Samstag, 30. März 2013

Schrei wenn du kannst


























Regie: Claude Chabrol

Die Cousins...

Claude Chabrol war mit Sicherheit einer der wichtigsten Regisseure der französischen Neuen Welle (Nouvelle Vague), eine Stilrichtung des französischen Kinos, die sich Ende der 50er Jahre langsam als Gegenpol zum kommerziellen Kino entwickelte.  Ausserdem ist Chabrol vor allem für seine sozialkritischen Filme über das französische Bürgertum bekannt, diese Themen würzte der von Alfred Hitchcock beeinflusste Filmemacher mit abgründigen und doppelbödigen Thrillermotiven. 1959 stand er aber noch ganz am Anfang seiner langem Karriere und hatte soeben seinen hochgelobten Erstling "Le beau Serge" (Die Enttäuschten) realisiert. Mit den gleichen Hauptdarstellern und ähnlicher Geschichte folgte sehr schnell "Les Cousins" (Schrei wenn du kannst) - ein präzise gestaltetes, sehr kühles Werk über zwei unterschiedliche Cousins.
Sehr schüchtern ist der introvertierte junge Charles (Gerard Blain) aus der Provinz, der als Student nach Paris kommt. Er kommt bei seinem Vetter Paul (Jean Claude Brialy) unter, der etwas gleichaltrig ist und ebenfalls Jura studiert. Paul ist selbstbewusst, extrovertiert, ja sogar großspurig - aber er kennt jede Menge lebenslustiger Altersgenossen. Für Charles ist dieses Ausleben vom Dolce Vita und die Dekadenz von Pauls Freunden eher sehr irritierend, aber auch er lässt sich langsam immer mehr vom Vergnügen und Nichtstun treiben. In Pauls Wohnung werden Partys gefeiert, es ist dort immer was los - auch hält sich dort der etwas ältere Schmarotzer Clovis (Claude Cerval) immer mal wieder auf. Charles lernt bei diesem Müßiggang die attraktive Florence (Juliette Mayniel) kennen und verliebt sich in das Mädchen. Die landet aber eines Tages in Pauls Bett und Charles akzeptiert auch, dass sie Pauls Geliebte in der gemeinsamen Wohnung wird. Er stürzt sich voller Eifer und lernt wie ein Besessener. Paul jedoch geht in die Prüfung trotz seiner eklatanten mangelhaften Kenntnisse....




Auch "Schrei wenn du kannst" wurde zu seiner Zeit ein großer Kinoerfolg- der Erfolg dieser ersten Werke der Nouvelle Vague ebnete nicht nur Chabrol, sondern auch anderen Regiedebütanten den Weg. Damals beschrieb der Film sehr realistisch das Leben wohlhabender Studenten in Paris, heute wirkt der Film natürlich auch sehr nostalgisch. Er zeigt aber viel vom Lebensgefühl der damaligen Generation und ist nicht zuletzt ein bitterer Vergleich zwischen einem ruhigen Provinzler mit einem lebensgewandten Blender, der mit seiner zynischen eleganten Art in allen Belangen viel leichter und besser durchs Leben kommt - der Erfolg bei den Mädchen und im beruflichen Werdegang fällt dem leichtsinnigen Typen einfach zu. Sein Vetter müht sich redlich ab, er schuftet für den Erfolg - doch er bleibt ein Verlierer.
Der Film lebt auch vom Spiel der beiden Hauptdarstellern Brialy und Blain, die ihre Rollen perfekt auf den Punkt bringen. Ich kannte mich bisher mit dem Frühwerk von Chabrol nicht besonders gut aus, doch es lohnt sich wirklich, die Beschäftigung mit dieser Neuen französischen Welle, die durch ihre Machart merklich auf die Entwicklung des progressiver geprägten 60er Jahre Kinos Einfluss nahm.




Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.

Freitag, 29. März 2013

Wie Raubkatzen



Regie: Rene Clement

Doppelter Boden...

