Samstag, 29. Oktober 2016

Schlacht um Algier

























Regie: Gillo Pontecorvo

Kampf gegen die Rebellen Kampf für die Freiheit...

1966 gewann der dokumentarisch geprägte schwarz-weiß Spielfilm von Gillo Pontecorvo den Golden Löwen bei den Filmfestpielen in Venedig. Man konnte damals von einem zeitgenössischen Werk sprechen, der die Episode von 1954 bis 1962 im algerischen Unabhängigkeitskrieg gegen Frankreich schildert. Im Jahr 1966 gab es das unabhängige Algerien aber schon 4 Jahre lang und die Kritiker sahen damals auch einen Vergleich zum ständig thematisierten Vietnam-Krieg. Auch wenn die algerisch-nationalistischen Rebellenorganisation FLN am Ende von der französischen Armee niedergeschlagen wurde, weil sie die Köpfe der Organisation erfolgreich besiegten - so war der Freiheitsgedanke und der Wunsch nach Unabhängigkeit langfristig doch stärker. Doch die Methoden mit denen der französischen Armee diesen militärischen Sieg erringen konnte, wurde logischerweise als Erfolgsmuster auch in anderen Regionen dieser Welt eingesetzt, so zum Beispiel in den schmutzigen Kriegen Lateinamerikas der 70er und 80er Jahre. Auch heute noch ist der Film äusserst aktuell, denn die Methoden der Folter, wie beispielsweise das Waterboarding, erfreut sich auch heute noch sehr großer Beliebtheit, wenn es darum geht aus den Opfern Geständnisse herauszupressen oder Namen von den Terroristen zu bekommen.
Im Grunde hat sich doch nichts geändert - dies ist die traurige Botschaft, die der sehr aufwühlende Film auch heute noch für den Zuschauer offenbart. Jedes Mittel ist Recht, wenn es darum geht die eigenen politischen Ziele durchzusetzen, der immer auf den größt möglichen Vorteil abzielt. Sehr offensichtlich wird dies gerade heute im aktuellen Syrien-Konflikt - wo sich die vielen Parteien nicht einigen wollen.
Der Film beginnt auch gleich ziemlich heftig - die französischen Besatzer waren mit ihrer ausgedehnten Folter erfolgreich und haben es geschafft, dass das Versteck des letzten Rebellenführers Ali La Pointe (Brahim Hadjadi) nun endlich bekannt ist. Der hat sich mit drei weiteren Rebellen, darunter eine Frau (Samia Kerbash) und einem Jungen (Mohammed Ben Kassen) hinter der Wand eines Zimmers versteckt. Nun ist das ganze Haus von der französischen Armee umtstellt und der befehlshabende Colonel Matthieu (Jean Martin), ein ehemaliger Kämpfer der Resistance, fordert ihn auf aus dem Versteck herauszukommen. In einer Rückblende wird der Zuschauer dann Zeuge der vergangenen Ereignisse, die einige Jahre vorher in einem Gefängnis beginnen. Dort wird ein Mann zur Guillotine geführt, er ruft vorher "Freiheit für Algerien" und "Gott ist groß" - dann hören die anderen Insassen nur das Geräusch des Fallbeils. Der Film schildert in seinem mutigen, authentischen Dokumentarstil und weitestgehend mit Laiendarstellern besetzt diese Kettenreaktion der Gewalt. Um ihre Forderungen nach Freiheit und Unabhängigkeit durchzusetzen, sind die Rebellen auch nicht gerade zimperlich und die Arbeit als Polizist oder Soldat in Algier ist sehr gefährlich. Gewalttätige Übergriffe sind an der Tagesordnung und die französischen Kolonialisten geben genauso hart zurück. Sie sehen den Unabhängigkeitswunsch eher von einer gewalttätigen Minderheit ausgehend, denn schließlich hat man ja 130 Jahre lange friedvoll zusammengelebt. Doch der Konflikt erhärtet sich. Es kommt zu schweren Attentaten mit vielen Todesopfern. Die 10. französische Fallschirmdivision unter General Massu befiehlt daraufhin die Kasbah von Algier von Aufständischen zu säübern. Dies wirkt sich auch auf die arabische Zivilbevölkerung aus - massiver Einsatz von schwersten Foltermethoden und Hinrichtungen.




