Sonntag, 24. Mai 2015

Asphalt


Regie: Joe May

In den dunklen Straßen von Berlin...

1929 ging die Ära des Stummfilms schon seinem unabänderlichen Ende zu. Und damit veraschiedeten sich auch die von expressionistischer Bildsprache geprägten Meisterwerke der Weimarer Republik. Joe Mays "Asphalt" macht schon in der ersten Szene klar, dass dem macher ein lebhaftes Stadtbild, fast wie ein Kaleidoskop, vorschwebte. Mit diesem großartigen Stil gelang es auch die recht einfache Geschichte zweier ungleicher Liebenden zu erhöhen.
Erzählt wird die Geschichte von dem rechtschaffenen jungen Polizeiwachtmeister Holk (Gustav Fröhlich), der noch bei seinen Eltern (Alert Steinrück und Else Heller) in Berlin lebt. Er liebt seinen Beruf. An diesem Schicksalstag regelt er den Verkehr auf einer belebten Straßenkreuzung. Dort ist die Diebin Else Kramer (Betty Amann) mit ihrem Wagen unterwegs und provoziert mit ihrer schlechten Fahrweise einen Stau und einen kleinen Blechschaden. Doch Holk hilft der schönen Frau am Steuer des Wagens. Er wid die attraktive Unbekannte in dieser Nacht aber noch ein zweites Mal treffen. Diesmal wird sie des Diebstahls von wertvollem Schmuck in einem Juweliergeschäft. Er verhaftet sie, nachdem sie erfolgreich des Diebstahls überführt werden konnte, den sie zuerst leugnete.
Doch der Vamp weiß die fraulichen Reize geschickt einzusetzen und überredet Holk noch vor dem Revier, sie in ihre Wohnung zu begleiten, um zur Identitätsfeststellung ihren Pass zu holen. Dort verführt Else den noch unerfahrenen Holk, der sehr schnell schwach wird.  Er lässt die Anzeige gegen sie fallen und entlässt sie in die Freiheit. Diese Entscheidung muss er jedch bald bitter bereuen. Holk verfällt  sehr schnell der  schönen Fremden und sucht sie am Tag nach der Liebesnacht wieder auf. Else gesteht ihm, dass ihr Freund ein steckbrieflich gesuchter Verbrecher ist, der derzeit in Italien weilt, aber bald zurück kommen wird. . Plötzlich kommt dieser Mann auch schon im Zimmer, entdeckt das Liebespaar beim Küssen  und attackiert in großer Eifersucht den Wachtmeister. In dem anschließenden Handgemenge schlägt der junge Holk den Schurken so unglücklich nieder, dass dieser dabei zu Tode kommt. Die Katastrophe ist da...


 Der Film ist für seine Entstehungszeit recht freizügig und zeigt einen guten Jungen, der einem schlechten Mädchen verfällt. "Glaubst du wirklich, dass ich aus der Not heraus zur Diebin wurde, wie iich dir Sagte" - fragt die berechnende Kriminelle den naiven Wachtmann. Erst am Schluß bekommt Else die Gelegenheit ihre Liebe zu beweisen und dem alten Leben den Rücken zu kehren. Ihr junger Lover wird draussen auf sie warten, bis sie die Strafe abgesessen hat und beide werden in ein paar Monaten glücklich. Trotz des Happyends bekam der Film Jugendverbot. Das intelligent inszenierte Sozialstück aus dem Berliner Kleinbürger-Mileu begeistert auch heute noch durch die exzellente Bildsprache und exzellente Kameraarbeit von Willy Schmid Gentner. Es sollte einige Jahrzehnte nach dem Krieg dauern, bis der Film seine Wiederaufführung feiern konnte. Das ZDF strahlte ihn 1973 in seinem Programm aus. Heute gilt der Film als eines der letzten großen Meisterwerke des deutschen Stummfilms. Die Hauptdarstellerin Betty Amann war damals sehr populär. Ab 1931 arbeitete sie auch in England. Alfred Hitchcock engagierte sie für "Endlich sind wir reich". Nach der Machtübernahme der Nazis erhielt sie aufgrund ihrer jüdischen Herkunft keine Angebote mehr. Sie emigrierte 1937 in die USA. Dort hatte sie ihre letzte große Rolle in Edgar G. Ulmers "Isle of Forgotten Sins". Sie wurde in ihrer aktiven zeit sehr oft auch mit Joan Crawford verglichen.


Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Der zerbrochene Krug

























Regie: Gustav Ucicky

Dorfrichter Adams Fall...

Heinrich von Kleists "Der zerbrochne Krug" entstand zwischen 1802 und 1806 und gilt als eines der bekanntesten literaterischen deutschen Werke. 1937 wurde der Stoff auch im dritten Reich von Gustav Ucicky verfilmt. Obwohl der Film heute leider weitestehend vergessen ist, gelang dem Regisseur dennoch ein starker Historienfilm, der allerdings künstlerisch vor allem durch seinen Hauptdarsteller Emil Jannings geprägt wurde. Die Geschichte speilt im Jahr 1685. In der Gerichtsstube zu Husum, einem fiktiiven niederländischen Ort in der Provinz Utrecht wird über einen zerbrochenen Krug verhandelt. Doch zuerst einmal beginnt der Tag damit, dass der angesehene Dorfrichter Adam (Emil Jannings) verkatert und verletzt in seinem Haus aufwacht. Er hat einen tiefen Schnitt am Bein, der Zuschauer bemerkt sein blaues Auge und auch die Wunden am Kopf bleiben nicht verborgen. Seine Perücke ist und bleibt verschwunden. Da erscheint auch schon der ehrgeizige Gerrichtsschreiber Licht (Max Gülsdorff),, der die Verletzungen sofort bemerkt. Adam hat aber zuerst einmal plausible Erklärungen parat: Er sei beim Austehen gestürzt und die in der Perücke habe die Katze in der Nacht ihre Kinder zur Welt gebracht, nun sei sie nicht mehr zu gebrauchen. Licht kündigt den überraschenden Besuch von Gerichtsrat Walter (Friedrich Kayssler) aus Utrecht im Dorf an. Dieser befindet sich derzeit auf einer Kontrollreise durch die Dörfer. Sofort verfällt Adam in eine Panik und will auf die Schnelle noch die Akten ordnen lassen. Doch es ist schon zu spät. Walter steht bereits vor der Tür. Als er hört, dass an diesem Tag im Dorf Gerichtstag ist, will er zur heutigen Verhandlung bleiben. Die Klägerin Frau Marthe Rull (Lina Carstens) kommt mit einem zerbrochenen Krug. Sie beschuldigt Ruprecht Tümpel (Paul Dahlke) den Verlobten ihrer Tochter Eve (Angela Salloker) an der Zerstörung. Dieser beteuert aber seine Unschuld und bringt einen bisher völlig unbekannten,  Nebenbuhler ins Spiel, der bei seiner Verlobten gewesen sein muss. Als er von Tümpel bemerkt wurde, habe dieser die Flucht ergriffen und sei aus dem Fenster geklettert. Dort sei der Krug gestanden, der bei dem ganzen Tumult vom Fensterbrett heruntergefallen sei. Es kam daraufhin zum großen Zerwürfnis der Verlobten. Ruprecht beschimpft seine Eve als Hure und kündigt die Beziehung auf. Er hat auch schon einen Konkurrenten in Verdacht. Der Unbekannte Verehrer soll der Flickschuster Leberecht sein. Natürlich ist dem Zuschauer sehr schnell klar, dass Dorfrichter Adam etwas verheimlicht und dass nur er den Krug zerbrochen haben kann. Aber Adam ist schlau und gewieft. Mit einigen Tricks lenkt er die Verhandlung immer wieder in eine andere Richtung, weit ab von seiner Person. Er hat allerdings nicht mit dem Gerichtrat gerechnet, der die Methoden und Schlußfolgerungen seines Richters immer sonderbarer empfindet. Die Entlarvung ist nur noch eine Frage der Zeit...