Der junge Franzose Marc (Alain Delon) sieht blendend aus und führt das Leben eines Playboys. Aber seine Zukunft sieht nicht allzu rosig aus, denn er hatte eine heiße Affäre mit der Frau eines brutalen New Yorker Mafiabosses. Der will ihn jetzt tot sehen und hetzt seine Männer auf den Flüchtigen. Marc hat sich wieder nach Frankreich abgesetzt. In einem Hotel an der Cote d´Azur wird Marc von den Gangstern aber aufgespürt und gefangengenommen.  Aber wieder gelingt ihm die Flucht, während eines Autounfalls. Er kann vorübergehend im nahegelegenen Nizza unterkommen. Dort versteckt er sich vorübergehend in einer Mission für die Armen. Sehr regelmässig taucht dort die reiche amerikanische Witwe Barbara (Lola Albright) und deren Cousine Melinda (Jane Fonda) dort auf, beide Frauen sind äusserst attraktiv und scheinen die Nächstenliebe ganz groß zu schreiben. Sie bringen für die Armen regelmässig Nahrung vorbei und scheinen selbstlose Samariterinnen zu sein. Mehr noch - sie biete dem attraktiven Marc eine Anstellung als Chauffeur an. Marc nimmt das Angebot dankend an und ist völlig überrascht vom Wohlstand seiner Gönnerinnen, denn die wohnen in einer riesigen Villa, die wie ein Schloß wirkt. Die dortige Atmosphäre wird allerdings von Tag zu Tag unheimlicher und mysteriöser. Was führen die zwei Frauen wirklich im Schild ? Sex und Crime liegt in der Luft....

Altmeister Rene Clement drehte Klassiker wie "Die Mauern von Malapaga", "Verbotene Spiele" (beide oscarprämiert) oder "Gervaise". Sein bester Film ist m.E. der 1960 entstandene Thriller "Nur die Sonne war Zeuge" - ebenfalls mit Alain Delon, der auch hier in "Wie Raubkatzen" eine gute Darstellerleistung bringt. "Wie Raubkatzen" ist ein gut gemachter Psychothriller mit mysteriösen Elementen und Protagonisten, die nicht so leicht durchschaubar sind. Diese Machart kennzeichnet auch eine spätere Arbeit von Clement aus dem Jahr 1969: "Der aus dem Regen kam" von Charles Bronson. Auch dort sind die Handlungen der Figuren schwer zu durchschauen, man weiß nur, dass sie irgendwann emotianaler verstrickter sind, als sie es gerne wären. Irgendwie bringt die Anziehungskraft die Motive durcheinander.
So bleibt "Wie Raubkatzen" durchgehend interessant, am Ende gibts nen fiesen kleinen Plot zu verzeichnen.
 
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.

Schießen sie auf den Pianisten



Regie: Francois Truffaut

Charlie, der Mann am Klavier...

Chico Saroyan (Albert Remy) hat drei Brüder und ist ein kleiner Ganove, der sich immer mal wieder mit anderen Gaunern Ärger einhandelt. Jetzt hat zwei seiner Kumpane betrogen, da er deren Anteil kurzerhand mitgehen liess. Die beiden Gangster jagen hinter ihm her, Chico sucht wie schon so oft Schutz bei seinem Bruder Charlie Kohler (Charles Aznavour), der vom Können her völlig unterfordert, in einer Pariser Nachtbar Piano spielt. Eigentlich will Charlie mit den gefährlichen Dummheiten seines Bruders überhaupt nichts zu tun haben, aber Bruder ist nun mal Bruder und so deckt er den Verfolgten. Von seinem Boss, dem Barbesitzer Plyne (Serge Davri) erfährt er dann noch am selben Abend, dass die Kellnerin Lena (Marie Dubois) ein Auge auf ihn geworfen hat. Mit ihr tritt er dann am Feierabend den Heimweg durchs nächtliche Paris an, doch die Gangster lassen nicht locker und verfolgen Charlie und Lena.
Den beiden gelingt es zwar die Gangster abzuschütteln, doch auch Charlies Annährerungsversuche misslingen. Er geht nach Hause, dort wartet sein kleiner Bruder Fido (Richard Kanayan) und auch die Hure Clarisse (Michele Mercier) auf ihn.  Am anderen Morgen geht es aber weiter. Die Gangster haben es jetzt nicht nur auf Chico, sondern auch auf Charlie und den kleinen Fido abgesehen...