Pontecorvo war Chemiestudent, dann Journalist und jugendlicher Partisanenführer im antifaschistischen Widerstand in Italien, ehe er den Dokumentarfilm für sich entdeckte. Dabei erhielt er für "Schlacht um Algier" finanzielle Unterstützung von der algerischen Regierung. Man merkt dem Film auch an, dass er gegen den Kolonialismus ist. Dennoch schildert er die Ereignisse sehr neutral, der Zuschauer kann sich so selbst ein Bild - jenseits vom Gut und Böse Schema - machen. Vor allem auch die gezeigten Bombenattentate sind äusserst großartig in Szene gesetzt. Frauen aus der Kasbah schmuggeln Bomben durch die Kontrollstellen. Sie stellen diese Taschen ab, in denen sich die schmutigen Bomben befinden. Kameramann Marcello Gatti zeigt uns in diesen Minuten die Gesichter der ahnungslosen Menschen, die sich in der Nähe dieser kommenden Katastrophe befinden. In einer Flughafenwartehalle, einer Milchbar, in der französische Teenager zu Popsongs tanzen - dann der explosive, todbringende Knall. Untermalt wird dieses - ebenfalls sehr aktuelle  Bild von der emotionalen Soundtrack-Music des Ennio Morricone. Ein kluger und sehr großer Film der 60er Jahre. 1967 wurde er für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert, verlor aber gegen Claude Lelouchs "Ein Mann und eine Frau".


 

 Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Liebe in der Stadt

























Regie: Carlo Lizzani, Michelango Antonioni, Dino Risi, Federico Fellini, Francesco Maselli, Cesare Zavattini, Alberto Lattuada

Rom 1953....

