Samstag, 21. Oktober 2017

...und dennoch leben sie

























Regie: Vittorio de Sica

Mutter und Tochter...

Das Monument Mamma Ciociara wurde vom Bildhauer Fedele Andreani geamcht, es soll an die vielen Opfer der Massenvergewaltigungen sowie weiterer Kriegs- und Nachkriegsverbrechen druch die Marokkaner erinnern. Eingeweiht wurde das Monument am 3. Juni 1964 auf dem Felsen der Altstadt von Castro dei Volsci. In den Wochen nach der Schlacht um Monte Cassino schändeten die nordafrikanischen Soldaten ca. 60.000 Mädchen und Frauen. Die Beschützer der Frauen wurden mißhandelt oder ermordet.
In Italien gingen diese Verbrechen als die "marokkanischen Untaten" in die Nachkriegsgeschichte ein. Der berühmte Regisseur Vittorio de Sica widmete sich diesem Thema in seinem 1960 entstandenen Film "...und dennoch leben sie", der im Original "La Ciociara" heißt und dem damaligen Superstar Sophia Loren erstmals die Gelegenheit bot ihr dramatisches Talent als Schauspielerin zu zeigen. Die schöne Schauspielerin war damals bereits ein Big Star in Hollywood und lockte mit witzigen Komödien wie "Hausboot" oder "Es begann in Neapel" Millionen Zuschauer in die Kinos.
Ursprünglich sollte Anna Magnani die Mutter von Sophia Loren spielen, doch das wollte die Magnani nicht. So wurde Sophia Loren als noch sehr junge Mutter besetzt, die mit ihrer 13jährigen Tochter Rosetta in den Kriegswirren des Jahres 1943 auf der Flucht ist.
Die Rolle spielte sie so gut, dass sie sogar für den Oscar nomniert wurde und im Jahr 1962 tatsächlich die begehrte Trophäe gewann, trotz der großen Konkurrenz von Audrey Hepburns "Frühstück bei Tiffany" oder Piper Laurie in "Haie der Großstadt".
Trotz der vielen Preise, die der Film gewinnen konnte, kommt "...und dennoch leben sie" an die stärksten Filmen de Sicas wie "Schuhputzer", "Umberto D" und vor allem "Fahrraddiebe" nicht heran. Dennoch gelangen ihm einige unvergessliche Szenen.
Die römische Ladenbesitzerin Cesira (Sophia Loren) ist Witwe und muss ihre fromm erzogene Tochter Rosetta (Eleonora Brown) alleine großziehen. Immer stärker wird die Bombardierung der Allierten auf die Stadt. So beschließt Cesira gemeinsam mit der Tochter aus Rom zu fliehen. Der benachbarte Kohlehändler Giovanni (Raf Vallone), der viel für sie empfindet, wird sich in ihrer Abwesenheit um den Laden kümmern. Sie versucht bei Verwandten in ihrer Heimat Ciociaria unterzukommen. Zuerst mit dem Zug - sie treffen auf siegessichere junge deutsche Soldaten - dann auf den Straßen. Immer wieder droht Gefahr aus der Luft. Als sie schließlich in der ländlichen, gebirgigen Heimat ankommen, ist auch dort alles andere als sicher. Die Zivilbevölkerung inmitten der Kämpfe zwischen den Deutschen und den Alliierten. Mit dem etwas kommunistisch angehauchten Student Michele (Jean-Paul Belmondo) freunden sich Mutter und Tochter an. Doch der wird von deutschen Soldaten gewzungen ihnen den Weg über die Berge zu zeigen. Da alles bald genauso unsicher ist wie in Rom, entschließt sich Cesira zur Rückkehr nach Hause. Auf dem Heimweg übernachten sie in einer Kirche und treffen dabei auf eine Gruppe marokkanischer Soldaten...



De Sicas Film basiert auf dem 1957 erschienen Roman "La Ciociara" des italienischen Schriftstellers Alberto Moravia. Man merkt noch den neorealistischen Einfluss, aber weil sich de Sica vielleicht ausschließlich auf Sophia Loren konzentriert, verblassen viele andere Figuren in der Geschichte. So bleibt auch der junge Jean Paul Belmondo in seiner Rolle zu schablonenhaft. Sehr gut gelingt aber die Wandlung der Hauptfigur Cesira, die als temperamtvolle lebenslustige und extrovertierte Frau mit ihrem Kind ihre Odyssee durch ein chaotisches Land beginnt, am Ende ist das Kind zur Frau geworden und beide müssen trotz des Verbrechens, dass an ihnen begangen wurde, einen Weg für die Zukunft finden.