ein sehr gelungener Film, der durch die großartige Darstellung von Emil Jannings, getragen wird. Rund 7 Minuten dauert das Intro des Films, das den Richter beim Aufwachen und dem Entdecken seiner Blessuren zeigt. Er wird von einer seiner Mägden mit eim Klaps auf den Hintern geweckt, was den herrlichen Charakter dieser Burleske eröffnet. Die Geschiichte ist in hohem Maße unterhaltsam und gefällt mit einem tieferen Sinn, der allmählich zum Tragen kommt. Durch die großartige Kamera von Fritz Arno Wagner merkt man gar nicht, dass der Film fast ausschliesslich in einem einzigen Raum spielt. Gelegentlich wird der Zuschauer durch die Bilderflut an die Bauern-Malerei erinnert. Am Ende sieht man die Darsteller als Figuren in einem Kirchenspiel. Sie verbeugen sich vor dem Publikum. Goebbels sagte damals den Mißerfolg an der Kasse voraus. Dennoch darf der Film selbst auch heute noch als sehr gelungene Verfilmung eines Theaterstücks angesehen werden. Er spielt in einer Liga mit Käutners "Kleider machen Leute", der 3 Jahre später entstand und wieder aus dem reichhaltigen Fundus der klassischen deutschen Literatur schöpfte.

Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

Sonntag, 10. Mai 2015

Die Büchse der Pandora

























Regie: Georg Wilhelm Pabst

Lulu...

Die "Büchse der Pandora" enthielt wie die griechische Mythologie überliefert, alle der Menschheit bis dahin unbekannten Übel wie Arbeit, Krankheit und Tod. Sie entwichen in dem Moment in die Welt, als Pandora die Büchse öffnete. So steht dieses Öffnen auch als Inbegriff für das Stiften eines Unheils, das sich nicht wiedergutmachen lässt.
Angelehnt an diese Geschichte entstand die gleichnamige Tragödie von Frank Wedekind als Fortsetzung seines "Erdgeist". Beide Stücke wurden von Wedekind später als Bühnenfassng in einem Stück mit dem Titel "Lulu - Tragödie in 5 Aufzügen mit einem Prolog" zusammengefasst. Die "Büchse der Pandora" erschien in Buchform erstmalig im Jahr 1902. Aufgrund der für die Jahrhundertwende ungewöhnliche Deutlichkeit und Brutalität der Sprache schrieb Wedekind vornehmlich auf Englsich und Französisch.
1929 nahm sich der renommierte Regisseur der Weimarer Republik Georg Wilhelm Pabst diesem Stoff an. Dabei gelang ihm sicherlich neben "Die freudlose Gasse" und "Tagebuch einer Verlorenen" sein bestes Werk überhaupt.
Der Film war zu seiner Zeit ein Skandal. Am 30. Januar 1929 gabs Jugendverbot für den Stummfilm. Nach der Machtergreifung der Nazis wurde sogar am 9. April 1934 verhängte die Filmoberprüfstelle auf Antrag des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda das Aufführungsverbot für einen der besten Filme der 20 Jahre.
Erzählt wird die tragische Geschichte von Aufstieg und Untergang der jungen Lulu (Louise Brooks), die den Männern, denen sie begegnet, zwar Begehren, am Ende aber nur den Tod bringt. Auch Frauen wie Augusta Geschwitz (Alice Roberts) erliegen dem Charme und der erotischen Austrahlung des jungen Revuegirls. Gleich am Anfang zeigt Pabst das Zusammentreffen einiger wichtiger Männer im Leben der Lulu. Mit dem wohlhabenden und einflussreichen Zeitungsherausgeber Dr. Schön (Fritz Kortner) hat sie eine Affäre. Doch er will sich von ihr trennen und hat sich mit der anständigen Charlotte von Zarnikow (Daisy D´Ora) verlobt. Als er entdeckt, dass sich in Lulus Wohnung auch der gnomenhafte alte Schigolch (Carl Goetz) aufhält, den Lulu als früheren Mäzen vorstellt, verlässt er seine Geliebte. Doch schon ein neuer Verehrer kreuzt seinen Weg nach draussen auf der Treppe des Hauses. Selbst Schöns junger Sohn Alwa (Francis Lederer) schwärmt für die die Exgeliebte seines Vaters. Sehr berechnend inzeniert sie im Theater einen handfesten Skandal, nach dem Schön genötigt ist sie auch zu ehelichen. Doch die Ehe hält nicht lang. In der Hochzeitsnacht kommt es zu einem Handgemenge, in dessen Verlauf Dr. Schön erschossen wird. Auf der Anklagebank könnte ihr die Todesstrafe drohen, doch am Ende steht das Urteil von 4 Jahren Zwangsarbeit fest. Sie kann mit Hilfe ihrer Freunde fliehen. Alwa, Schigloch und Gräfin Geschwitz begleiten sie. Im Zug wird Lulu von einem anderen Passagier, Marquis Casti Piani (Michael von Newlinsky) erkannt. Er schweigt - muss aber bezahlt werden. Er schlägt vor, dass sich die Flüchtenden auf einem Schiff verstecken können, dass als illegale Spielhölle verwendet wird. Nach mehreren Monaten braucht er aber wieder Geld und verkauft Lulu an ein ägyptisches Bordell. Es bleibt nur noch die Flucht nach London. Dort hausen Alwa, Schigloch und Lulu im Elendsviertel. Am Heiligabend wird sie zur Prostitution getrieben. Dort treibt aber zur gleichen Zeit auch der gefürchtete jack the Ripper (Gustav Diessl) sein Unwesen...