Eine gewagte Idee, die der italienische Produzent und Drehbuchautor Cesare Zavattini im Jahr 1953 hatte. Er stand mit seinem Film "Liebe in der Stadt" für ein neues, völlig authentisches Kino der Neuzeit. Dazu verpflichtete er die Regisseure Carlo Lizzani, Michelangelo Antonioni, Dino Risi, Federico Fellini, Francesco Maselli und Cesare Zavattini sowie Alberto Lattuada jeweils eine Episode für den Film beizusteuern. "Liebe in der Stadt" handelt von Prostituierten, von Heiratsvermittlern, von potentiellen Selbstmördern, von alleinerziehenden Müttern oder Voyeuren und vor allem von Rom. Die Metropole am Tiber ist Dreh- und Angelpunkt für diese sechs teilweise amüsanten, tragischen und bewegenden Geschichten. Dabei sind die sechs Kurzfilme dokumentarisch angehaucht und man hat das Gefühl eine gefilmte Zeitung über Rom und seine Liebenden in den frühen 50er Jahren zu sehen. Somit erweist sich der Film schon alleine als Zeitdokument äusserst interessant.
Episode 1 ist den Prostituierten gewidmet, heißt "Bezahlte Liebe" und wurde von Carlo Lizzani gedreht. Innerhalb von 11 Minuten dreht ein Filmteam dort wo die Frauen versuchen anzuschaffen und viele der Mädchen geben bereitwillig Auskunft über ihren damals noch tabuisieten Job. Durch die Interviews ist zu erkennen, dass enttäuschte Liebe die jungen Frauen auf die schiefe Bahn bringt. Der zweite Film "Selbstmordversuch" wurde von Michelango Antonioni gedreht und dauert mit 22 Minuten etwas länger. Auch hier dominiert wieder der Interview Charakter, fünf Frauen erzählen warum sie mit dem Leben Schluß machen wollten. Episode 3 entfernt uns etwas von der Depression und Tristesse und das "Paradies für drei Stunden" filmt einen typischen Sonntagnachmittag in einer Tanzhalle in den Vorstädten, wo sich die Jugend trifft und wo  für vier Stunden getanzt, geredet und gelacht wird. In einer spielerischen Weise werden die erotischen Gefühle ausgelebt. Regisseur Dino Risi beobachtet nur und kommt dem Thema "Liebe in der Stadt" damit am nächsten. Die nächste Episode "Die Heiratsvermitllung" ist von Federico Fellini und ist sehr gelungen, aber auch sehr eigen. Ein Journalist (Antonio Cifariello) versucht den Machenschaften einer ominösen Heiratsvermittlung auf die Schliche zu kommen und gibt vor für seinen reichen Freund, der unter Lykantrophie leidet und bein Vollmond sogar zum Werwolf wird, eine Frau zu suchen, da die Ärzte meinten die Neigung sich zu verwandeln könne nur mit einer Heirat geheilt werden. Und ja...die Agentur hat da genau die richtige Frau.  Nach dieser amüsanten und federleichten Arbeit von Fellini wirds tragischer und mit 27 Minuten folgt die längste Story "Die Geschichte von Catherine" mit einer Laufzeit von 27 Minuten. Dabei spielt sich die junge Catherina Rigoglioso selbst. Die junge Frau hat ein uneheliches Kind, von ihren Eltern in Sizilien wurde sie deshalb verstoßen. In Rom versucht sie Arbeit zu finden, hat aber keine Papiere. Das Geld für die Amme, die das Kind bei sich vorübergehend aufnahm, kann sie nicht mehr aufbringen. So wandert sie mit ihrem kleinen Jungen ziellos durch die Straßen von Rom, sie hat Hunger. In ihrer Verzweiflung setzt sie das Kind aus, wartet und beobachtet, bis es von älteren Kindern gefunden wird. In der Zeitung lies sie die Schlagzeilen, dass das arme Kind, von einer Rabenmutter ausgesetzt, nun in einem Nonnenkloster untergebracht wurde. Am anderen Tag bereut sie ihr Tun - gedreht wurde diese Sequenz von Francesco Maselli und Cesare Zavattini. Als Abschluß wirds noch einmal locker mit "Die Italiener drehen sich um" und Alberto Lattuada zeigt uns an einem schönen Tag schöne Römerinnen, die auf der Straße laufen und von den Männern angegafft werden. Ein schöner Abschluß für diesen originellen Bilderbogen aus dem Jahr 1953, der sehr viel über seine Zeit, in der er entstand, aussagt.


Sehr markant ist natürlich der experimentelle Charakter dieses leider in Vergessenheit geratenen Films. Die Geschichte von Fellini ist sicherlich die Stärkste, aber die Episoden über die Tanzhalle und über die Italiener, die sich nach attraktiven Frauen umdrehen sind am dichtesten am Thema der "Liebe in der Stadt" und auch am nächsten in diesem gewollten verfilmten Zeitungsstil. Dabei wurde am Ende des Films ein Nachfolgefilm im gleichen Stil angekündigt - tatsächlich gedreht wurde der aber nie.




Bewertung: 7 von 10 Punkten.

Samstag, 22. Oktober 2016

Die letzte Jagd

























Regie: Richard Brooks

Satan im Sattel...

