möchte, jedoch Angst hat, dass Bruno seine Rachegedanken doch noch in die Tat umsetzen könnte. Sie glaubt zwar auch an ihren Bruno - gibt aber Glantz einen Tipp. Doch den Polizisten bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Mit seinem Kollegen bleibt er der Beobachter. Bruno ist verschlagen und raffiniert, er hat einen guten Schlag bei dem anderen Geschlecht. So kann er viele Frauen schnell um den Finger wickeln. Zuerst aber trifft er sich mit seinem Kumpel Manfred (Jürgen Draeger) und es werden die nächsten kriminellen Aktionen geplant. Bald geschieht ein Mord an einer Prostituierten. Die Spur führt natürlich zu Bruno Kapp...

 Jürgen Roland nimmt eine klare Haltung gegenüber jeder Form von Selbstjustiz an und plädiert für eine demokratisch agierende Polizei. In der Szene, in der sich Glantz emotional dazu hinreissen lässt, ohne richterliches Ok in ein Bordell einzudringen, wird er den kürzeren ziehen. Er, der eine Minderjährige vermutete, die dort zur Prostitution gezwungen wird, muss sich vom vermeintlichen Opfer sagen lassen, dass sie seit wenigen Tagen volljährig ist und machen kann was sie will.
Dass der Film sehr gut funktioniert hat er natürlich seinen gut besetzten Bösewicht zu verdanken. Günther Ungeheuer verkörpert als Bruno diese charismatische Mischung aus gut aussehendem, coolen Gentleman und intelligentem Verbrecher mit psychopathischen zügen. In Gastrollen treten auch Hanns Lothar und Ingrid Andree auf. Der Film wurde an Originalschauplätzen gedreht und wurde ein großer Kinoerfolg. Nach nur einem Jahr Spieldauer hatte er schon 3 Millionen Zuschauer.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.

Montag, 16. März 2015

Unter den Brücken

























Regie: Helmut Käutner

Auf dem Lastkahn Liese-Lotte..