Mit sehr ruhiger Hand erzählt Francois Truffaut seine Gangsterballade "Schießen sie auf den Pianisten", der auch durch seine Dialoge sehr locker und cool wirkt. Mich hat sogar die Unterhaltung, die die Gangster im Auto mit Charlie und Lena führen, irgendwie an manche Dialoge aus "Pulp Fiction" erinnert, die Konversation zwischen den Gangstern oder auch von Jägern und Gejagten läuft dort auch ähnlich unkonventionell ab. Hat Tarantino, der ja gerne bei Filmklassikern genial klaut auch etwa Truffauts Film als Inspirationsquelle ?
Der späte Film Noir entstand 1960 und hat vor allem einiges an tragikomischen Elementen zu bieten, das Ende ist allerdings sehr bitter gehalten.
"Schießen sie auf den Pianisten"  wird auch geprägt durch die Kameraarbeit von Raoul Coutard (Z, Außer Atem, Weekend, Braut trug schwarz) und zeigt trotz der Leichtigkeit auch ein düsteres nächliches Paris.
  
Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Sie küßten und sie schlugen ihn



Regie: Francois Truffaut

Antoine Doinel, 12 Jahre alt...

Die bekannteste Filmfigur, die Francois Truffaut geschaffen hat, ist sicherlich sein Antoine Doinel, den er zwischen 1958 und 1978 immer wieder seinem Publikum zeigte. In "Sie küssten und sie schlugen ihn" ist Antoine (Jean Pierre Leaud) noch ein etwa 13jähriger Teenager, der noch die Schule besucht.
1962 erhielt der Zuschauer Einblick in Antoines junge Liebesjahre im Episodenfilm "Liebe mit Zwanzig", es folgten "Geraubte Küsse" (1968), "Tisch und Bett" (1970) und "Liebe auf der Flucht" (1978). Die Figur, jeweils vom gleichen Schauspieler dargestellt, hat starke autobiographische Züge.
Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud) wächst  in Paris in den frühen 50er Jahren auf. Er wird zu Hause missverstanden und von seiner Mutter (Claire Maurier) und dem Stiefvater (Albert Remy) wenig geliebt. Auch in der Schule ist er mit dem wenig empathischen Lehrer (Guy Decomble) konfrontiert, Antoine fällt immer wieder durch flegelhafte Streiche auf . Als Ausweg bleibt nur die kurzzeitige Flucht...sowohl von zu Hause als auch von der Schule.  Als Entschuldigung für das unerlaubte Fernbleiben von der Schule gibt er an, dass seine Mutter gestorben wäre. Der Schwindel fliegt natürlich auf und zieht Ärger mit sich. Danach gibts wieder Spannungen, weil der Lehrer Antoines Aufsatz als Plagiat bezeichnet. Als der Junge auch noch die Schreibmaschine des Stiefvaters klaut, wird er von der Polizei festgenommen und verbringt die Nacht im Knast unter Kriminellen. Als letzten Ausweg sehen die Eltern darin, ihn in ein Heim abzuschieben. Dort flüchtet der Junge während eines Fußballspiels und rennt an die Küste des Meeres. Für einen Augenblick erlebt er Freiheit und Freude...