Schade, dass es noch immer keine deutschsprachige DVD des Westernklassikers "Die letzte Jagd" (Alternativtitel: Satan im Sattel) von Richard Brooks gibt. Denn er gehört zweifelsohne zu den besten und wichtigsten Arbeiten des Genres in den 50er Jahren. Richard Brooks schrieb vor seiner Karriere als Regisseur viele Drehbücher, darunter für die von der Kritik und Publikum gelobten Filme wie "Gangster in Key Largo", "Rächer der Unterwelt", "Im Kreuzfeuer" oder "Zelle R 17". 1950 wagte er sich auch auf den Regiestuhl - er produzierte seine Filme und bestand auch darauf, das Drehbuch zu verfassen oder mitzuwirken. Daher darf man Richard Brooks als einen der klassischen Vertreter des Autorenfilms bezeichnen. Er realisierte Filme wie "Die Saat der Gewalt", "Mädchen ohne Mitgift", "Die Brüder Karamasow", "Die Katze auf dem heißen Blechdach", "Elmer Gantry", "Kaltblütig" oder "Auf der Suche nach Mr. Goodbar".
Neben "Die letzte Jagd" drehte er noch zwei weitere einflussreiche Western. "Die gefürchteten Vier" kam sogar zu einer für einen Western seltenen Oscar-Nominierung als bester Film. An der Kinokasse erfolgreich war auch sein 1975 gedrehter Western "700 Meilen westwärts". "Die letzte Jagd" endete mit einem Verlustgeschäft, obwohl der Film sowohl in den USA als auch in Europa ein Kinoerfolg wurde und über 3 Millionen Dollar weltweit einspielte. MGM hatte da ein viel besseres Geschäft erwartet. Kein Wunder, denn Richard Brooks erklärte den Mißerfolg wie folgt "Die meisten Länder weigern sich, Tiermassaker zu zeigen. Sie schneiden systematisch die zu gewalttätig erscheinenden Szenen. Mein Film baute auf diese Gewalttätigkeit auf, denn nur so konnte ich sie anprangern. Brooks wollte mit seinem ambitionierten Westen dem Publikum klarmachen, wie sinnlos es war, für ein paar Dollar Tiere abzuschlachten, die die einzige Nahrung für die Indianer waren. Ausserdem wurde die Mentalität der Amerikaner in Frage gestellt, denn gerne mal ihre Waffe nehmen und einfach im Wald ein Tier jagen, egal ob Hirsch oder Ente. Man kann sich dann vorstellen wie widerwillig der Zuschauer im Publikum dieses Szenario sieht, weil er sich in diesen Büffeljägern wiedererkennt.
Geschichtlich ist es erwiesen, dass aber in Amerika fünfzehn Millionen Büffel einfach abgeschossen wurden - Hauptgrund war das Hauptnahrungsmittel der Indianer auszurotten.
So sehr die Bilder von Kameramann Russell Harlan die Schönheit des Wilden Westens zeigen, so sehr entgegengesetzt und destruktiv ist diese letzte Jagd, die in Brooks Film beschrieben wird.
Sandy McKenzie (Stewart Granger) ist müde, er ist berühmt und berüchtigt als Büffeljäger, doch immer mehr plagt ihn sein Gewissen und er ist des Tötens überdrüssig geworden. Er hat auch schon längst mit dem Beruf abgeschlossen, aber so einfach ist das nicht. Denn es fehlen ihm die finanziellen Mittel sein Leben als Farmer weiterzuführen. Deshalb kann ihn auch der ehemalige Soldat Charlie Gilson (Robert Taylor) überreden, noch einmal eine großangelegte Büffeljagd mitzumachen. Als Tierhäuter werben die beiden Männer den alten Woodfoot (Lloyd Nolan) und das junge Halbblut Jimmy (Russ Tamblyn) an. Sehr schnell merken die anderen drei, dass Gilson die Türe aus reinem Jagdfieber, aus reiner Lust tötet. Er sagt auch einmal "Wenn man tötet, beweist man dass man lebt und dass man stark ist". Als einige Indianer die Pferde stehen wollen, jagt Gilson ihnen nach und tötet sie gnadenlose. Ein Indianermädchen (Debra Paget) und ein Baby überleben das Massaker. Gilson nimmt die beiden mit und sieht die junge Frau als sein Eigentum, über die er bestimmen kann. Dies führt zu weiteren Spannungen mit Sandy, der sich ebenfalls für die Indianerin interessiert. Da Gilson Indianer nicht leiden kann, ist auch die Beziehung zum jungen Jimmy gestört, ebenso nerven Gilson die sarkastischen Sprüche von Woodfoot. Eines Tages entdecken die Männer einen seltenen weißen Büffel. Gison tötet ihn, damit wird die Stimmung immer brenzliger...