"Unter den Brücken" von Helmut Käutner entstand von Mai bis Oktober 1944, in der Schlußphase des zweiten Weltkriegs. Die Dreiecksgeschichte um zwei Havelschiffer, die sich in die gleiche Frau verlieben, zeigt völlig unerwartet sommerlich-idyllische Flußlandschaften in der Umgebung von Berlin. Man könnte meinen in einer Landschaft zu sein, die ganz weit weg ist von Tod und Zerstörung. Eine bessere Welt, eine neue Hoffnung ? Jedenfalls muss man Käutners Film sowohl von Inhalt als auch von der Form zum "Poetischen Realismus" zählen, denn die Nähe zu den Meisterwerken von Marcel Carne, Jean Renoir oder Rene Clair ist unbestreitbar - am meisten erinnerte mich "Unter den Brücken" aber an Jean Vigos "L´atalante", der ebenfalls auf einem Binnenfrachter spielt.
Dennoch ist "Unter den Brücken" ein großartiges, eigenständiges Werk - denn der eher lethargisch-melancholische Inhalt der französischen Vorbilder wird mit Witz und Bodenständigkeit verbunden, ja sogar oft unterbrochen und schafft so einen eigenständigen deutschen Verwandten.
Lockerheit und Freiheitsgefühl schimmert immer wieder durch.
Schade, dass das deutsche Kino nach dem Krieg ganz auf Heimatkitsch und Kriegsverdrängung umgeschaltet hat. Mit großartigen Filmemachern wie Käutner oder Staudte wäre das Potential dagewesen den deutschen Film schon viel früher in eine neue Blütezeit zu bringen.
Kurz nach Beginn der Dreharbeiten startete die Invasion in der Normandie, kurz vor Drehende hatten die Amerikaner schon Aachen besetzt und die Rote Armee stand vor Ostpreußen. Die Filmcrew hatte daher mitVerzögerungen und Ausfällen zu kämpfen und der Film konnte erst im März 1945 fertiggestellt und von der Zensur freigegeben werden.  Die Kinopremiere fand aber erst 5 Jahre nach dem Krieg statt, seine Uraufführung erlebte "Unter den Brücken" auf den Filmfestspielen von Locarno.
Käutner selbst gab an, dass die Geschichte eine friedliche Demonstration der eigenen Wünsche war. "Wir lebten verträumt neben der Zeit und lenkten uns durch die Arbeit von all dem Schrecken ab" - der keine Autostunde weit entfernt entfesselt war.
Für mich ist dieser wunderschön fotografierte und poetische "Überläufer" film einer der besten deutschen Filme aller Zeiten. Der Kameramann Igor Oberberg ist schon in den ersten Filmminuten großartig, wenn er von der Perspektive des Kahns aus die Menschen auf den zahlreichen Brücken einfängt. Vor allem die Frauen, die dort oben flanieren, haben das Interesse der Männer auf dem Kahn. Mit diesen kontrastreichen Schwarz-Weiß Bildern liegt der Film auf einer Höhe zu seinen französischen und auch italienischen Vorbildern.
Neben der markanten Ausleuchtung von Kränen und Hafenanlagen, die die Atmosphäre der Geschichte maßgeblich bestimmen, sind es vor allem die Gesichter der Protagonisten denen die Szenen gehören.
Diese drei Hauptfiguren sind einfach da. Sie weinen mal, dann lachen sie wieder. Sie schwimmen ne Runde, sie kochen, sie putzen. Alles wirkt sehr authentisch. Alle drei Darsteller haben den Menschen verinnerlicht, den sie spielen sollen. Man vergisst den Schauspieler und empfindet die Typen als echt.
Hendrik Feldkamp (Carl Raddatz) und sein bester Freund Willy (Gustav Knuth) arbeiten auf ihrem gemeinsamen Schleppkahn. Sie sind Besitzer des Binnenfrachters und gleichzeitig auch Mannschaft. Sie fahren auf der Havel und haben hier und dort mal eine Freundin. Alles nichts festes...Die zwei Freunde reden aber immer wieder davon . Es fallen Sätze wie "Mädchen oder Kahn?"  Die Antwort folgt schnell:  "Kahn, da weisste wenigstens, wo du dran bist". Aber träumen darf man. Von der großen Liebe und auch von einem eigenen Schiffsmotor. Denn sie sind von den Schiffen abhängig, die sie von Hafen zu Hafen schleppen. Eines Abends beobachten sie eine junge Frau (Hannelore Schroth), die auf der Brücke steht. Und sie wirkt mehr als traurig. Es könnte sogar sein, dass sie sich offenbar von der Brücke ins Wasser stürzen will. Doch ins Wasser fällt nur ein Zehnmarkschein. Dennoch ist ab sofort das Interesse an dem Mädchen geweckt und sie sprechen die geheimnisvolle Unbekannte an, die bereits wieder die Brücke verlassen hat. Erst wehrt sie sich gegen die Annäherung der beiden fremden Männer, aber dann steht sie plötzlich vor dem Schleppkahn und will von Hendrik und Willy als "Passagier" nach Berlin, wo sie eine Wohnung hat, mitgenommen werden. Beide Freunde verlieben sich in den weiblichen Gast...