 "Sie küßten und sie schlugen ihn" heisst im Original "Les Quatre Cents Coups" (400 Streiche) und war Truffauts erster Langfilm und sicherlich auch einer seiner schönsten Filme.
 Das Thema des Films ist vor allem auch der Umgang von Erwachsenen mit problembehafteten Kindern. Seit dieser Zeit interessierte sich Truffaut für sinnvolle Pädagogik mit schwierigen Kindern.  Er setzte sich auch öffentlich für die Rechte der Kinder ein. Immer wieder waren Kinder die Hauptfiguren seiner Filme wie bsp. in "Der Wolfsjunge" oder "Taschengeld".
Der Film gehört mit Sicherheit zu den ganz großen Meisterwerken des französischen Kinos.


 Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Samstag, 16. März 2013

Madame de...



Regie: Max Ophüls

Die Ohrringe von Madame...

Madame de …"ist eine französisch-Italienische Coproduktion aus dem Jahr 1953, Regie führte der deutsch-französische Filmregisseur Max Ophüls. Der Film ist eine Adaption der gleichnamigen Novelle von Louise de Vilmorin. Dabei ist die Kameratechnik äusserst dynamisch geprägt, es wirkt als wäre die Kamera immer genauso in Bewegung wie die Filmfiguren.
Das Werk ist sowohl Kostümfilm, Liebesdrama als auch Gesellschaftsportrait einer vergangenen Epoche, die Zeit vor einem ganzen Jahrhundert wird wieder lebendig. Die Geschichte spielt in Wien und Hauptfiguren sind die Diamantohrringe von Madame Louise (Danielle Darrieux), die sie heimlich an ihren Juwelier verkauft, da sie dringend Geld braucht. Der Mann der verwöhnten Frau ist ein angesehener General names Andre (Charles Boyer), der davon nichts wissen darf, weil es sich bei dem Schmuckstück ja um sein damaliges Hochzeitsgeschenk an seine Frau handelt.
Die beiden schlafen in getrennten Betten und Andre hat Affären. Louise versucht das Verschwinden der Ohrringe so zu verkaufen, als hätte sie diese in der Oper verloren. Da möglichst viele Bekannte aus der guten Gesellschaft von diesem Verlust erfahren, kommt auch gleich das Gerede dazu, dass die Klunker möglicherweise auch gestohlen wurden. Um nicht in die Affäre hineingezogen zu werden, gesteht der Juwelier dem General den Verkauf des Schmucks durch Louise.  
Dieser kauft die Ohrringe zurück und verschenkt sie seiner Geliebten, die nach Konstantinopel reist. Dort wandert der Schmuck in den Besitz von Baron Fabrizio Donati (Vittorio de Sica), einem Diplomaten. Dieser bemerkt die attraktive Louise am Bahnhof, die Begegnung bleibt nicht bei diesem einen interessierten Blick, der Ewigkeiten dauert. Das Schicksal will es, dass Louise und Fabrizio eine Affäre beginnen, damit geht der Besitz der Ohrringe als Geschenk an Louise zurück...


"Madame de" ist eine sehr elegante Dreiecksgeschichte, die aus heutiger Sicht herrlich altmodisch wirkt. Dazu kommt eine extrem gute Bebilderung des absurden Theaters, das ganz oberflächlich fast wie eine Verwechslungskomödie anmutet, jedoch in der Tiefe spielt sich eine elementare Ernsthaftigkeit ab, die den Zuschauer durchaus für das morbide Aristokratenmilieu faszinieren lässt.
Der Film, der den Untergang einer Epoche in eine neue Zeit zeigt, schildert auch den tragischen Untergang einer großen Liebe.
Schauspielerisch überzeugen die drei Darsteller vor allem durch ihr nuancenreiches Spiel.
Ein leider beinahe schon vergessener Filmklassiker, der den Filmklassiker-Fan sicherlich begeistern dürfte.

Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Die süße Haut



Regie: Francois Truffaut

Verhängnisvolle Pariser Affäre...