 Sehr stark kommen die beiden Wirkungsmöglichkeiten des Films zur Geltung: Expressionistische Großaufnahmen und extrem atmosphärische Bildimpressionen, die den Film so derart stark machen. Unvergessen bleibt auch die Darstellung der amerikanischen Schauspielerin Louise Brooks, deren kesse moderne Frisur heute noch als "Lulu Pagenkopf" bezeichnet wird. Großartig spielt sie die eigentlich eher unschuldige Verführerin, die mit ihrer unverhüllten Sexualität das Leben der sie umgebenden Menschen zugrunde richtet. Louise Brooks besaß eine emorme sinnliche Ausstrahlung und beinahe kann man sagen, dass sie den Film mühelos im Alleingang tragen kann. Die Handlung unterteilt sich wie im Theater in Akte. Was in Akt 1 in einem großbürgerlichen Berliner Salon beginnt, endet in Akt 8 im Nebel von London. Alles ist recht dunkel gehalten, keine Spur von Hoffnung auf dem unaufhaltsamen Weg ins Verderben.
Die Restauration des Films ist sehr gut gelungen. Die DVD bietet sowohl englische als auch deutsche Zwischentitel an.


Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Der Untertan

























Regie: Wolfgang Staudte

Macht und Anpassung..

Heinrich Manns Roman "Der Untertan" erschien 1918. Der Autor übertrug die Filmrechte der DEFA, er verstarb aber bevor der Film überhaupt gedreht wurde. Ursprünglich waren als Regisseure Falk Hanrack und sogar der große Erich von Stroheim im Gespräch. Dann bekam aber Wolfgang Staudte den Zuschlag und es gelang ihm nach "Die Mörder sind unter uns" und "Rotation" ein dritter sehr guter Beitrag zur deutschen Geschichte und der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. "Der Untertan" wurde sehr schnell zum Prestigeobjekt der DEFA und Staudte selbst nannte die Botschaft des Films wie folgt "Ich will die Bereitschaft gewisser Menschen um 1900 ziegen, die über zwei Weltkriege hinweg zum Zusammenbruch Deutschlands im Jahre 1945 führte. Es soll eine Weiterführung meiner Anklage gegen diese Kreise und eine Warnung vor diesen Menschen sein, wie es schon in "Die Mörder sind unter uns" ausdrücken wollte". Dieser moralische Anspruch brachte ihn bei Erscheinung des Films im Jahr 1951 auch sehr starke Kritik in Westdeutschland ein. Man warf dem Filmemacher vor, er stehe im Dienste kommunistischer Kulturpolitik und betreibe die Bolschewisierung der Welt. Die konserative Presse veriss den Film als boshaft und humorlos. Aus heutiger Sicht gilt der Film nicht nur als Prototyp einer zum einen werksgetreuen, zum anderen aber auch eigenständigen Literaturverfilmung, sondern vor allem als einer der ganz großen Meisterwerke des deutschen Nachkriegskinos. Bis heute ist die Frage ungeklärt, wie und unter welchen Bedingungen Hundertausende Menschen die Schwelle der Inhumanität übertreten konnten, um einen großangelegten Völkermord zu organisieren, dessen Intensität und radikaler Wahnsinn immer noch einmalig und einzigartig in der Menschheitsgeschichte gesehen wird, obwohl ja auch andere Nationen dunkle Geschichte aufweisen und sich ebenfalls dem Thema "Genozid" stellen müssen. Staudte erzählt die Geschichte des preußischen Bürgers Diederich Heßling (Werner Peters), der als Kind sehr weich war und am liebsten in die Welt der Träume flüchtete. Unter seinem autoritären Vater, Besitzer einer Papierfabrik und dem Drill in der Schule entwickelt sich der Junge zu einem Anpasser und später auch zu einem Denunzianten. Mit dem Eintritt in eine Studentenverbindung und später beim Militär, wo er nicht lange bleibt, wird er zum Mitläufer. Sein ganzer Werdegang steigert das reaktionäre Denken.  Als sein Vater stirbt, erbt er dessen Fabrik und nimmt sehr schnell die Eigenschaften der Macht an. Er brüllt seine Bediensteten an, entlässt diese bei der nur kleinsten Verfehlung und weiß aus der Vergangenheit, dass man mit Macht dienen muss, wenn man selbst Macht ausüben will. Nach oben buckeln und nach unten treten, das wird die Devise von Diederich Heßling. Er verließ schon das Mädchen, dass ihn liebt (Sabine Thalbach), weil man ja keine Frau ehelichen kann, die sich schon vor der Ehe einem hingegeben hat und heiratet später eine sehr reiche Frau (Carola Braunbock). Nebenbei ist ihm inzwischen fast jede Empfindung abhanden gekommen. Heßling biedert sich der Kirche, dem Adel und jeder Obrigkeit an. Er denunziert Konkurrenten (Friedrich Richter), als er sich des Wohlwollens des Regierungspräsidenten von Wulkow (Paul Esser) sichder ist und schmiedet ein betrügerisches Komplott mit den Sozialdemokraten...