 und schippern mit einer unendlichen Leichtigkeit und einer schönen Prise Poesie bis zum Happy-End. Alles ist so selbstverständlich, wie wenn es vorbestimmt wäre. Und entdeckt wird die wahre Liebe, aber genauso die treue Freundschaft der beiden Männer. Es muss nicht immer zwangsläufig den Verlierer geben, wenn zwei Männer um eine Frau werben. Der vermeintliche Verlierer kann auch wieder etwas gewinnen.
Eingebettet in Bilder von beinahe unwirklicher Schönheit. Alles strahlt eine Melancholie aus, als wollten die Macher mit der Kamera festhalten, was in der Realität schon zerstört war, aber wert genug ist, es auch wieder auferstehen zu lassen.
Helmut Käutner hat in der Zeit des zweiten Weltkriegs einige große deutsche Filme gemacht: 1940 den leider etwas unterbewerteten Heinz Rühmann Klassiker "Kleider machen Leute", den leider etwas in Vergessenheit geratenen "Romanze in Moll" aus dem Jahr 1943 und den populären Hamburg Klassiker "Große Freiheit Nr. 7" mit Hans Albers für den er mit dem damaligen Reichspropagandaminister Goebbels in Streit geriet. Sein bester Film ist aber dieses Hochschauen "Unter den Brücken". Darüberhinaus spiegeln solche Klassiker auch in perfekter Weise die damalige Zeit wider. Diese heile Welt auf dem Kahn und damit die komplette Ausblendung der Kriegsrealität sorgt für einen interessanten Effekt im Hier und Heute: Man fühlt sich ständig daran erinnert.



Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Samstag, 14. März 2015

Die Mörder sind unter uns

























Regie: Wolfgang Staudte

In den Trümmern von Berlin...

 Wolfgang Staudtes 1946 entstandener Trümmerfilm "Die Mörder sind unter uns" ist nicht nur der erste Film der Nachkriegsgeschichte, er ist auch der erste DEFA Film und durch die expressionistisch geprägten, kontraststarken und von großflächigen Schattenzonen gekennzeichneten Kameraeinstellungen sogar ein Verwandter des Film Noir. Die Bilder der zerbombten Stadt erinnern zudem an den Neorealismus im italienischen Film. Das Szenario wirkt halb-dokumentarisch und zeigt eindrücklich ein vom Krieg und Faschismus zerstörtes Land. Nicht nur die Stadt liegt in Trümmern, auch die Menschen dieser Stadt sind traumatisiert und bewegen sich beinahe schon schlafwandlerisch durch die Ruinen. Es ist 1945, Berlin ist ein Trümmerhaufen, aber das Dritte Reich ist Vergangenheit. Ziellos irrt der ehemalige Chirurg Dr. Hans Mertens (Wilhelm Borchert), ehemals Truppenarzt an der Ostfront, durch die zerstörten Straßen, inmitten der Panzerwracks, wo sich spielende Kinder aufhalten. Ein Cafe bietet schon wieder "Tanz, Stimmung und Humor" an. Doch in dem Haus, wo er eine Wohnung bezogen hat, ist es düster. Die anderen Bewohner zerreißen sich schon das Maul über seine Alkoholsucht. Immer wieder kehren Leute mit dem Zug heim in ihre Stadt. Darunter befindet sich auch die junge Susanne Wallner (Hildegard Knef), eine Werbegrafikerin, die für vier Jahre in einem Konzentrationslager inhaftiert war. Sie ist die Eigentümerin der Wohnung, in der Mertens derzeit wohnt. Der alte Optiker Mondschein (Robert Forsch) ist der einzige, der sich über das Wiedersehen mit der jungen Frau freut. Er hat die Schrecken des Kriegs überlebt und wartet in seinem hohen Alter auf die Heimkehr seines verschollenen Sohnes. Andere Mieter wie der dubiose Wahrsager Bartolomäus Timm (Albert Johannes) beobachten neugierig ihr Umfeld. Susanne lässt Mertens weiterhin bei sich wohnen, der allerdings lieber alleine sein möchte. Doch zwischen den beiden entsteht ein bisschen was wie Freundschaft. Susanne verliebt sich sogar in den unnahbar wirkenden Mann, der in den Tag lebt.
Um sie herum agieren die Menschen ähnlich. Sie irren alle noch ziellos durch eine gespenstische Szenerie. Die Stadt soll und muss wieder aufgebaut werden, aber wo soll man anfangen? Mitten in dieser gewaltigen Wunde, die der Krieg gerissen hat, kommt auch die Vergangenheit wieder hoch - noch verstärkt durch einen Brief, den Susanne in der Wohnung auf dem Boden findet, der an eine Frau Brueckner (Erna Sellmer) gerichtet ist, deren Mann ihr den Brif vor seinem Tod geschrieben hatte. Als sie Mertens darauf anspricht, reagiert er extrem verärgert. Susanne gibt den Brief bei der Frau ab und erfährt aber überraschend, dass deren Mann Ferdinand Brueckner (Arno Paulsen) nicht nur am Leben ist, sondern sogar bei bester Laune inzwischen zum Boss einer Firma wurde, die aus Stahlhelmen Kochtöpfe gewinnbringend herstellt. Einer der dynamischen Antreiber für den Neuaufbau Deutschland. Brueckner war im Krieg Hauptmann der Wehrmacht und Vorgesetzter von Borchert. Es kommt zum Zusammentreffen. In einer Rückblende erfährt der Zuschauer von Brueckners grausamen Schießbefehl an einem Weihnachtsabend des Jahres 1942...


