Sonntag, 17. April 2022

Das Mädchen mit dem leichten Gepäck


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Valerio Zurlini

Unterwegs mit einem Koffer...

Valerio Zurlinis 1961 entstandener Film "La Ragazza con la valigia" (Deutscher Titel: Das Mädchen mit dem leichten Gepäck gehört laut einer Umfrage zu den wichtigsten italienischen Klassikern der Filmgeschichte. Die Hauptdarstellerin Claudia Cardinale gewann für ihre darstellerische Leistung als Aida Zepponi einen David di Donatello.
Ihr Filmpartner ist der drei Jahre jüngere Jacques Perrin als 16jähriger Lorenzo, der sich in das Mädchen verliebt. Die Geschichte beginnt mit einer Autofahrt auf der Landstraße in der Nähe von Parma. In seinem Sportwagen hat der reiche Playboy Marcello Fainardi (Corrado Pani) eine sehr attraktive Mitfahrerin. Doch er will die hübsche Aida (Claudia Cardinale) wieder loswerden, weil er bereits genug von ihr hat. Aida hat Marcello in Riccione kennengelernt, sie verführt und ihr allerlei Versprechungen gemacht. Für die flüchtige Bekanntschaft hat das Mädchen ihren Job bei ihrem Freund Piero (Gian Maria Volonte), dem Leiter einer Musikgruppe, aufgegeben. Geschickt fädelt er es ein, dass er seine neue Bekanntschaft und deren Koffer einfach in einem Cafe neben einer Autowerkstatt ablädt und dann alleine davonfährt. Doch kurze Zeit später steht Aida vor der Villa der Familie Fainardi und Marcellos jüngerer Bruder Lorenzo (Jacques Perrin) öffnet ihr. Der Junge deckt seinen Bruder, der das Mädchen nicht mehr sehen will. Er verschweigt seine Existenz - jedoch kümmert er sich jedoch um das Mädchen mit dem Koffer und verliebt sich. Um sie in der Stadt halten und um sie sehen zu können, erfindet der Junge eine Menge von Lügen. Lorenzos Tante (Luciana Angiollillo), die auf den Jungen aufpassen muss, bemerkt natürlich die Veränderung. Er lernt nicht mehr, verschwindet abends in der Stadt und borgt sich von der Haushälterin Geld aus. Mit dem Geld zahlt der Junge die Hotelrechnung für Aida. Dort treffen die beiden auf eine Gruppe von Leuten, die beiden Männer dieser Gruppe baggern die attraktive Aida sofort an - Lorenzo reagiert eifersüchtig. Der Pfarrer (Romolo Valli) versucht Aida begreiflich zu machen, dass sie Lorenzo verlassen muss und erzählt ihr ausserdem, dass Lorenzo der Bruder von Marcello ist, den sie gesucht hat. Aida reist nach Rimini und versucht dort Piero zu überreden, dass er ihr noch einmal eine Chance gibt. Doch Lorenzo ist ihr nachgereist...




Zurlinis Film ist ganz auf die beiden jungen Hauptdarsteller zugeschnitten, die ihre Rollen sehr glaubwürdig spielen. Der Kritiker Bosley Crowther meinte zu Recht, dass der Film den sensiblen Bereich zwischen Reinheit und Laster, zweischen Unschuld und Schande mit Intelligenz und emotionaler Sympathie auslotet. Dabei zeigt er das Mädchen als ein Objekt männlicher Begierde, gefangen in einem Milieuk in dem die Männer sehr schnell zur Sache kommen - mit wenig Rücksicht auf das weibliche Gegenüber. Lorenzo ist der reiche Junge, der bald erwachsen wird und der noch sehr unschuldig versucht seine Liebe für sich zu erobern. Somit ist "Das Mädchen mit dem leichten Gepäck" auch ein klassischer Coming of Age Film.




Bewertung: 7 von 10 Punkten. 
 

Eva und der Priester


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Jean-Pierre Melville

Priester Leon Morin

Nach seinen beiden Noirs "Elf Uhr Nachts" und "Zwei Männer in Manhattan" verfilmte der französische Regisseur Jean- Pierre Melville im Jahr 1961 das sehr ruhige Drama "Leon Morin, Pretre" (deutscher Titel: Eva und der Priester) nach dem gleichnamigen Roman von Beatrix Beck. Rein oberflächlich betrachtet geht es um die unerfüllte Liebe einer abgestumpften Witwe eines jüdischen Ehemanns, die sich während der französischen Besatzungszeit durch die Italiener und anschließend der Deutschen in einen jungen, selbstlosen Priester verliebt. Aber Melvilles Filme bieten meist viel mehr - trotz einer stets unterkühlten Machart. Die Filme handeln von Themen wie Freundschaft und Vertrauen, von Einsamkeit und Verrat. Meistens sind die Figuren eher Aussenseiter und unverstandene Persönlichkeiten. Seine späteren Werke sind stark fatalistisch geprägt, diese Machart hielt sich Anfang der 60er Jahre noch in Grenzen. Aber dennoch spielte bereits das Scheitern eine große Rolle - auch in "Eva und der Priester" ist der Frau und dem Priester kein gemeinsames Glück beschieden.
Barny (Emmanuelle Riva) ist eine junge, verwitwete Mutter, die während der Besatzungszeit in einer kleinen Stadt in den französischen Alpen lebt. Der jüdische Ehemann ist im Krieg gefallen und die Tochter musste sie vorübergehend zu Bekannten in Pflege geben. Barny fühlt sich abgestumpft und sexuell frustriert. Sie arbeitet als Sekretärin in der örtlichen Schule und fühlt sich zu ihjrer jüdischen Chefin Sabine (Nicole Mirel) auch erotisch angezogen. Von der Religion hat sie sich losgesagt und als bekennende Athestin steht sie dem Glauben spöttisch und zynisch gegenüber. Ausserdem ist die junge Frau eine überzeugte Kommunistin. Um sich zu amüsieren, geht sie eines Tage in eine Kirche der nächst größteren Stadt und hat vor bei einem Priester zu beichten. Dieser Priester heißt Leon Morin (Jean Paul Belmondo), den sie versucht während der Beichte zu provozieren. Doch der Priester lässt sich nicht beirren, reagiert völlig anders als gedacht und so entsteht im Beichtstuhl eine intellektuelle Diskusion über den katholischen Glauben und über Religion. Leon lädt die junge Frau zu sich ein, sie könne sich ein paar Bücher ausleihen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt Barny den Priester regelmässig zu besuchen...





