Sonntag, 31. Januar 2016

Der Kuß vor dem Tode

























Regie: Gerd Oswald

Ein Student geht über Leichen...

Bei seinem Erscheinen musste Gerd Oswalds Technicolor-Thriller "Ein Kuß vor dem Tode" ziemlich viel Kritik einstecken. Man warf dem 1956 inszenierten Film vor, dass er kaum Spannung bieten würde und die Regie zwar dem großen Hitchcock nacheifern würde, aber dennoch recht hölzern bliebe. Dennoch hat der Film seine Vorzüge und auch tolle Momente. Besonders die Noir-typische Szene als Ellen Kingship (Virginia Leith) nachts in eine dunkle Gasse flüchtet und der unbekannte Verfolger ihr sehr nahe kommt wird immer mal wieder lobend erwähnt. Aber auch sonst findet man viele Noir Anteile, wie etwa die permant düstere Stimmung, obwohl der Film vielfach gerade am hellichten Tag beim schönstem Wetter mit blauem Himmel spielt. Die Bilder von Kiameramann Lucien Ballard erinnern daher optisch sehr stark an die Douglas Sirk Melodramen der 50er Jahre. Sehr innovativ finde ich die Entscheidung, dass statt einer Femme Fatale, wie üblich bei der schwarzen Serie, dieser Part von einem charmanten und äusserst manipulativen Collegeboy übernommen wird. Er ist der, der die Frauen abhängig machen kann für seine finsteren und geheimen Pläne. Robert Wagner spielt diesen Studenten Bud Corliss perfekt, der es auf das Vermögen des Industriellen Leo Kingship (George Macready) abgesehen hat. Auch die zweite tragende Männerfigur ist interessant gewählt. Denn der Dozent Gordon Grant (Jeffrey Hunter) wirkt etwas farblos und man hat das Gefühl, dass er sich mit Brille und Tabakpfeife extra etwas unscheinbar macht - er wird aber im Laufe des Films zu einer Schlüsselfigur und wirkt dann von Szene zu Szene attraktiver. Die Geschichte - basierend auf einen Roman von Ira Levin (Rosemarys Baby) - fängt mit einem Rendezvou der beiden Studenten Dorothy Kingship (Joanne Woodward) und Bud Corliss (Robert Wagner). Beide leben in Tuscon, Arizona und studieren auch dort. Die beiden sind heimlich ein Paar und Dorothy gesteht ihrem Lover unter Tränen, dass sie ein Kind von ihm erwartet, schon im zweiten Monat schwanger ist. Der beschwichtigt sie auch und gibt ihr zu verstehen, dass sich schon eine Lösung finden wird. Was das verliebte Mädchen nicht weiß? Bud hat es eigentlich nur auf die Erbschaft von Dorothy abgesehen und wollte Schwiegersohn des steinreichen Minenbesitzers werden. Mit dieser Schwangerschaft ist dieser Traum aber nun stark gefährdet, da Dorothy fast sicher glaubt, so von ihrem Vater enterbt zu werden, da dieser keine Schwächen und Fehler duldet. So hat er nach einem Seitensprung auch seine Frau und Mutter von Dorothy verstoßen. Bud fasst den Entschluß Dorothy zu töten. Alles soll so aussehen, dass sie Selbstmord begangen hat. Doch der Plan mit Gift, die er als Tabletten gegen Übelkeit ausgibt, misslingt. Er gerät in Zugzwang und so muss er sich auf andere Weise seiner ungeliebten Freundin entledigen. Er scheint das perfekte Verbrechen begangen zu haben, doch Ellen (Virginia Leith), die Schwester von Dorothy, glaubt nicht an den Suizid. Sie stellt Nachforschungen an...