Das Thema des Films ist "Schuld und Sühne". Mit dem bürgerlichen Täter Brueckner charakterisierte Staudte sehr genau den Typus, der ohne Probleme wieder in den Alltag zurückfand und damit auch von den Verhältnissen profitierte. Das Erschreckende an seiner Person liegt darin, dass er sich tatsächlich keiner Schuld bewusst ist, sich nicht mit den Dämonen der Vergangenheit herumschlagen muss, sondern offen und zukunftsgewandt auf seine Mitmenschen zugeht, auch auf Mertens, der unter ihm gedient. Staudte gestaltet diese Figur ambivalent und so differenziert, dass es sogar der aktive und dynamische Brueckner es ist, der Mertens im Lauf der Geschichte auch dazu bringt sich positiv zu verhalten und einer Mutter, die in den Trümmern lebt zu helfen, deren Kind keine Luft mehr bekommt. Bis zu diesem Zeitpunkt war er nicht in der Lage gewesen, wieder als Arzt zu arbeiten.
Staudtes Film gilt als einer der ganz großen Klassiker des deutschen Films und orientiert sich stilistisch am deutschen Expressionismus und parallel zur Schwarzen Serie in den USA, die nahezu gleiche Orte und gleiche Charaktere abbildet. Die Ruinen der Großstadt sind gleichzusetzen mit dem eigenen Innern. Der Held ist traumatisiert und mit dem Geistern des Gestern konfrontiert.
Und wie in den US-Metropolen ist in Berlin die Schattenwelt der Nachtclubs, wo es Alkohol, Zigaretten und leichtlebige Frauen gibt, jene erste Adresse, die Mertens aufsucht.
Zusätzlich ist die Geschichte der Menschen, die das Miteinander verloren haben und in der Trümmerlandschaft danach suchen, ein sehr interessantes Zeitdokument. Staudte drehte im zerbombten Berlin und die Geschichte entlässt den Zuschauer mit Unsicherheit und Zerbrechlichkeit. Die Menschen sind noch nicht in der Lage, über das Erlebte zu sprechen. Das Lebensgefühl von damals in diesen Tagen nach dem Krieg ist gut und intensiv eingefangen.

Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Schlingen der Angst

























Regie: Douglas Sirk

In den Wahnsinn getrieben...

