Freitag, 18. November 2022

Die fünfte Kolonne


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Sheldon Reynolds

Doppelleben...

Leider wurde der Hollywoodstar Robert Mitchum nie mit einem Oscar geehrt. Er konnte in seiner aktiven Laufbahn nur einmal eine Oscarnominierung für "Schlachtgewisser am Monte Cassino" als bester Nebendarsteller erlangen, trotz seiner perfekten Leistungen in klassikern wie "Crossfire", "Verfolgt", "Goldenes Gift", "Kap der Angst" oder "Die Nacht des Jägers" - immerhin wählte in das American Film Institute auf Platz 23 der größten Filmstars aller Zeiten. Der kurz nach Charles Laughtons "Die Nacht des Jägers" realiserte Thriller "Die fünfte Kolonne" zählt leider zu den weniger bekannten Filmen von Mitchum, obwohl Regisseur Sheldon Reyonolds einen großartigen Politkrimi aus der Zeit des kalten Krieges schuf. Unterstrichen wird die glänzende Dramaturgie mit einem einzigartigen Soundtrack, der die düstere Atmosphäre des Films noch zusätzlich unterstreicht. Nicht nur durch den Schauplatz "Wien" erinnert Sheldons Film an den Klassiker "Der dritte Mann" von Carol Reed. "Die fünfte Kolonne" ist zwar ein Farbfilm, hat aber einen starken Film Noir Touch und zeigt Wiens dunkle Gassen dennoch sehr ähnlich wie Reeds Film.
Auch die Kameraarbeit von Bertil Palmgren ist sehr gut.
Mitchum spielt den Presseagent Dave Bishop, der 1953 an der französischen Riviera bei dem Millionär Victor Danemore (Jean Galland) als Sekretär und Ghostwriter angestellt ist. Er wird von dem wohlhabenden Mann dafür bezahlt, dass er falsche Pressemeldungen über Danemores Leben verfasst. Danemores Frau Dominiique (Geraldine Page) macht sich nicht viel um ihren gealterten Gatten, da gefällt ihr Dave schon viel besser. Sie wurde ja auch von dem Egozentriker bezahlt ihn zu heiraten. Als Danemore plötzlich an einem Herzinfarkt stirbt, gerät Dave - ohne es zu wollen - in eine Welt voll Erpressung, in eine Welt der Spionage und der Politik. Schon am Begräbnis von Danemore wird Bishop, der ihn zuerst sterbend auf dem Fußboden fand, nach den letzten Worten des Mllionärs gefragt. "Hat er vor seinem Tod noch etwas gesagt ?" - diese Frage scheint einigen Menschen sehr wichtig zu sein, denn Dave wird danach noch drei weitere Male dieselbe Frage gestellt. Ausserdem meldet sich ein Rechtsanwalt aus Wien, der erfahren möchte, ob Danemore eines natürlichen Todes gestorben sei. Dave fliegt dorthin, denn er ist misstrauisch geworden und ausserdem will er wissen wer sein verstorbener Arbeitgeber wirklich war. Dave half ihm seine Vergangenheit im Dunkel zu halten. Vor allem der große Reichtum ist ein Rätsel. In Wien erfährt er von einer Concierge den Namen eines schwedischen Mannes. Er findet heraus, dass dieser Herr Lindquist in Stockholm lebt. Dort erfährt er, dass der Mann bereits verstorben ist - aber er lernt dessen Frau (Inga Tidblad) und dessen Tochter Brita (Ingrid Thulin) kennen, in die er sich verliebt...



Eine eigenartige Melancholie begleitet die interessante Story, die den Zuschauer an verschiedene Schauplätze in Europa der Nachkriegsjahre führt. Mitchum spielt seine Rolle gewohnt mit seiner Coolness. Die Aufdeckung könnte in fiese Abgründe führen, was Dave lange Zeit nicht klar zu sein scheint. Neben "Niagara", "Tokio Story" oder "23 Schritte zum Abgrund" zählt auch Reynolds Film, der im Original "Foreign Intrigue" heißt, zu den ersten Noirs, die in Farbe gedreht wurden.





Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

Insel der verlorenen Seelen


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Erle C. Kenton

Dr. Moreaus Experimente...