Robert Taylor hat hier eine sehr starke Rolle als Psychopath, der langsam immer paranoider und wahnsinniger wird. Eine Warnung von Woodfoot nimmt er nicht ernst, als dieser ihm prophezeit, dass die Lust zum Töten zur Sucht wird und auch zum Untergang und Tod führt "Der Büffel bekommt dich eines Tages. Er bekommt alle, die so sind wie du, erst wirst du wahnsinnig und dann bekommt er dich".
Insgesamt ist der Film aber auch großartig besetzt. Alle Akteure spielen sehr glaubwürdig und die Figuren sind vor allem nie eindimensional. Großes Lob daher auch an Stewart Granger, Lloyd Nolan, Debra Paget und Russ Tamblyn.





Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Samstag, 15. Oktober 2016

Der Student von Prag

























Regie. Stellan Rye

Mein Spiegelbild - an Lucifer verkauft...

Stellan Ryes Spielfilm "Der Student von Prag" entstand 1913 und gilt als erster Autoren- und Kunstfilm der Kinos. Großen Einfluss auf den am 22. August 1913 uraufgeführten Film nahm sicherlich der Schauspieler und Hauptdarsteller Paul Wegener, der auch die Grundidee der Persönlichkeitsspaltung des Studenden Balduin hatte. Der besondere Reiz des beim Max-Reinhard- Ensemble au Deutschen Theater in Berlin engagierten Mimen lag darin, der er eine Rolle verkörpern konnte, die sich auf der Bühne nie realisieren ließ. Mit dieser Doppelrolle gelang es ihm sich mit sich selbst zu konfrontieren. Wegener war sicherlich einer der wenigen Schauspieler, die die interessanten Möglichkeiten des Films bereits sehr deutlich erkennen konnte. Das Motiv des Films stammt aus der romantischen Literatur und findet im Film vor einer düsteren Kulisse in Prag um 1820 eine extrem einflussreiche Umsetzung des Stoffs. "Der Student von Prag" beeinflusste die später entstandenen Horrormeisterwerke der Weimarer Republik wie "Das Kabinett des Dr. Calgari" (1920., Robert Wiene), "Der Golem, wie er in die Welt kam" (19210, Paul Wegener, Carl Boese), "Nosferatu" (1922, Friedrich Wilhelm Murnau) oder Dr. Mabuse (1922, Fritz Lang). Und schon ein Jahr später wird ein weiteres Sagenmotiv für einen deutschen Film adaptiert. "Der Golem", eine Gestalt, das aus einem Lehmkloß zum Leben erweckt wird und als destruktives und einsames Geschöpf von einem Turm gestürzt wird, erneut Paul Wegener für die Titelrolle verpflichtet.
Viele Ähnlichkeiten mit der düsteren alptraumhaften Welt in "Student von Prag" gibt es auch in einer kurzgeschichte von Edgar Allan Poe oder in Goethes "Faust". Großen Anteil am großen Publikumserfolg hatte natürlich auch der Drehbuchautor Hans Heinz Ewers.
Der Student Balduin (Paul Wegener) gilt als bester Fechter der Stadt Prag, aber sein ärmliches Leben langweilt ihn sehr. Er verzweifelt an seinem niedrigen sozialen Stand und nicht mal die Avancen des Zigeunermädchens Lyduschka (Lydia Salmonova) interessieren ihn. Dann lernt er den undurchsichtigen Abenteurer Scapinelli (John Gottowt) kennen, der aus einer Kutsche steigt und ihm einen schnellen Reichtum in Form von 100.000 Gulden verspricht. Dieses Geld wäre gerade jetzt willkommen, weil er die junge Gräfin Margit (Grete Berger) kennenlernte und ihr das Leben retten konnte. Doch mittellos ist da nichts zu machen, zumal die Gräfin auf Wunsch ihres Vaters Graf von Schwarzenberg (Lothar Körner) ihren Vetter Baron Waldis- Schwarzenberg (Fritz Weidemann), den sie nicht liebt, ehelichen soll. So geht Balduin einen Pakt mit dem Scharlatan ein, der ihm diese Geldsumme gibt und dafür nur einen Gegenstand aus der ärmlichen Studentenunterkunft mitnehmen will. Wenn das kein Deal ist. Doch schockiert sieht er zu, wie der gerissene Scapinelli Balduins Spiegelbild aus dem Spiegel holt und es mitnimmt. Er wird auch bald von seinem "anderen Ich“ verfolgt. Seine Absichten, das Herz der Gräfin zu gewinnen werden bald in den Hintergrund treten. Am Ende triumphiert der Satan...