In Frankreich kaufen sich mehr als 1,7 Millionen Kinofans eine Eintrittskarte und Belmondo wurde für einen BAFTA Award als bester ausländischer Darsteller nominiert. Insgesamt ist die Geschichte sehr interessant, jedoch wirkt sie manchmal zu verkopft und geschwätzig. Komischerweise war der Film beim Kinostart in Deutschland recht brisant. Wie sehr sich doch die Zeiten ändern... 1963 veranlasste die FSK erhebliche Kürzungen des Originals, da das religiöse Empfinden weiter Bevölkerungskreise verletzt werden könnte. So wurden die Szenen beanstandet, in denen sich Barny in den Priester verliebt und ein Spiel zwischen den beiden Menschen abläuft, dass den Geistlichen in Grenzsituation bringt. Regieassistent war der junge Volker Schlöndorff und einmal mehr beweist der Kameramann Henri Decae (Fahrstuhl zum Schafott, Die Unbefriedigten, Wie Raubkatzen, Der eiskalte Engel) seine Meisterschaft.




Bewertung: 7,5 von 10 Punkten. 

Straßensperre


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Gilles Grangier

Gefährliche Fahrt... 

Der Film "Straßensperre" aus dem Jahr 1955 heißt im Original "Gas Oil" und wurde von Gilles Grangier gedreht. Bevor er sich in den 70er Jahren vornehmlich dem Fernsehen zuwandte und Erfolgsserien wie "Quentin Durward" oder den Weihnachts-Vierteiler "Zwei Jahre Ferien" drehte, war er im Kino erfolgreich mit Filmen wie "Im Kittchen ist kein Zimmer frei" oder "Tatort Paris". Sehr oft drehte der Regisseur mit Frankreichs großem Volksschauspieler Jean Gabin. So auch in dem leicht Noir angehauchten Krimi auf den Straßen "Gas Oil". Man fühlt sich etwas erinnert an den einige Jahre vorher entstandenen deutschen Fernfahrerfilm von Rudolf Jugert "Nachts auf den Straßen", der mehrere deutsche Filmpreise erhielt. In den Hauptrollen überzeugten Hans Albers und Hildegard Knef, Natürlich ist auch Jean Gabin als Jean Chape überzeugend - selbst als 24 Jahre älterer Liebhaber der reizenden Jeanne Moreau, die die Lehrerin Alice spielt. Eine emanzipierte Frau, die nicht unbedingt heiraten möchte, die sich aber jedes Mal freut, wenn ihr väterlicher Liebhaber eine Nacht Rast bei ihr im Ort einlegt, bis er am frühen Morgen wieder weiterfährt. Es ist für damalige Verhältnisse eine unmoralische Liason, wie sich bald herausstellen wird. Denn als das Liebesverhältnis im Ort ans Tageslicht kommt, ist Alice im Ort nicht mehr als Lehrerin tragbar. Sie muss ihre Kündigung ein. Dies ist jedoch nur ein Nebenschauplatz des Films, denn wie auch in "Nachts auf den Straßen" wird der Fernfahrer Jean in einen Unfall verwickelt, bei dem er gar nichts dafür kann. Bei Nacht und Nebel überfährt er eine Mann, der bereits tot auf der Fahrbahn lag. Dieser Tote war nur wenige Stunden zuvor an einem blutigen Raubüberfall beteiligt gewesen. Für die Komplizen (Roger Hanin, Bob Ingarao, Jean Marie Riviere) und für die geldgierige Frau des Toten Frau Scoppo (Ginette Leclerc) steht fest, dass der unbescholtene Fernfahrer die gesamte Beute des Bankraubes an sich genommen hat. Dementsprechend wird er von den Gangstern observiert und bald wird auch in Jeans Wohnung eingebrochen. Sie haben aber nicht mit dem mit allen Wassern gewaschenen Jean gerechnet, der sich überhaupt nicht einschüchtern lässt und gerade in dieser Gefahr völlig über sich hinauswächst...


Als Höhepunkt werden die Gangster von Jean und seinen treuen Fernfahrerkumpels auf der Straße zum ulitmativen Kampf herausgefordert. "Gas Oil" ist natürlich schon alleine durch seine schwarz-weiß Bilder ein Fest für Nostalgiker und mit dem Duo Jean Gabin und Jeanne Moreau kann man ja auch nichts falsch machen - auch wenn der film nicht zu den großen Filmen der Beiden gehört und die Handlung eher vorhersehbar und einfach gestrickt ist.


Bewertung: 6,5 von 10 Punkten.