 Am Schluß dieses galligen preußischen Bilderbogens soll er eine Festrede bei der Denkmalenthüllung des Kaisers halten. Aber ein Wolkenbruch vertreibt sämtliche Gäste. Allein steht der Untertan seinem riesigen Kaiser aus Bronze gegenüber, die Schlußmontage zeigt diesen Platz des Denkmals in den späteren Zeiten, am Ende zeigt das Bild die Stadt Netzig im Jahr 1945 in Trümmern. Darüberhinaus ist "Der Untertan" trotz seiner satirischen Machart vor allem durch den sarkastischen Einfluss eine entlarvende Charakterstudie geworden, der Hauptdarsteller Werner Peters spielt seine Rolle brillant. Durch die Überzeichnung von Mensch und Situation und durch raffinierte filmische Montagearbeiten wirken die daraus entstanden Kontraste. So zeigt die Kamera beispielsweise die trinkenden Studenten durch ihre Biergläser, das Resultat zeigt sie verzerrt und lässt sie beinahe wie Monster aussehen.  Eine weitere Einstellung zeigt Heßling, wie er devot neben einem Wagen des Kaisers hinterherläuft. Die Kamera fängt den Untertan von oben herab ein, er wirkt geschrumpft. Die Komik ist immer böse angelegt. In einer Szene wird Heßling im Zimmer des Regierungspräsidenten, der ihm den Rücken zudreht, von dessen Dogge attackiert. Das Tier beißt ihn immer wieder in den Fuß, Heßling bleibt standhaft vor der Obrigkeit stehen. Staudte hat die Entwicklung deutscher Tendenzen sehr gut erkannt und seine Geschichte ist bis heute eine treffende Analyse der Macht und er Anpassung geworden. Der Film legt Doppelmoral schonungslos bloß und teilt dem Spießertum eine bittere und bissige Absage.


Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

Wir Wunderkinder


























Regie: Kurt Hoffmann

Zwei deutsche Lebensläufe....

Kurt Hoffmann war mit Sicherheit einer der erfolgreichsten deutschen Filmregisseure. Bereits während der NS-Zeit drehte er Kassenschlager wie "Quax, der Bruchpilot" oder "Ich vertraue dir meine Frau an". In den 50er Jahren gelangen ihm eine Riesenerfolge wie "Hokuspokus", "Das fliegende Klassenzimmer", "Drei Männer im Schnee", "Ich denke oft an Piroschka", "Das Wirtshaus im Spessart", "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" oder "Das Spukschloß im Spessart".
Sein vielleicht kritischster Film ist aber "Wir Wunderkinder" aus dem Jahr 1959, der zwar von dem Regisseur gewohnt schwungvoll und unterhaltsam inszeniert wurde, aber mit seiner kabarettistischen Form die Lebensgeschichte zwier typischer Deutscher erzählt und somit auch einen weitestgehend gelungenen Kommentar zur Vergangenheitsbewältigung beinhaltet. Vor allem durch die Mitwirkung der beiden Kabarettisten Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller, die bereits im "Wirtshaus im Spessart" mit Hoffmann zusammengearbeitet hatten, kommt der Gewinner des Golden Globe Awards als bester fremdsprachiger