Sonntag, 19. Februar 2017

Der Strom

Regie: Jean Renoir

Erste Liebe...

In den 30er Jahren stieg Jean Renoir zu einem der führenden Vertreter der französischen Filmkunst auf, er drehte Klassiker wie "Toni", "Das Verbrechen des Herrn Lange", "Die große Illusion", "Bestie Mensch" oder "Die Spielregel" bevor er bei Kriegsausbruch in die USA emigierte. Dort hatte er weit weniger Erfolg und kehrte erst spät nach Frankreich zurück. Vorher machte er noch einige Umwege, denn 1951 hielt er sich in Indien und wenig später in Italien auf.  In Indien drehte er mit amerikanischem Geld den Film "The River". Möglicherweise suchte er zu dieser Zeit eine abhandenkommende Harmonie, denn es gibt keinen Film, den er so romantisch inszenierte wie diese stille Coming of Age Geschichte. Renoir nannte den Film "mein Tribut an Indien, wo ich neu geboren wurde. Es war sein erster Farbfilm und diesen gestaltete er extrem üppig, so fasznieren heute noch die grandiosen Farbbilder (Kamera: Claude Renoir, der Neffe) und diese wunderbar exotische Landschaft im Frühling mit dem Strom, den vielen Tempeln und dem Leben am Ufer des Ganges.
Ein Off-Stimme kommentiert die Geschichte, was zuerst etwas störend wirkt, aber man erfährt, dass die 14jährige Harriet (Patricia Walters) eine Schriftstellerin geworden ist und sich an ihre Jugendzeit in Indien erinnert. Schon damals hat sie ein Tagebuch geführt und Gedichte geschrieben. Sie sit die Tochter des Vorarbeiters einer Jutefabrik. Ihre Eltern (Nora Swinburne/Esmond Knight) haben insgesamt 6 Kinder - alles Mädchen, nur ein Junge (Richard R. Foster). Harriet hat zwei Freundinnen. Die etwas ältere Valerie (Adrienne Corrie), Tochter des Fabrikbesitzers und Melanie (Radha Shri Ram), Tochter eines reichen Engländers und einer indischen Mutter, die bereits verstorben ist. Als der junge Leutnant John (Arthur Shields) auftaucht, wird die Gefühlswelt der drei jungen Mädchen schwer durcheinandergewirbelt. Alle drei verlieben sich in den jungen Amerikaner, der im 2. Weltkrieg sein Bein verloren hat und nun mit einer Prothese leben muss. Dies fällt ihm sichtlich schwer, er wirkt depressiv und auch distanziert. Doch die Mädchen versuchen alles um ihm näher zu kommen...jede auf ihre eigene Weise und so erlebt auch jede diese Liebe wieder anders. Am Ende reist er wieder ab. Ein tragischer Schicksalsschlag muss die Familie überwinden, aber der Strom des Lebens fließt unaufhörlich weiter...



Dazu liefert Renoir dann auch ein passenden Schlußbild für sein ruhiges Kammerspiel ohne Action, das den Zuschauer in eine fremde und exotische Welt führt. Man merkt, dass Renoir voller Liebe von diesem Land ist. Es ist aber auch etwas naiv, so wird auch das schwere Schuften der Arbeiter in der Jutefabrik romantisiert. Immer wieder lässt uns Renoir aber faszniert eintauchen in dieses fremde Leben und in fremde Bräuche wie das hinduistische Opferfest oder bei einer Hochzeitszeremonie -immer unterlegt mit Sitarmusik. Die schönste Szene ist für mich der magische Tanz der Inderin Radha, die so zum Gesicht von Renoirs Film wurde.




Wertung: 8 von 10 Punkten.

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