Es gibt ein paar tolle Szenen, die auch an Hitchcock erinnern lassen. Zum Beispiel Buds Einbruch in die Fakultät der Chemie, er wird dabei beinahe erwischt. Einmal wird er von Gordon Grant mit Dorothy gesehen, auch diese Szene auf dem Campus ist gut gemacht und zeigt beide Männer, wie sie beide die gleiche Richtung - aber etwa 50 Meter voneinander entfernt - einschlagen und sich so kurz wahrnehmen.
Auch sein entsetzter Blick bei der Vorlesung als Dorothy reinkommt (dabei hatte er gedacht sie mit den Pillen getötet zu haben) ist eine perfekte und recht gruselige Filmszene. Hier wird deutlich, was sich für ein fieser Psychopath hinter dieser charmanten und smarten Maske verbirgt. So ist es nicht verwunderlich, dass er sein Vorhaben Erbe der Minenfabrik zu werden auch nach dem Tod von Dorothy nicht aufgibt. Schließlich hat der schwerreiche Daddy  noch eine weitere hübsche Tochter.
Diese Wendungen halten den Thriller stets abwechslungsreich und spannend, auch die tollen Bilder werten den Film deutlich auf. So kann man "Ein Kuß vor dem Tode" sicherlich zu den wenigen, aber gut gelungenen Technicolor-Noirs wie John Dahls "Todsünde" zählen. An den besten dieser Farb-Noirs "Niagara" reicht Gerd Oswalds Film aber nicht heran.



Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Freitag, 29. Januar 2016

Geheimagent T




















Regie: Anthony Mann

T-Man Dennis O´Brian...

Obwohl er für seine Western noch bekannter ist, darf man Anthony Mann sicherlich auch zu den wichtigsten Regisseuren des Film Noir zählen. Er begann seine Karriere tatsächlich als Filmregisseur für billige B-Pictures der schwarzen Serie. Sehr bald schuf er dann auch gerade auf diesem Gebiet einige unverzichtbare Klassiker des Genres wie "In der Klemme", "Der parfümierte Killer", "Flucht ohne Ausweg", "Schritte in der Nacht", "Das schwarze Buch" und "Geheimagent T". Wenn man seine Western ein bisschen näher unter die Lupe nennt, dann wird man zweifelsohne auch einige Noir Zutaten darin finden.
Der von John Alton fotografierte halbdokumentarische Film bezog seine Handlung aus authentischen Akten, die die Finanzbehörde zur Verfügung stellte. Dieser Film bedient sich eines Erzählers im Off, dessen Stimme durch die verschlungene Handlung bis zur glatten patriotischen Lösung des Falles führt. Zu den Studioaufnahmen war man aber auch bemüht durch eine ganze Reihe von Außendrehs in Los Angeles eine möglichst authentische, beinahe schon neorealistische Stimmung zu schaffen. Vor allem geht es Mann einmal mehr um die Psychologie seines Helden. Und dieser heißt Dennis O´Brian (Dennis O´Keefe) ein Beamter des Finanzministeriums, der gemeinsam mit seinem Kollegen Tony Genaro (Alfred Ryder) den gefährlichen Auftrag erhält, die Unterwelt Detroits und später eine Gangsterbande in Los Angeles zu infiltrieren, um damit einen landesweit tätigen Ring von Falschmünzern zu fassen. Dabei fällt es Genaro schwerer den Undercover-Job als Gangster zu erfüllen, denn er vermisst seine Frau Mary (June Lockhard). Tatsächlich gelingt es den beiden Polizeibeamten sehr glaubwürdig als Gangster rüberzukommen, so nimmt Gangsterboss Vantucci (Anton Costa) die beiden schnell in seine Gang auf. Die darauf folgende Operation in Los Angeles ist da schon etwas schwieriger. O´Brien versucht den Mittelsmann der beiden Banden zu finden. Er bekommt die Information, dass sich dieser sehr oft in den Dampfbädern der Stadt aufhält. Tatsächlich kann er den Mann (Wallace Ford) ausfindig machen. Langsam können die beiden Vertrauen zu Gangmitgliedern wie Moxie (Charles McGraw), Evangeline (Mary Meade) oder Diana Simpson (Jane Randolph) gewinnen. Doch der Weg schritt für Schritt bis an die Spitze der Organision vorzudringen, birgt auch Gefahren...