Pierre Lachenay (Jean Desailly) ist ein bekannter Schriftsteller und auch Herausgeber einer Literaturzeitschrift. Er verabschiedet sich von seiner attraktiven Frau Franca (Nelly Benedetti) und seiner kleinen Tochter Sabine (Sabine Haudepin), um nach Lissabon zu fliegen. Dort soll er einen Vortrag mit dem Titel "Balzac und das Geld" halten.
Er wird bereits am Flughafen von der Presse erwartet, die Fotos von ihm machen. Unter anderem auch eines mit der Stewardess Nicole (Francoise Dorleac). Der Zufall oder auch das Schicksal will es, dass er die junge Frau im Hotel wieder trifft. Dort flirtet er mit ihr im Aufzug des Hotels, es kommt tatsächlich zum ersten Rendezvous mit sehr weitreichenden Folgen, denn es bleibt nicht bei einer schönen Nacht im Hotel.
Nicole notiert ihre Telefonnummer auf einem Päckchen Streichhölzer. Da Pierre Feuer gefangen hat und die Ehe mit Franca viel zu sehr an Gewohnheit angenommen hat, trifft er sich wieder mit seiner heimlichen Flamme. Er organisiert nur um einige schöne Stunden mit Nicole zu sein,  eine Reise nach Reims, wo er offiziell einen Film über André Gide vorstellen soll. Da alles heimlich stattfindet, wird das Glück von der Organisation der Filmvorführung gestört. Es bedeutet einen immensen Kraftakt ein paar Stunden Zärtlichkeit zu geniessen. Es macht aber auch sehr deutlich, wie sehr diese Leidenschaft vom Alltag abgekoppelt ist...

Irgendwann wirkt die Liebesgeschichte in "Die süße Haut" fast wie ein Krimi, so dicht ist das Ganze inszeniert und tatsächlich passt der Schluß auch zu diesem Genre.
Francois Truffaut schafft es sehr schnell seine Figuren markant zu inszenieren. Da wäre der überlegte und intellektuelle Verstandesmensch Pierre, der von der gefühlsbetonten Nicole ganz fasziniert sein wird. Allerdings ist es - und dies zeigt der Film eindrucksvoll - gar nicht so einfach, das alte vertraute Leben einzutauschen, sogar zu zerstören gegen die vage Vorstellung das ultimative Glück zu finden. Allerdings bleibt dies in Truffauts großartigem Film eine Illusion, die im schönsten Augenblick auch schon den Untergang aufzeigt.
Die Musik von Georges Delerue unterstützt diese Geschichte wirkungsvoll, auch die Kameraarbeit von Raoul Coutard ist vom Feinsten.
Truffaut inzeniert wie immer sehr locker, aber in "Die süße Haut" hat auch die Wehmut eine entscheidende Rolle.


Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Der Diener



Regie: Joseph Losey

Master and Servant...

Joseph Losey galt als Sympathisannt der Kommunistischen Partei. Ein Fall für das Komitee für unamerikanische Umtriebe. Die Folge war Berufsverbot in den USA. so ging Losey ins Exil nach England.
In Europa entstanden dann auch seine großen Film-Meisterwerke wie "Der Mittler", "Accident", "Monsieur Klein" und "Der Diener".
Die Hanschrift von Losey ist auch eher europäisch geprägt und seine Filme lassen sich nicht gleich in eine Schublade stecken. Und diesen Vorzug hat auch das 1963 entstandene Kammerspiel "Der Diener" - einerseits eine tragikomische Gesellschaftssatire, andererseits auch durch seine Geheimnisse ein subtiler Psychoterror-Film.
Dieser Diener heisst Hugo Barrett (Dirk Bogarde) und wird von dem wohlhabenden jungen Londoner Gentleman Tony (James Fox), der sich gerade in London ein schickes großes Haus gekauft hat, als dieser für alles zuständige Diener, der ihm alle Unannehmlichkeiten des Alltags vom Leibe halten und Mädchen für alles sein soll, eingestellt.
Tatsächlich agiert Hugo äusserst professionell und fachmännisch, allerdings ist seine etwas aufdringliche und resolute Art bald für Tonys Verlobte Susan (Wendy Craig) ein Dorn im Auge. Sie misstraut dem Hausdiener immer mehr. Andererseits ist Tony aber von Hugos Hausmanagment äusserst begeistert. So ist es auch bald Tatsache, dass dieser Hugo Barrett auch eine gewisse Vera (Sarah Miles) ins Haus einschleust, weil die Arbeiten ja immer intensiver und aufwendiger werden.
Er gibt die junge Frau als seine Schwester aus, aber ist sie das auch wirklich ? Warum macht sich der Diener im Haus immer unentbehrlicher und welche Macht übt er auf den Hausherren aus ?