Film des Jahres 1960 als "Film im Film" daher. Die beiden Akteure begleiten das Geschehen von 1913 bis 1957 von einer Bühne aus, wo sie die Handlung mit sehr bissigen Kommentaren und Klaviermusik begleiten. Dabei gelingt es Ihnen eindrücklich sich von Konzessionen, zu denen man damals sicherlich noch genötigt war, zu lösen und diese sogar in perfekter Form zu unterlaufen. Wenn eine der Hauptfiguren - dieser Bruno Tiches - am Ende des Films in einen Fahrstuhlschacht fällt und stirkbt, dann führt der Filmemacher das HappyEnd ad absurdum, in dem er gleich die Bilder der Beerdigung zeigt, zu der alle einflüssreichen Persönlichkeiten aufmarschiert sind und dem "verdienten Deutschen" das letzte Geleit zu erweisen. Müller erwähnt dann noch, dass es so viele kaputte Fahrstühle leider nicht gibt um diesen Opportunisten, der immer die Gesinnung folgt, die gerade "in" ist.
Man kann vielleicht kritisieren, dass es in Sachen Vergangenheitsbewältigung dem "Mitläufer" relativ leicht gemacht wird, sich in diesem filmischen Spiegelbild nicht zu erkennen. Dennoch zähle ich diesen Nachkriegsfilm über die gewisse Machtlosigkeit der Anständigen, die dem Aufstieg der unmoralischen und dummen Nazis leider nichts entgegensetzen können, zu den besten deutschen Filmen der 50er Jahre. Auch wenn die Resignation gegenüber dieser starken Opportunisten schon ein bissel traurig macht.
Der Film beginnt im Jahr 1913 - in Neustadt, einem kleinen Ort in der Provinz steht ein großes Ereignis bevor. Ein Ballonfahrer soll anlässlich der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals den Flug nach Leipzig wagen, um dem geliebten Kaiser Wilhelm I die Ehre zu erweisen. Dort sind auch die beiden Jungen Hans Boeckler und Bruno Tiches zugegen, die beide Lausbubenstreiche im Kopf haben. Doch Hans wird erwischt und bestraft, seinem Klassenkameraden Bruno gelingt es aber ungesehen in den Korb des Ballons zu klettern. Als der Ballon nur wenige Meter entfernt notlanden muss, wird Bruno zum Helden seiner Mitschüler und seiner Lehrer.
Die Lebenswege der beiden kreuzen sich immer wieder. Hans Boeckler (Hansjörg Felmy) studiert in den 20er Jahren unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen Philosophie in München. Bruno Tiches (Robert Graf) schließt sich der NSDAP an und macht im Laufe der Jahre dort eine rasante Karriere. Hans bleibt sich in dieser Zeit selber treu, verliert zwar seine erste Freundin Vera von Lieven (Wera Frydtberg), die mit ihrem Vater emigriert, lernt aber die hübsche Dänin Kirsten (Johanna von Kosczian) kennen und heiratet sie in Dänemark. Als der Krieg ausbricht, muss er zurück ins Reich. Nach dem Krieg versucht Hans mühsam einen neuen Anfang zu machen. Dieser Neubeginn fällt Bruno Tiches umso leichter. Mit seinem Schwarzmarkgeschäft hat er sich schon wieder bestens angepasst...