 
 Der Film ist sehr kühl konstruiert und setzt sowohl auf eine beklemmende Gewalt als auch auf die Psyche der Charaktere. Die beiden Beamten werden als Männer gezeigt, die zu allem entschlossen bereit sind und selbst Folter mit nahezu stoischer Ruhe ertragen um an ihr Ziel zu kommen. In einer Szene des Films wird O´Brian auf einer schmutzigen Toilette einer Kneipe von einer großen Gruppe von Männern brutal zusammengeschlagen, weil er Falschgeld unter die Leute brachte. Dieser Vorfall wurde aber von dem Beamten eingefädelt, um sich bei den Gangstern Glaubwürdigkeit zu verschaffen. Mann inzenierte den Beamten auch zwiespältig, denn es fällt O´Brien sichtlich nicht schwer sich wie ein Gangster zu benehmen, er kleidet sich wie einer und redet wie einer. Die Szene als sein Partner enttarnt wird und von den Gangstern ermordet wird, ist dabei besonders unangenehm. Er unternimmt nichts, um seinen Freund zu helfen, weil das seine eigene Enttarnung platzen lassen würde. Der Auftrag geht also über alles. Am Ende sagt die Off-Stimme noch, dass der traurigen Mrs. Genaro vielleicht der Trost bleibt, dass ihr Mann für eine gute, höherwertige Sache gestorben sei. Ein klasse Noir Film über die verkommene und brutale Unterwelt der Metropolen.


Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Donnerstag, 28. Januar 2016

Straße ohne Namen

























Regie: William Keighley

Die Bande von Alec Stiles...

In den späten 40er Jahren war die Hochblüte der schwarzen Serie, aber auch Gangsterfilme mit dokumentarischem Einschlag waren in der Publikumsgunst beliebt. Neben Henry Hathaways "Kennwort 777" hatte auch William Keighleys "Straße ohne Namen" einen guten Erfolg an der Kinokasse. In dem etwas umstrittenen Klassiker wird die Arbeit des FBI (Federal Bureau of Investigation) dargestellt. Das bietet einerseits die Möglichkeit Verbrechen auf die Art darzustellen, wie sie sich in Wirklichkeit abspielten, andererseits wurde das FBI natürlich auch im besten Licht dargestellt. So könnte man sicherlich kritisieren, dass "Straße ohne Namen" vielleicht zu sehr als unreflektierte FBI-Propaganda wirkt, denn der immer wieder im Film erwähnte J. Edgar Hoover war - wie wir heute wissen - eine sehr zwielichtige Figur. Immer wieder zeigte seine Persönlichkeit auch unschöne Facetten, er galt als Manipulator, der Politiker für sich ausnutzte und auch die Presse mit eigens vom ihm ausgewählten Informationen versorgte.  Dennoch ist "Straße ohne Namen" zweifelsohne ein spannender Polizeifilm, der vor allem durch die brilliante Darstellung von Richard Widmark als Gangsterboss zusätzlich aufgewertet wird. Trotz der erwähnten fehlenden Reflexion ist es auch sehr interessant, die Methoden des FBI kennen zu lernen. William Keighley verwendet anfangs die nötige Zeit, die technischen Untersuchungen im Labor des FBI darzustellen und dem Zuschauer zu zeigen. Auch der Korruptions-Aspekt spielt in diesem Film eine gewichtige Rolle – hier ist der hinterhältige Mann im Hintergrund sogar der Chef der städtischen Polizei von Center City, der dem Gangsterboss Informationen zuspielt. Da kann nur noch das FBI heflfen, so die Botschaft. Und diese Hilfe taucht auf in der Gestalt von zwei Undercover-Agenten. Sie sollen den Mord an einer Hausfrau und an einem Wachmann klären - beide sind bei einem Raubüberfall von den brutalen Gangstern erschossen worden. Gene Cordell (Mark Stevens) hat die Aufgabe mit seinen gefälschten Papieren einen Mann mit kriminellem Feedback zu mimen, um sich in die Bande von Alec Stiles (Richard Widmark) einzuschleichen. Sam Faxon (John Intire) ist der Mittler - ein Undercover-Beamter, der die Informationen von Cordell an die Dienststelle weiterleiten. Beide Männer haben sich nicht unweit voneinander jeweils in einem Hotelzimmer im Milieu eingemietet. Leiter des gefährlichen Unternehmens ist FBI Inspektor George A. Briggs (Lloyd Nolan). Stiles ist zwar verheiratet, schart aber gerne gut aussehende junge Männer um sich (Donald Buka,. Joseph Pevney, Vincent Donahue, Sam Edwards) und ist Chef der Boxhalle. Dort kann der Undercover-Agent Cordell im Boxring auf sich aufmerksam machen. Es dauert daher auch nicht lange, da fragt Stiles, ob Cordell nicht in seine Mannschaft aufgenommen werden möchte. Der Beamte sagt natürlich zu und so kommt es zum nächsten Beutezug. Leider kommt es nicht zum geplanten Zugriff des FBI, da Stiles von seinem Informant gewarnt wird. Der glaubt zunächst, dass seine frustierte Ehefrau Judy (Barbara Lawrence) der Polizei einen Tipp gegeben hat. Dann aber erhärtet sich bald sein Verdacht, dass "Der Neue" ein Spitzel sein könnte...