"Der Diener" entwickelt sich so immer mehr zum Herrn, der Herr sogar immer mehr zum Diener in seinen eigenen vier Wänden. Dabei spielen Spiegel eine große Rolle in der Handlung, was auch darauf schließen lässt, dass der eine zum Spiegelbild des anderen wird und entlarvt die Brüchigkeit der Persölichkeiten oder auch nicht. Losey behält am Ende ein Rest Geheimnis bei sich.
So ist "Der Diener" im positiven Sinne auch am Ende nicht ganz zu entschlüsseln, man erkennt nur die Weiterführung eines bizarren oder auch chaotischen Planes, weiß aber nicht, welche Motivation und welche Ambition diesen vorantreibt.
Hervorraged einmal mehr die grandiose Kameraarbeit von Douglas Slocombe, der dafür sorgt, dass die spröde Bebilderung haften bleibt.
Der Film ist sehr dialoglastig und bietet reichlich Subtexte an, sowohl in der Art der persönlichen Beziehung und Abhängigkeit beider Männer zueinander, als auch als Abgesang auf die Klassengesellschaft.
Ein guter Film, der leider zu Unrecht arg in Vergessenheit geraten ist.


Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Der Schatz der Sierra Madre



Regie: John Huston

Gier...

Mexiko 1925: Hier in Tampico hängen viele obdachlose Amerikaner herum, das Szenario im "Schatz der Sierra Madre" erinnert mich immer wieder auch an "Lohn der Angst" von Henri Georges Clouzot, der am Anfang seines Filmes ein ähnliches Stimmungsbild gestrandeter Existenzen in einem fremden Land aufzeichnet.
Der Amerikaner Fred C. Dobbs (Humphrey Bogart) überlebt hier durch Betteleien, er hofft auf Arbeit, was gar nicht so unwahrscheinlich sein dürfte, denn der größte Olhafen der Welt verheißt Beschäftigung, da ein Bohrturm gebaut wird.
Auf einer Parkbank lernt er den ebenfalls mittellosen Bettler und Landsmann Bob Curtin (Tim Holt) kennen.
Gemeinsam lässt sich das Elend besser aushalten, vor allem keimt aber Hoffnung auf, da der Bauunternehmer Pat MacCormick (Barton MacLane) Taglöhner anheuert.
Doch dieser spielt ein falsches Spiel und die beiden Männer müssen ihren Lohn mit den Fäusten erkämpfen. Im Obdachlosenheim lernen sie den alten Goldgräber Howard (Walter Huston) kennen.
Dieser schwärmt unentwegt von einer mexikanischen Goldader, warnt aber gleichzeitig durch viel Erfahrung über die zerstörerischen Folgen der Goldgier. Mit dem Lohn und der Auszahlung eines Losgewinns bringen sich die beiden Männer bei dem sonderbaren Alten ins Spiel. Gemeinsam gehts nun zu Dritt zum Goldsuchen. Mit Packeseln, Werkzeugen und massig Proviant, aber auch mit Waffen, mache sie sich auf in das Gebiet, in dem die Goldader liegen soll. Doch diese einsame Gegend, wo lediglich Indios wohnen, wid auch von herziehenden Banditen beherrscht. Am Anfang ist noch alles harmonisch, auf diesem Gebirgszug der Sierra Madre, doch als die Männer tatsächlich Gold finden, bewahrheitet sich die Warnung von Howard...