Stellan Rye konnte in diesen Kindertagen des Kinos die Möglichkeiten des Films bereits sehr stark nutzen. Er drehte an originalschauplätzen und setzte einige klasse Tricks als dramaturgisches Mittel ein, um den Grusel zu verstärken. So ist die Szene, in der Scapinelli das Spiegelbild Balduins mit magischer Kraft aus dem Spiegel hervorlockt, auch heute noch beeindruckend. Besonders gut gelungen sind alle Szenen zwischen Balduin und dem Abenteurer Scapinelli. Ein bisschen schwächer sind die Szenen im Haus der Gräfin. hier vermisst man die suggestive Kraft, die der Film in einigen Szenen hat.  Am stärksten beeindruckte mich John Gottowt als teuflischer Verführer. Der in Lehmberg geborene Schauspieler wurde als Jude 1933 mit einem Berufsverbot belegt. 1942 wurde er in der Nähe von Krakau von einem deutschen SS-Offizier erschossen.
1987/1988 fand durch Wilfried Kugel im Auftrag des Filminstituts Düsseldorf die erste Rekonstruktion der deutschen Originalfassung von 1913 statt. Durch weitere entdeckte Kopien ging Kugel 2012/2013 erneut ans Werk und gemeinsam mit dem Filmmuseum München und dem ZDF und Arte wurde eine verbesserte Rekonstruktion erreicht. Die Premiere dieser Fassung des Films fand am 15. Februar 2013 auf der Berlinale statt. Endlich gibt es einen der ersten Klassiker des deutschen Films auch auf einer adäquaten DVD zu sehen.




Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Drei Rivalen


























Regie: Raoul Walsh

Große Männer und ebenso große Frauen...