William Keighley gelingt eine dauerhafte starke Atmosphäre, die Stimmung bleibt durchgehend beklemmend. Und man fiebert auch mit dem Helden mit, auch wenn Mark Stevens (Feind im Dunkel, Die Schlangengrube) im Vergleich zu Widmark doch recht blass bleibt. Die Kriminalhandlung in "Straße ohne Namen" erinnert an den Gangsterfilm der Dreißiger, dem oft der mahnende Zeigefinger der staatlichen Autorität voran gestellt worden war. 1955 drehte Samuel Fuller in Farbe und in Cinemascope ein in Japan angesiedeltes Remake als Tokio Story. Wenn man sich den Propagandafilm wegdenkt, dann bleibt aber immer noch ein hochspannender Gangsterstreifen übrig. Bereits mit "Das Haus in der 92. Straße" war der Kommunistenhasser und FBI Direktor Edgar J. Hoover ins Filmgeschäft eingestiegen. Er warnt hier eindringlich die Bürger Amerikas vor dem Verfall und der steigenden Kriminalität...auf diesen Straßen ohne Namen. Amerika muss wachsam bleiben.



Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.

Mittwoch, 27. Januar 2016

Faust - Eine deutsche Volkssage

























Regie: Friedrich Wilhelm Murnau

Ein verhängnisvoller Pakt...