John Huston drehte "Der Schatz der Sierra Madre",  diesen grandiosen Klassiker im Jahr 1948. Der Film wurde mit 3 Oscars belohnt, die allesamt in der Familie blieben: John Huston gewann zwei Trophäen als bester Regiesseur und auch als bester Drehbuchautor, sein Vater Walter wurde als bester Nebendarsteller völlig zu Recht geehrt.
Der Film behandelt Themen wie Kameradschaft, Zusammenhalt, aber auch Gier und vor allem das große Scheitern.
Die Szene, in dem der mühevoll gesammelte Goldstaub vom starken Nordwind wieder in alle Richtungen verstreut wird, weil die Banditen den Inhalt dieser vielen Säcke für Sand halten, ist bis heute unvergessen und eine der großen Szenen der Filmgeschichte.
Ein nie alternder Klassiker.


Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Die Halbstarken



Regie: Georg Tressler

Teenager auf schiefer Bahn...

Georg Dresslers bester Film ist wohl "Das Totenschiff" mit Mario Adorf, Elke Sommer und Horst Buchholz. Mit letzterem arbeitete er auch schon in "Endstation Liebe" und in seinem Filmdebüt "Die Halbstarken" aus dem Jahr 1956. Ein Film der zu seiner Zeit sehr populär war, eine Art deutsche Antwort auf den James Dean Jugend Rebelliert Klassiker "Denn sie wissen nicht, was sie tun".
"Die Halbstarken" war auch der Durchbruch des damals 23jährigen Horst Buchholz - eine Karriere, die auch international beachtlich war.
Hier spielt er den 19jährigen Freddy Borchert, den Anführer einer Straßengang von sich dissozial entwickelten Jugendlichen.
Im Hallenbad versammelen sich die Rowdys, die meisten noch halbwüchsig, zum Test der Wasserdichte ihrer neuen Armbanduhren und ganz nebenbei wird dann auch der Schwimmmeister verprügelt.
Freddy ist mit der jungen Sissy Bohl (Karin Baal) befreundet, die optisch sehr brav und lieb wirkt, aber auch echte Femme Fatale Qualitäten hat, wie im Verlauf des Films noch festgestellt werden kann.
In diesem Hallenbad trifft Freddy seinen jüngeren Bruder Jan (Christian Doermer) wieder, der seinen größeren Bruder vermisst, seit dieser vom strengen Vater, einem gewissenhaften Beamten, aus dem Haus geworfen wird.
Den Lebensunterhalt bestreitet Freddys Gang mit Gaunereien und wer da nicht mitmacht, wird vom Gangführer schon auch mal unter Druck gesetzt oder sonstwie drangsaliert. In einer Nacht wollen sie das große Ding drehen, in der neu eröffneten italienischen Bar wird der gleich stattfindende Postauto-Überfall besprochen...


Der Film wurde an Originalschauplätzen gedreht und bekommt dadurch eine gute Stimmung. Dazu kommen gute Darstellerleistungen der jungen Protagonisten. Aus heutiger Sicht wirken die kriminellen Aktivitäten der Jugendlichen beinahe schon naiv, Brutalität und Aggression waren damals noch wesentlich schwächer ausgeprägt - zumindest bekommt einen solchen Eindruck.
Also als Milieustudie hat der Film natürlich durch die heutige Realität seine Kraft verloren, was aber gut herausgearbeitet wurde ist der Einblick in die Schattenseiten der Wirtschaftswunder-Jahre. Nostalgisch wirkungsvoll ist der Film natürlich auch.


Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.