Douglas Sirk ist vor allem bekannt durch seine großen 50er Jahre Melodramen wie "Solange es Menschen gibt", "In den Wind geschrieben" oder "Was der Himmel erlaubt". Der in Hamburg geborene Regisseur musste 1937 wegen Verfolgung durch die Nazis aus Deutschland fliehen und konnte in den USA seine erfolgreiche Laufbahn als Filmemacher fortsetzen. Durch "Angelockt" wurde die damals sehr populäre Filmschauspielerin Claudette Colbert auf ihn aufmerksam und sie wählte Sirk persönlich aus Regie bei dem Film Noir "Sleep my love" zu führen.
Der deutsche Titel des 1948 entstandenen Thrillers ist "Schlingen der Angst" und gehört zur Gattung der "Frau in Gefahr" Filme und ist somit ein Verwandter von den bekannteren Werken "Mitternachtsspitzen" oder "Du lebst noch 105 Minuten". Dabei gelingen Sirk einige sehr atmosphärische Sequenzen im Haus, vor allem die Treppe eignet sich sehr gut dafür eine schlafwandlerische Hauptdarstellerin in Szene zu setzen. Sirk hat ein bisschen Gothic-Style beigefügt, obwohl der Film in der Metropole New York spielt. Dadurch hat der Streifen auch deutliche Anleihen bei George Cukors gotischem Thriller "Das Haus der Lady Alquist" oder Siodmaks "Die Wendeltreppe" - aber verliert im Vergleich mit diesen großen Vorbildern, die richtige Klassiker wurden.  Das liegt vielleicht sogar am ehesen am sehr konstruierten und etwas unglaubwürdigen Skript. Die Inszenierung selbst und die Kameraarbeit von Joseph A. Valentine sind jedenfalls sehr gelungen und insgesamt bleibt der Film dadurch auch solide. Durch den guten Unterhaltungswert enttäuscht dieser Film auch nicht. Es beginnt sogar sehr atmosphärisch. Mitten in der Nacht erwacht Alison Courtland (Claudette Colbert)  in einem Abteil eines von New York nach Boston rasenden Schnellzuges. Leider kann sie sich nicht daran erinnern, wie sie in diesen Zug kam und weshalb sich in ihrer Handtasche eine Pistole befindet, denn sie kann sich nur daran erinnern, dass sie zuhause war und sich schlafen legen wollte. Eine ältere Dame (Queenie Smith) hilft der verwirrten Frau, die in Boston den Zug verlässt. Richard (Don Ameche), ihr Ehemann, der bereits die Polizei alarmierte, ist sehr beruhigt, als er hört wo sie ist, andererseits gibt er dem Kriminalbeamten (Raymond Burr) an, dass es nicht das erste Mal ist. Seine Frau Alison verhalte sich immer merkwürdiger und psychisch auffällig.  Auf dem Flughafen in Boston trifft die Heimkehrerin zufällig ihre Freundin Barby (Rita Johnson) in Begleitung des smarten Bruce Elcott (Rober Cummings), die beide mit ihr nach New York zurück reisen .Elcott ist sichtlich enttäuscht, dass die attraktive Alison bereits verheiratet ist und beide Begleiter empfinden den Seelenzustand der Frau völlig normal. Sehr schnell wird dem Zuschauer klar, dass der böse Ehemann ein Verhältnis mit dem Vamp Daphne (Hazel Brooks) hat und mit dem Fotografen Charles Vernay (George Coulouris) einen fiesen Plan verfolgt seine vermögende Frau in den Tod durch Wahnsinn zu treiben.
 Dazu setzt der werdende Mörder Medikamente ein, um sie anschließend zu hypnotisieren und so zum Balkon zu treiben, wo sie sich in die Tiefe stürzen soll...

 Dabei bleibt der Film von Douglas Sirk insgesamt zu harmlos, um als Hitchcock-Verwandter durchzugehen. Claudette Colbert war zum Zeitpunkt der Drehbarbeiten bereits 45 Jahre alt. Der 7 Jahre jüngere Robert Cummings hat fast die gleiche Aufgabe, die er dann einige Jahre später auch bei Hitchcock in "Bei Anruf Mord" bekam. Er muss seine Angebetete vor dem grauenhaften Plan ihres Ehemannes retten.
Ingesamt bleibt Sirks Hauptanteil beim Melodram hängen und so wurde der Film auch bei seinem Erscheinen auch beworben. Für einen Psychothriller ist er zu soft, aber die Machart orientiert sich an der Schwarzen Serie. Die dargebotene Atmosphäre, die gut gemacht ist, lenkt immerhin ein bisschen von den Logiklöchern des Skrips ab.

Bewertung: 7 von 10 Punkten.