"Faust - eine deutsche Volkssage" entstand 1926 und gilt als eines der größten Meisterwerke des Filmpioniers Friedrich Wilhelm Murnau, der im Alter von 43 Jahren auf tragische Weise bei einem Autounfall in Santa Barbara, Kalifornien starb. Seine Filme waren geprägt vom Expressionismus, seine psychologische Bildführung und die damals revolutionären Kamera- und Montagearbeiten waren für die damalige Zeit bahnbrechend und eröffneten dem Film-Medium, das noch in den Kinderschuhen stand, völlig neue innovative Möglichkeiten. Dies kann man auch in "Faust" bewundern, denn eine Szene dokumentiert vielleicht am stärksten die Zusammenarbeit zwischen Architektur und Kameraführung: Der Flug Mephistos (Emil Jannings) und Fausts (Gösta Ekman) auf dem Mantel Mephistos nach Parma. Diese Sequenz setzt sich aus einer ganzen Reihe von Spezialeffekten zusammen. Für den "Abflug" wurden Jannings und Ekman auf dem Mantel stehend vor einem schwarzen Hintergrund gefilmt. Die Kamera bewegte sich dann in schneller Fahrt vor ihnen fort. Die Aufnahme wurde anschließend über das zuvor zersprungene Fenster kopiert und so entsteht der Eindruck, dass sich nicht die Kamera entfernt, sondern die Darsteller auf dem Mantel Mephistos. Für den eigentlichen Flug war dann noch zusätzlich ein Wagen notwendig, auf dem die Kamera platziert wurde. Dieses Gefährt war eine Konstruktion von Kameramann Carl Hoffmann.
Diesen hätte Murnau durch den Amerikaner Charles Rosher ersetzen sollen, denn das war die Bedingung dafür, dass der damals große Hollywoodstar Lilian Gish die Rolle des Gretchens übernommen hätte. Er hat dann schließlich abgelehnt, was dann zur großen Chance der Filmdebütantin Camilla Horn wurde, die in dieser Rolle glänzte.
Goethes berühmtes Werk ist von Anfang bis Ende in spektakuläre Szenen eingebettet, was bereits beim Auftakt sichtbar wird. "Aufgetan sind die Pforten der Finsternis und die Schrecken der Völker jagen über die Erde..." der Zuschauer wird konfrontiert mit dem ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Licht und Dunkelheit. Die vier apokalyptischen Reiter erscheinen, der Satan breitet seine mächtigen Schwingen über die Welt. Doch der Erzengel (Werner Fuetterer) stellt sich dem Kampf um die Seele der Menschen.
Der alte Alchemist Faust (Gösta Ekman) lebt in der Zeit als sich das Mittelalter verabschiedet und langsam die Neuzeit beginnt. Um seine von der Pest bedrohten Mitbürger zu retten, verschreibt er sich für einen Tag dem Teufel (Emil Jannings). Er rettet einen Totkranken und wird sofort von der Menge als Retter und Heiler umjubelt. 
Doch eine weitere Heilung kann er nicht vollbringen, weil die Kranke ein Kreuz in der Hand hält. Jetzt will die Menge Faust steinigen, er rettet sich in sein Studierzimmer. Mephisto gibt ihm zu verstehen, dass dieser Probetag noch nicht zu Ende ist und macht ihm nun das Ideal der Jugend schmackhaft. So wird Faust wieder zum jungen Mann. Mit der Jugend wird auch Reichtum und Macht geschenkt.Am Abend will Faust auf diese Jugend auch nicht mehr verzichten. Der Pakt mit dem Teufel ist gemacht.  Er kann aber die Herzogin von Parma (Hanna Ralph) für sich gewinnen und entführen - durch eine List von Mephisto, der ihren Mann (Eric Barclay) aus dem Wege räumt. Nach der Rückkehr in die Heimat trifft er in der Stadt das junge Gretchen (Camilla Spira), die gerade in die Kirche will.
Er verliebt sich in sie.  Mit Mephistos Trick kommt ein Zusammentreffen mit Gretchen im Garten von Marthe Schwerdtlein (Yvette Guilbert) zustande. Auch das Mädchen verliebt sich in ihren Verehrer und gewährt ihm schließlich Zugang zu ihrer Kammer. Doch Mephisto ist daran gelegen, dass das Liebespaar entdeckt wird. Er lässt durch einen Wind die Mutter (Frida Richard) erwachen und lockt Gretchens Bruder Valentin (Wilhelm Dieterle) aus dem Wirtshaus nach Hause. Es kommt zum Kampf zwischen Valentin und Faust, doch Mephisto tötet Valentin im Hintergrund und ruft noch in der Nacht in der ganzen Stadt den Mord aus. Faust muss flüchten. Gretchen kommt an den Pranger und bringt ein Kind zur Welt. Sie irrt mit dem Neugeborenen durch den Schnee. Ihr Geist ist inzwischen verwirrt. Sie sieht eine Wiege und legt dort das Kind hinein. Aber in Wirklichkeit ist es ein Schneehaufen und das Kind stirbt. Nun wird sie als Kindsmörderin auf dem Scheiterhaufen sterben müssen. Angesichts des Leids, dass seine Jugend hervorgebracht hat, verflucht Faust seine Jugend. Er steigt zu ihr als alter Mann auf den Scheiterhaufen. Dadurch wird er von der Sünde befreit und entsühnt. Am Ende treffen sich Erzengel und der Feind aus der Finsternis noch einmal. Dort wird dem Teufel klar gemacht, dass alle seine Bemühungen ins Leere laufen, wenn die Kraft der "Liebe" geübt wird. Der Teufel kennt dieses Wort nicht...