 Schon die erste Szene ist symptomatisch für die zukünftige Entwicklung der beiden unterschiedlichen Protagonisten. Während Hans Boecker bestraft wird, wird Bruno gefeiert und belohnt.
Im Wirtschaftswunderland steht am Ende dann der erfolgreiche Geschäftsmann Tichel unter geändertem Namen, der mit seinem Geld wieder die Macht hat und Hans Boeckel als Journalist, der die Taten der Vergangenheit in seiner Zeitung aufdecken will, schon wieder am kürzeren Hebel sitzt. Kann sich sein Chef die ehrliche und freie Meinungsäusserung erlauben, wenn der Mann mit Geld und Einfluß die Macht hat den Schreiber und seine Zeitung vernichtend zu schlagen ?
"Wir Wunderkinder" lebt von den beiden guten Hauptdarstellern Robert Graf und Hansjörg Felmy. Vor allem Graf hat seine Rolle so angelegt, dass nie der Fanatiker sichtbar wird, aber sehr schnell erkennbar sein Gespür sichtbar wird für den eigenen Vorteil. Sein Charakter strotzt vor Anpassungsfähigkeit und positiver Selbstdarstellung. Er sieht sich sogar als einer der den Karren für Deutschland "aus dem Dreck zieht" und Boeckels damalige Ablehnung der Nationalsozialissten deutet er als dessen Unfähigkeit sich klar zu positionieren. Somit doch eine nicht zu unterschätzende kritische Aussage über den Mitläufer und seine Struktur.


Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Die 1000 Augen des Dr. Mabuse

























Regie: Fritz Lang

Der Superverbrecher kehrt zurück...