Bewertung: 7 von 10 Punkten.

Freitag, 13. Oktober 2017

Der Würgeengel

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regie: Luis Bunuel
 
Gefangen im Zimmer...
 
Luis Bunuels "Der Würgeengel" enstand in Mexiko und der Regisseur hat es in einem späteren Interview bedauert, dass er seine kleine aber feine Politsatire nicht in Rom oder Paris gedreht hat. Aber es fanden sich keine internationalen Geldgeber und so musste er mit eher geringerem Budget auskommen, obwohl ihm nur Monate zuvor mit "Virianda" nicht nur ein handfester Skandal im katholischen Spanien sondern auch ein großer internationaler Filmerfolg gelang. Thematisch verwandt mit "Der Würgeengel" erscheint auch sein großer 70er Jahre Erfolg "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" zu sein, denn in beiden Fällen versucht eine Gruppe von Leuten ein Ziel zu erreichen, dass aber  - so einfach es erscheinen mag - nicht gelingen mag. In "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" ist es eine Gruppe von 6 Angehörigen des gehobenen Bürgertums, die gemeinsam ein stilvolles Essen im kleinen Preis planen, aber jedesmal kommt etwas dazwischen - das Treffen scheint nie stattzufinden. In "El angel exterminador" - so der Originaltitel vom Würgeengel - versucht der illustre Kreis nach einer Party die Villa des Gastgebers zu verlassen, doch eine unsichtbare Macht scheint die Gäste daran zu hindern das Haus zu verlassen.
Schauplatz ist die Villa des angesehenen Bürgers Nobile (Enrique Rambal) der nach einem Opernball noch zu einem Soiree einlädt. Seine Ehefrau (Lucy Gallardo) hat sich zu diesem Anlass noch einige Überraschungen ausgedacht, sie hat einen Bären und ein paar Schafe in einem der Zimmer versteckt, die Tiere sollen irgendwann im nächtlichen Programm noch zum Einsatz kommen. Doch an diesem Abend geschieht vor dem Eintreffen der illustren Gäste noch ein paar seltsame Dinge. Das Personal des Hauses verläßt ohne einleuchtenden Grund hastig die Arbeitsstätte, egal ob arbeitsrechnliche Konsequenzen anstehen. Dann treffen auch schon die Gäste ein und irgendwann wollen die ersten Gäste sich verabschieden. Doch ein seltsamer Zwang verhindert den Aufbruch. Keiner der Gäste verlässt das Wohnzimmer und irgendwann legen sich die ersten auch schlafen. Ein paar auf der Couch, andere auf dem Boden. Am anderen Morgen sind alle überrascht, die Gastgeber registrieren die Übernachtungen als unanständig, aber sie spielen weiter gute Gastgeber und versorgen ihre Gäste mit einem Frühstück. Aber der Bann den Raum zu verlassen hält an...tagelang. Auch die Polizei draußen kann das Haus nicht betreten. Eine seltsame Macht verhindert dies. Bald wird Essen und Trinken rar und die Gäste verändern sich. Sie lassen ihre guten Manieren fallen und werden teilweise kindisch, teilweise aggressiv. Der besonnene Arzt Dr. Carlos Conde (Augusto Benedico) versucht sein Bestes, dass die Situation nicht gänzlich eskaliert. Ein alter Mann stirbt an Herzversagen und irgendwann nimmt sich auch ein junges Ehepaar aufgrund der auswegslosen Situation das Leben. Gast Leticia (Silvia Pinal) kommt irgendwann durch einen Zufall auf die Idee, die gleiche Situation zu rekonstruieren, in der dre Zwang für alle zum ersten Mal spürbar war. Tatsächlich hat die Rekonstruktion Erfolg...


Doch das ist noch nicht das Ende der originellen Geschichte, denn der Bann ist noch nicht gebrochen. Sicher ist, dass Bunuel einmal mehr das Bürgertum attackieren wollte, auch die Kirche taucht in der Geschichte auf. Im Laufe der Not stellt sich bei der illustren Schar eine Art Verfaulungsprozess ein, irgendwann braucht die Gruppe einen Schuldigen, den sie zur Rechenschaft ziehen will.
Durch die sehr kompetente Kameraarbeit von Gabrile Figueroas, die nur mit wenigen Schnitten auskommt, entsteht manchmal der Eindruck, dass man mittendrin im Raum ist. Natürlich fehlen die surrealistischen Elemente, für die Bunuel berühmt wurde, auch nicht in diesem Film.



Bewertung: 8 von 10 Punkten.