"Faust - Eine deutsche Volkssage" ist einer der besten Stummfilme der Weimarer Republik. Der Film ist auch heute noch faszinierend und ungeheuer atmosphärisch. Eine wesentliche Rolle für diese Dichte und Tiefe wurden durch die Bauten erreicht. Robert Herlth und Walter Röhrig entwarfen u.a. eine mittelalterliche Stadt mit spitzen Gibeln, dunklen Winkeln und treppenartigen Straßen. In dieser engen Welt beginnt und endet das religiös-philosophische Drama. Die suggestive Stimmung wird dabei immer wieder mit praller Action erweitert. Umso erstaunlicher, dass "Faust" ein reines Studio Projekt ist. Für Murnau war es wichtiger, Schatten zu machen als das Licht zu stellen. Es wird Nacht, als Mephisto sienen Mantel über die Stadt ausbreitet. Schatten sind die Vorboten für die Pest. Natürlich darf Emil Jannnings nicht unerwähnt bleiben - er liefert einen brillianten "Mephisto" ab und glänzt in seiner Rolle. Auch seine Kostümierungen sind legendär, sowohl als alter, furchterregender Gnom mit stechenden Augen als auch als Junker mit Feder, Degen und spitzem Hut. Ein paar Jahre später sollte er der erste Schauspieler und bis heute immer noch einzige Deutsche sein, der den Oscar erringen konnte.


Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Montag, 25. Januar 2016

Die Abenteuer des Prinzen Achmed

























Regie: Lotte Reiniger

Schattentanz aus Tausendundeiner Nacht...

"Die Abenteuer des Prinzen Achmed" aus dem jahr 1926 gilt als erster abendfüllender Animationsfilm der Filmgeschichte. Der Silhouettenfilm von Lotte Reiniger erzählt mit viel Phantasie und poetischen Szenen den Kampf zwischen Gut und Böse nach den bekannten Märchengeschichten aus "Tausendundeiner Nacht". Wobei im besonderen Elemente von "Aladin und die Wunderlampe" in die Handlung eingeflochten wurden. Die Arbeit am Film dauerte 3 Jahre lang. In den Jahren 1923 bis 1926 entstanden dabei etwa 250.000 Einzelaufnahmen auf einem Tricktisch, fast 96.000 Frames fanden dann für den Film eine endgültige Verwendung. Lotte Reiniger erdachte sich die Geschichte, zeichnete zunächst die Figuren, entwarf die Szenarien. Dann wurden Figuren, Hintergründe und Landschaften hergestellt. Es waren Figuren aus schwarzem Photokarton, die mit einer Schere ausgeschnitten wurden und danach mit wurden die einzelnen Glieder mit Draht verbunden, um sei für die Aufnahmen animieren zu können. Als Hintergrund wurden transparente Lagen aus Butterbrotpapier verwendet. Die Landschaften, Städte und die orientalischen Interieurs wurden kunstvoll mit der Schere gestaltet. Dann wurde alles auf einem von unten beleuchteten Tricktisch positioniert, über dem sich die fest installierte Kamera befand. Die Figuren wurden von Hand Aufnahme für Aufnahme bewegt. Lotte Reinigers Mann Carl Koch überwachte die Technik und Organisation Der Filmpionier Walther Ruttmann (Berlin - Die Symphonie einer Großstadt) zeichnete für die Gestaltung der Hintergründe. Berthold Bartosch imaginierte die Wellenbewegungen des Seesturms. Für die Musik war Wolfgang Zeller zuständig. Zum ersten Mal wandte sich der Musiker der Komposition für einen Film zu und die Voraussetzungen konnten idealer nicht sein, denn er schuf den Score frei von zeitlichem Druck und in künsterischer Freiheit. Ein böser afrikanischer Zauberer hat einen noch böseren Zauber ersonnen. Die Gelegenheit ist günstig: Ein Fest zu Ehren des Kalifen findet statt. Er bietet dem Kalifen bei dessen Geburtstag ein Zauberpferd an... als Tausch für seine Tochter Dinarsade. Es gelingt dem Zauberer den misstrauischen Prinz Achmed, Bruder von Dinarsade, auf das fliegende Pferd zu locken. Das wird dann auch zum Beginn einer langen abenteuerlichen Reise für den Prinzen, denn das Pferd reitet immer weiter auf in die Lüfte und gerät schließlich über die Wolken und außer Sicht. Daraufhin wird der Zauberer festgenommen und gibt zu erkennen, dass er dem Prinzen nicht mitgeteilt hatte, wie er das Pferd wieder zu Boden bringen kann. Der Prinz landet schließlich auf der Insel Wak Wak und verliebt sich dort in die Fee Pari Banu, die er mit auf die Reise nimmt. Doch der Zauberer ist nicht weit. Er entführt die Schönheit und schenkt sie dem Kaiser von China als Sklavin. Prinz Achmed wird vom Zauberer gefangengenommen. Doch Hilfe naht in der Gestalt einer guten Hexe vom Flammenberg, die Achmed befreit. Nun muss er nur noch Pari Banu retten. Dazu braucht er aber unbedingt Aladin und seine Wunderlampe. Dieser erzählt Achmed seine Schicksalsgeschichte, die sich mit dem Schicksal von Achmed kreuzen soll...