Dr. Mabuse ist eine um 1919 von dem Luxemburger Schriftsteller Norbert Jacques erfundene literarische Figur eines Superverbrechers. Seine Figur nahm auf einer Fähre über dem Bodensee Gestalt an. Der Autor bemerkte den belebten Umschlagplatz für den in hoher Blüte stehenden Schwarzhandel. Einer der Mitpassagiere, der sich als Schieber herausstellte, inspirierten ihn von der Statur und dem Gesicht so sehr, dass er gedanklich immer mehr zu dieser Phantasiefigur Mabuse wurde.  Der Roman erschien dann 1921. Dr. Mabuse war geboren, dieses Genie, das mit seiner Energie und Intelligenz Verbrechen begeht. Er wurde als Psychoanalytiker beschrieben, der zudem noch starke hypnotische Fähigkeiten besitzt. Ein Mann mit 1000 Gesichtern. Die Verfilmung ließ nicht lange auf sich warten: 1922 hatte Fritz Lang damit seinen großen Durchbruch und "Dr. Mabuse, der Spieler" wurde zum riesigen internationalen Erfolg. Einer der ganz großen Stummfilme der Weimarer Republik. 1932 schob Lang eine Fortsetzung nach, der Tonfilm "Das Testament des Dr. Mabuse" zeigt Mabuse als Wahnsinniger in einer Psychiatrischen Klinik, der an seinem Testament schreibt, eine Anweisung für Verbrechen und zur Errichtung einer unfassenden Herrschaft des Verbrechens.
Da nur allzu viele Parallelen auf Adolf Hitler gezogen werden konnten, der mein Kampf in Gefangenschaft schrieb, wurde der Film im Dritten Reich verboten. Diese Zensur verhinderte aber nicht das Prädikat des filmischen Meisterwerks. Nach dem Krieg sollte es noch 15 weitere Jahren dauern, bis dem Superverbrecher ein Kino-Comeback ermöglicht wurde. Wieder wurde für "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" Fritz Lang als Regisseur gewonnen, der 1960 in West-Berlin drehte.
Der Fernsehreporter Peter Barter recherchiert in einer extrem großen Sache. Er lässt seine Ergebnisse als Knüller des Jahres ankündigen. Doch soweit kommt es nicht. Die Fernsehansagerin teilt dem Zuschauer unter Tränen mit, dass der Reporter unterwegs zum Studio in seinem Auto verstorben ist. Zuerst sieht alles wie ein Unfall aus. Doch der blinde Hellseher Cornelius (Wolfgang Preiss) weiß mehr. Kurz bevor die Tat passierte, informierte er schon den überraschten Kommissar Jochen Kras (Gert Fröbe) und erzählt ihm von einem furchtbaren Verbrechen auf der Hansastraße. Also dort, wo Barter starb. Und tatsächlich entdeckt man im Hirn des Toten eine Stahlnadel. Die muss ihm direkt in den Kopf geschossen worden sein. BKA und Interpol nehmen die Ermittlungen auf.
Viele Hinweise führen die Ermittler ins Hotel Luxor. Dort sind eine Reihe von Verbrechen noch unaufgeklärt, auch Barter war in der Nacht vor seinem Tod dort. Derzeit hat sich der amerikanische Milliardär Travers (Peter van Eyck) einquartiert. Der muss auch gleich das Leben einer lebensmüden Frau (Dawn Adams) retten, die sich von der oberen Hoteletage in die Tiefe stürzen will. Diese Marion ist hübsch und Travers macht ihr den Hof. Doch sie gesteht ihm unglücklich mit einem klumpfüßigen Ehemann verheiratet zu sein, der sie ständig terrorisiert. Auch erinnern sich die Ermittler durch das Verbrechen an Barter an die Fälle des Dr. Mabuse aus den 20er und 30er Jahren, wo ähnlich gemordet wurde....


 Der Film ist zwar nicht so genial wie seine Vorgänger, aber aufgrund der guten Spannung wurde er ein riesiger Publikumserfolg. Er war zeitgleich wie die Edgar Wallace Filme erfolgreich in den Kinos und brachte es auf 5 Fortsetzunge. Mit der düsteren und bedrohlichen Stimmung hatte Produzent Artur Brauner ein originelles Gegenstück und sogar verwandtschaftliche Ergänzung zu den ironisch-distanzierten Wallace Filmen gefunden.


Bewertung: 7 von 10 Punkten.