Wie in "King Kong und die weiße Frau" und "The most dangerous game" landet auch in Erle C. Kentons "Island of Lost Souls" (Deutscher Titel: Insel der verlorenen Sselen) eine oder mehrere unbeiligte Personen auf einer einsamen Insel, die sich bald als gefährlich herausstellt. In "King Kong" traf man auf den riesigen Affenmenschen und auf jede Menge Urzeitechsen, in "The Most Dangerous Game" war es der Großwildjäger Graf Zaroff, der in seinem Reich Menschen jagt. In Kentons Film landet der schiffbrüchige Edward Parker (Richard Arlen) auf einer Südseeinsel, dem Herrschaftsgebiet des mysteriösen Dr. Moreau (Charles Laughton). Zur Herstellungszeit dieses Horrorfilms gab es den Hays Code noch nicht zwingend, die Filmleute wollten sich lediglich an die Vorgaben halten. Aber zum Glück schätzten sie die künsterlischen Freiheiten mehr als die auferlegte Zensur von sexuellen und kriminellen Inhalten sowie politisch brisanten Themen. So kam "Island of Lost Souls" durch die Zensurvorschriften. Zwei Jahre später war der politische Druck auf die Motion Pictures Producers and Distributors of America so hoch, dass sie diesen berüchtigten Code zwingend einführte und erst 1967 wieder abschaffte.
Bis heute wirkt der Film ein bisschen wie eine verstaubte Schatztruhe, deren Gold darauf wartet, vom Filmfan geborgen zu werden - und tatsächlich gelang es dem Film nach dem Roman "Die Insel des Dr. Moreau" von H.G. Wells mehr und mehr Kultstatus zu erreichen, selbst wenn die Kostüme der Mensch-Tier Wesen aus heutiger Sicht etwas zum Schmunzeln anregen.
Zweifelsohne gehört der Film aber zwingend in die Hall of Fame des Horrorgenres der 30er Jahre.
Edward Parker, gespielt von Richard Arlen, ist schiffbrüchig - wird aber auf dem offenen Meer treibend von einem Frachter gerettet. Dieses Schiff transportiert eine ganze Menge Tiere zu einer abgelegenen Insel, die von einem Dr. Moreau bewohnt wird. Nachdem Parker sich mit dem betrunkenen Kapitän des Frachters streitet, weil dieser einen Passagier mit bestialischem Aussehen (Tetsu Komai in der Rolle des M´ling) misshandelt hat, wirft der cholerische Captain Parker (Stanley Fields) wieder über Bord. Der landet im Boot von Mr. Montgomery (Arthur Hohl), einem von Dr. Moreaus Mitarbeitern. Nun muss er zwangsläufig ein paar Tage auf der Insel bleiben. Dort zeigt ihm der egozentrische Wissenschaftler seine Experimente, so auch das Haus der Schmerzen. Moreau führt sich auf der Insel wie ein gottgleicher Herrscher auf, seine Untertanen sind alle - mit Ausnahme von Montgomery - seltsame Geschöpfe, die wie eine Mischung aus Affe und Mensch aussehen. Es lebt auf der Insel auch nur eine Frau. Diese Lota (Kathleen Burke) sei aus Polynesien. Immer wieder hört Parker schreckliche Schreie aus Dr. Moreaus Behandlungsraum. Parker wird von Moreau auch immer wieder vertröstet, was seine baldige Heimreise betrifft - aber Parkers Verlobte Ruth (Leila Hyams) macht sich bereits auf der Suche nach ihrem Liebsten...





Der schwebt natürlich bald in höchster Gefahr und erkennt auch die Bosheit seines Gastgebers, der seit Jahren Versuche mit Tieren macht, die sie menschenähnlicher machen soll. Um sie zu bändigen nimmt er die Peitsche und befiehlt ihnen drei Gesetze gebetsmühlenartig aufzusagen: 1. kein Fleisch essen 2. Nicht auf allen Vieren gehen und 3. Kein Blut vergießen. Wenn nicht gespurt wird, gibts Konsequenzen. Die Grundatmosphäre auf der Insel ist bedrohlich, bedrückend und angsteinflößend. Gedreht wurde auf Catalina Island vor San Pedro, südlich von Los Angeles. Und es kam wie es kommen musste: Schon alleine durch die Filmfigur des Dr. Moreau, der Mensch, der sich in seiner Hybris Gott gleichsieht - dazu der Eingriff in die Natur und der angedeutete Kannibalismus. Das musste die Zensurbehörde alarmieren. Es führte dazu, dass der Film in einigen Ländern jahrzehntelang auf dem Index verbrachte.
 




Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

Donnerstag, 10. November 2022

Die schwarze Katze


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Edgar G. Ulmer

Ein Haus, auf einem Massengrab gebaut...

Der Name Edgar G. Ulmer ist sehr stark mit dem deutschen Stummfilm der Weimarer Republik verbunden. Ulmer wurde am 17. September 1904 in Olmütz, im damaligen Österreich-Ungarn, geboren. Bereits ab 1920 war er beim deutschen Film beschäftigt. Dies war nur deshalb möglich, weil Ulmer sich 4 Jahre älter gemacht hatte. Er arbeitet als Szenenbildner für Klassiker wie "Der Golem", "Die Nibelungen" oder "Der letzte Mann".
Wie Friedrich Wilhelm Murnau kehrte Ulmer auch Deutschland den Rücken um in Hollywood arbeiten zu können. Das Risiko gelang. Er war der Art Director in Murnaus US-Meisterwerk "Sunrise". Danach arbeitete er noch einmal in Deutschland - in Zusammenarbeit mit Curd und Robert Siodmak, Billy Wilder und Fred Zinnemann wurde "Menschen am Sonntag" realisiert. Einer der besten deutschen Filme überhaupt. Dort musste er sich nach dem tragischen Unfalltod seines Freundes Murnau mit der Herstellung von B-Pictures zufrieden geben. Er hatte niedrige Budget, machte aber das Beste daraus. Erst rückblickend kam die Wertschätzung von Filmjournalisten und Filmhistorikern. Mit dem Film Noir "Umleitung" und dem Horrorfilm "Die schwarze Katze" schuf er zwei Filme, die inzwischen als Meisterwerke angesehen werden.
Der Film basiert auf einer Geschichte von Edgar Allan Poe und stammt aus der damals erfolgreichen Horrorfilmproduktion von Carl Laemmle.
Während ihrer Flitterwochen in Ungarn erfahren der amerikanische Krimiautor Peter Alison (David Manners) und seine Frau Joan (Jacqueline Wells), dass sie aufgrund eines Fehlers ein Zugabteil mit einem gewissen Dr. Vitus Werdegast (Bela Lugosi), einem ungarischen Psychiater, teilen müssen, der behauptet, einen alten Freund besuchen zu wollen. Im Laufe der Nacht erfährt das Paar, dass Werdegast 18 Jahre zuvor seine Heimat verlassen hat, um im Ersten Weltkrieg zu kämpfen, und seine Frau seitdem nicht mehr gesehen hat, da er die letzten 15 Jahre in einem berüchtigten Gefangenenlager in Sibirien verbracht hat. Nach der Zugfahrt geht es weiter mit einem kleinen Bus. Der kommt bedingt durch ein Unwetter von der Straße ab. Der Fahrer stirbt bei diesem Unfall. Dies passiert alles in der Nähe von Werdegasts Ziel - dem abgelegenen Haus des Architekten Hjalmar Poelzig (Boris Karloff). Dieses Haus wurde auf den Ruinen von Fort Marmorus erbaut. Mit dieser Tatsache offenbart sich auch das Motiv von Werdegasts Besuch bei seinem alten Freund. Werdegast will sich rächen, denn durch Poelzigs einstigem Verrat starben tausende von österreichisch-ungarischen Soldaten durch die Russen...





Es war der erste gemeinsamen Filme der beiden großen Horrordarsteller der 30er Jahre. Und gleichzeitig inhaltlich eher pervers und abrgründ, aber dennoch sehr anspruchsvoll gestaltet. Die Universal Studios konnte mit "Die schwarze Katze" einmal mehr einen riesigen Kassenerfolg verbuchen. Der düstere und auch dialoglastige Film wirkt wie der letzte deutsche expressionistische Grusler. Die Geschichte handlet von Rache, Nekrophilie und Teufelskult. Schauplatz bildet ein altes geheimnisvolles Schloß, dass über einem Massengrab erbaut wurde. Die beiden zuerst unbeteiligten Flitterwöchner haben sicherlich die Macher der Rocky Horror Picture Show inspiriert - Brad und Janet, die unfreiwilligen Gäste des Frank N. Further sind sicherlich filmische Verwandte) Lucille Lund ist als Karen zu sehen. Diese Schlüsselfigur entlarvt auch die schicksalhafte Zusammengehörigkeit der beiden Kontrahenten.







Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Orlacs Hände


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Robert Wiene

Der Pianist und der Mörder...

"Orlacs Hände" wurde in Wien gedreht und ist ein Film des deutschen Stummfilmregisseurs Robert Wiene, der als Macher des expressionistischen Meilensteins "Das Cabinett des Dr. Caligari" aus dem Jahr 1919 zu Weltruhm kam.
Es folgen "Genuine" im Jahr 1920, "Raskolnikow" im Jahr 1923 und "Orlacs Hände" ein Jahr danach. Nach dieser Zeit schuf er eher harmlose leichte Filme.
"Orlacs Hände" ist eine interessante Mischung aus Horror- und Kriminalfilm, wurde später auch noch einige Male verfilmt, u.a. 1935 von Karl Freund unter dem Filmtitel "Mad Love".
Der Film bekam keine Jugendfreigabe. Es existierte sogar ein Antrag des sächsischen Innenministeriums, das den Film verbieten wollte. Als Grund wurde eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung angeführt. So sehr zeige der Film die Ermittlungsmethoden der Polizei wie beispielsweise die Abnahme von Fingerabdrücken. Dies würde doch den bösen Buben ermöglichen bei ihren zukünftigen Taten viele Fehler zu vermeiden, was schließlich auch die Erfolgsquote bei der Aufklärung der Verbrecher mindert.
Für die Ausübung seiner Karriere als erfolgreicher Konzertpianist ist Paul Orlac (Conrad Veidt) auf seine Hände angewiesen. Doch alles ändert sich nach einer schrecklichen Kollison zweier Züge. Orlac war Passagier und überlebt diesen schrecklichen Eisenbahnunfall zwar, aber seine Hände hat er verloren. Seine Frau Yvonne (Alexandra Sorina) bittet den behandelnden Chirurgen Dr. Serra (Hans Homma) alles zu versuchen um die wichtigen Körperteile zu retten. Dieser entscheidet sich schließlich zu einer gewagten Operation, indem er Orlac die Hände des kürzlich hingerichteten Mörders Vasseur annäht. Der weiß zuerst nichts davon wessen Hände er nun hat. Aber er fühlt sich irgendwie verfolgt durch einen Mann (Fritz Kortner), der ihm immer wieder (im Traum?) erscheint. Als er irgendwann den Chirurgen zur Rede stellt und die Wahrheit erfährt, droht der Pianist irgendwie wahnsinnig zu werden. Er will mit diesen Mörderhänden weder Konzerte geben, noch seine geliebte Frau jemals wieder zärtlich berühren. Dadurch kommt das Paar in finanzielle Not, die Gläubiger bestehen darauf, dass die Schulden endlich beglichen werden. Imemrhin kann Yvonne einen Tag Aufschub erwirken. Sie besucht Pauls extrem reichen Vater (Fritz Strassny), der seinen Sohn abgrundtief hasst. Daher ist das Betteln nach Geld auch vergebens. Dennoch fleht Yonne am Abend ihren Mann an selbst zu dem bösen Vater zu gehen, um ihm noch einmal darum zu bitten. Als Paul dort eintrifft, liegt sein Vater erstochen auf dem Boden. Er wurde ermordet. Er ruft die Polizei, die feststellt, dass die Fingerabdrücke des verstorbenen Mörders Vasseur überall zu finden sind...




"Orlacs Hände" ist mit den beiden Stummfilmstars Conrad Veidt und Fritz Kortner, der den Gegenspieler darstellt, hochkarätig besetzt und gilt als frühes Beispiel für einen traumatisierten "Untoten". Der avantgardistische Soundtrack stammt von Johannes Kalitzke, das vom Stuttgarter Kammerorchester eingespielt wurde. Es wurde eine Partitur der Ängste. Die Figur des Paul Orlac ist von Angstneurosen und Projektionen geprägt, die ihn in eine albtraumhafte Stimmung versetzen, aus der es fast unmöglich erscheint wieder herauszufinden. Carmen Cartellini ist als Dienstmädchen Regine zu sehen, eine Schlüsselfigur dieser Geschichte. Der Film basiert auf dem Roman von Maurice Renard - einer der ersten Romane zum Thema "Transplantationen".





Bewertung: 8 von 10 Punkten.