Lotte Reinigers Figuren tauchen mittels dieses Stop-Motion-Verfahrens aus den Schatten auf und verschwinden wieder wie durch Magie. Häufig ändern sie auch ihre Gestalt. Ein eindrucksvoller Tanz der Schatten ist gegenwärtig. Schwindelerregende Action-Sequenzen wechseln sich mit einer märchenhaften Romantik ab, der Wechsel beider Komponenten bestimmt auch den Rhythmus des gesamten Films. Seine Poesie und die bezaubernden Figuren machen den Film auch heute noch immer zu einem Erlebnis. Die Scherenschnitte sind genial. Sie strahlen jede Menge Zartheit und Anmut aus.


Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Angelockt

























Regie: Douglas Sirk

Gedichte des Mörders...

Der UFA-Regisseur Detlef Sierk verließ Deutschland 1937, da seine Frau Hilde Jary Jüdin war. Er hielt sich zuerst in Frankreich auf, später siedelte er in die USA um. Dort nannte er sich um in Douglas Sirk und versuchte sich zunächst als Drehbuchautor. Es dauerte aber bis 1943 mit seiner ersten Regiearbeit. Die MGM verpflichtete ihn für den Anti-Nazi Film "Hitlers Madman", der von Reinhard Heyrich handelte. "Sommerstürme" brachte ihm gute Kritiken ein und bevor er in den 50er Jahren mit seinen Technicolor-Melodramen wie "Solange es Menschen gibt", "In den Wind geschrieben" oder "Was der Himmel erlaubt" Weltruhm erlangte, versuchte er sich auch Ende der 40er Jahre im Genre der schwarzen Serie. Dabei sind beide vielleicht etwas zu soft und unentschlossen um zu den besten Arbeiten in dieser Filmgattung zu zählen, aber beide Filme sind es wert, dass man einen Blick darauf wirft.  Der bekanntere ist sicherlich "Schlingen der Angst", in dessen Verlauf Don Ameche versucht seine ahnungslose Frau, gespielt von Claudette Colbert, in den Wahnsinn zu treiben. Ein paar Monate früher entstand "Angelockt" - ein Serienkillerfilm, der im vernebelten London spielt.
Seit längerem beschäftigt dort ein Mörder die Männer von Scotland Yard. Doch selbst der versierte Inspektor Harvey Temple (Charles Coburn) ist ratlos. Es gibt nur wenige Anhaltspunkte. Immerhin ist bekannt, dass der Serienkiller im Vorfeld seiner geplanten Morde verschlüsselte Gedichte an die Behörde schreibt. Darin enthalten sich Hinweise auf seine bevorstehenden Taten. Man kann zwar schnell die Eigenheiten der Schreibmaschine erfassen, aber eine Entschlüsselung scheint kaum möglich. Immerhin wird ersichtlich, dass der unbekannte Mörder ein Fan des Dichters Charles Baudelaire sein muss. Dessen Stil versucht er in seinen Reimen zu kopieren. Doch schon wieder verschwindet mit Lucy Barnard (Tanis Chandler) ein weiteres Mädchen. Ihre