Filmregisseur Raoul Walsh (1887 - 1980) war sicherlich einer der großen Spezialisten für Kriegsfilme, Gangsterfilme und vor allem für spannende Western. Gerade im letztgenannten Genre sind viele seiner Werke zu echten Klassikern geworden, so zum Beispiel "Der große Treck" (1930), "Schwarzes Kommando" (1940), "Sein letztes Kommando" (1941), "Verfolgt" (1947), "Vogelfrei" (1949), "Der Herr der Silberminen" (1949), "Den Hals in der Schlinge" (1951) "Mit der Waffe in der Hand" (1953), "Saskatchewan" (1954) oder "Gefährliches Blut" (1954). Der opulente Western "Drei Rivalen" wird von vielen Kritikern besonders geschätzt und wurde in Jahr 1955 ein riesiger Kinoerfolg. Mit 12 Millionen Dollar Einspielergebnis war er an den amerikanischen Kinokassen der fünfterfolgreichste Film des Jahres. Lediglich "Susi und Strolch", "Mister Roberts", der Dokumentarfilm "Galapagos" und "Das verflixte 7. Jahr" waren noch erfolgreicher.
Die Vorteile des Films sieht man sehr schnell: "Drei Rivalen" (im Original "The Tall Men) ist extrem opulent und bereits die ersten Bilder der tollen Panorama Landschaftsaufnahmen in Cinemascope lassen das Herz des Westernfans höher schlagen. Dabei gelangen dem Kameramann Leo Tover (14 Jahre Sing Sing, Die Erbin, Der Tag, an dem die Erde stillstand oder Die Reise zum Mittelpunkt der Erde) markante Aufnahmen im Schnee und auch während des Viehtriebs von Texas nach Montana - natürlich darf die Stampede nicht fehlen. Man denkt natürlich unwillkürlich beim Stichwort "Viehtrieb" sofort an Howard Hawks überwältigenden Klassiker "Red River" - im Vergleich mit diesem legendären Western fällt natürlich für "Drei Rivalen" das Qualitätsurteil niedriger aus. Aber er hat dennoch ein ganze Menge an Unterhaltung und gutem Westernflair zu bieten.
Dabei überzeugen mich vor allem Clark Gable als aufrechter Mann und Robert Ryan als sein Kompagnon, Chef und Kontrahent. Dabei nimmt in "Drei Rivalen" auch die Liebe einen großen Platz ein, denn alle buhlen um die couragierte Nella Turner, gespielt von Jane Russell, die ich zwar mit ihrer vorlauten und frechen Art  in "Blondinen bevorzugt" klasse fand, hier habe ich in manchen Szenen den Eindruck, dass sie gerade wegen ihrer Spielweise fehlbesetzt wirkt. Vermutlich vielleicht auch deshalb, weil die Dreierkonstellation Gable-Ryan-Russell schon lange vor dem Happyend entschieden ist. Denn Nella lässt keine Sekunde den Zweifel aufkommen, dass sie am Ende mit Clark Gable gemeinsam in das Abenteuer "Ehe" schlittert.
Die beiden Brüder Ben (Clark Gable) und Clint Allison (Cameron Mitchell) sind seit dem Ende des Bürgerkriegs ohne Plan. Beide wollen zu den Goldfeldern, denn die Brüder sind knapp bei Kasse. Auf ihrem Zwischenstopp in einer Stadt kommen sie auf die Idee den reichen Geschäftsmann Nathan Stark (Robert Ryan) auszurauben. Dies gelingt, aber Stark kann die beiden Brüder überzeugen, dass sie als seine Partner bei einem Viehtrieb von Texas nach Montana viel mehr Geld machen können, als mit der Diebesbeute. Ben und Clint willigen ein, geben Stark das Geld zurück und treffen auf ihrem Weg zurück auf ein paar hungrige Siedler, die vor dem Schneestrum Schutz in einer verlassenen Hütte gefunden haben. Zu ihnen gehört auch die couragierte und vorlaute Nella (Jane Russell), die gleich ein Auge auf Ben geworfen hat und später von ihm sogar von Indianern auf dem Kriegspfad gerettet wird. In ihrem Unterschlupf kommen sich die beiden natürlich näher, Liebe ist da und Liebe geht, als die beiden merken, dass sie grundverschwiedenen Auffassungen von einem Leben zu Zweit haben Ben will nur ne Farm und eine Frau, aber Nella sieht sich an der Seite eines reichen und mächtigen Mannes, der es zu etwas bringt. Daher springt sie später auf Stark an, der vorhat Herr von Montana zu werden. 1.500 Meilen liegen vor dem Viehtreck und Stark nimmt natürlich Nella mit auf die gefährliche Reise. Sie müssen mit geldgierigen Jayhawkers, mit Indianern fertig werden - die größe Herausforderung ist aber immer wieder Nella....



Und das ist nicht nur das Liedchen auf deutsch gesungen, dass sie immer wieder während der Handlung zum Besten gibt. Irgendwie finde ich, dass dieser Liebesgeschichte zu viel Raum gegeben wird und Jane Russell darf zu sehr die Männer an der Nase herumführen. Ansonsten gibt es an "Drei Rivalen" nicht viel auszusetzen. Die Optik ist ein eindeutiges Plus dieses Westerns, der vor allem in der zweiten Hälfte mit dem Indianerüberall noch richtig gute Spannung vermitteln kann.




Bewertung: 7 von 10 Punkten.