beste Freundin Sandra Carpenter (Lucille Ball) ist ebenso wie die Vermisste eine Taxitänzerin. Sandra nimmt Kontakt mit der Polizei auf und erzählt davon, dass Lucy von einem Rendezvous berichtete, dass sie  mit diesem Mann ihrer Träume ein neues Leben beginnen würde. Kennengelernt habe sie diesen "John" über eine Kontaktanzeige, die sie in der Zeitung gelesen und auf die sie sich gemeldet habe.
Sandra kann der Polizei zwar nicht mit weiteren wichtigen Informationen dienen, aber durch ihr attraktives Äusseres scheint sie genau der Typ Frau zu sein, den die Polizei als Lockvogel für den Killer benötigt. So wird Sandra spontan von Temple eingestellt. Sandra geht auf das Angebot ein, obwohl sie ein Vorstellungsgespräch bei dem Nachtclubbesitzer Robert Fleming (George Sanders) gehabt hätte. Stattdessen trifft sie sich mit Männern, die über eine Kontaktanzeige in der Zeitung nach einer jungen Frau Ausschau halten. Schon sehr bald erweist sich dieser Job als recht aussergewöhnlich und bisweilen auch als gefährlich, denn Männer wie Charles van Druten (Boris Karloff), Lyle Maxwell (Alan Mowbray) oder Dr. Moriany (Joseph Calleia) haben sonderbare Wünsche. Doch kommen sie auch als Täter in Frage ? Bei einem dieser Verabredungen lernt sie zufällig auch Fleming kennen und...lieben. Nach kurzer Zeit zieht sie in sein Junggesellendomizil, dass er bislang mit seinem besten Freund und Geschäftspartner Julian Wilde (Cedric Hardwicke) teilt...


 "Lured" - so der Originaltitel von "Angelockt" wirkt optisch sehr gut mit den stimmungsvollen Fotografien durch den Kameramann William H. Daniels. Der Film ist eine Art Remake des französischen Thrillers "Mädchenhändler" von Exil-Regisseur Robert Sidomak. London erscheint typischerweise im Nebel und so entsteht auch eine gotisch angehauchte Bildmagie, bei der der Zuschauer sofort an Jack the Ripper denkt. An einer immensen Spannung ist Douglas Sirk aber weniger interessiert, daher gestaltet sich die Mördersuche auch etwas skurril und humorvoll, wenn man an die bizarre Einlage von Boris Karloff denkt. Zunehmend dichter gestaltet sich die Geschichte aber mit der Liebesgeschichte, denn hier kann Douglas Sirk der interessantesten Figur der Geschichten Konturen geben. Natürlich braucht es dazu auch einen brillianten britischen Theater-Darsteller wie Sir Cedric Hardwicke, der als Julian Wilde eine oscarreife Darstellung bietet.
Insgesamt erweist sich "Angelockt" als sehr stimmungsvoller Krimiklassiker, der leider in Vergessenheit geraten ist, aber prächtige Midnight-Movie Unterhaltung bietet.


Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.