Dienstag, 2. Februar 2016

Das Erbe des Blutes

























Regie: Vincente Minelli

Patriarch und Vater...

Die Filme von Vincente Minelli sind vor allem visuell sehr betörend gestaltet. Er selbst verwendete in Bezug auf seine Filme häufig die Wörter "beauty" und "magic" - der Zuschauer sollte einfach ins Staunen kommen bei den total schönen Filmbildern. Vor allem in seinen Technicolor-Filmen ist diese Machart auffällig. Seine größten Erfolge hatte er mit Musicals wie "Gigi", "Ein Amerikaner in Paris", "Brigadoon" und "Meet me in St. Louis" oder in Feel Good Comedys wie "Vater der Braut" oder "Warum hab ich ja gesagt ?". Er konnte aber auch mit ernsthafteren Themen überzeugen: "Stadt der Illusionen", "Verdammt sind sie alle" oder "Anders als die anderen" wurden ebenfalls zu unvergesslichen Klassikern. Etwas weniger bekannt ist das opulente Südstaatendrama "Das Erbe des Blutes" aus dem Jahr 1959. Wie alle seine Filme ist auch dieses Melodram in Kostümen und Sets aufwändig ausgestattet.
Der Film lief 1960 als offizieller amerikanischer Beitrag im Wettbewerb von Cannes, konnte dort aber nicht besonders begeistern. Vielleicht lag es daran, dass sich im Kino ein Wandel vollzog, weg von den Märchen, Träumen und Mythen in Technicolor..die Zuschauer wollten realistischere Filme sehen, der Siegeszug des Free Cinema, der Nouvelle Vague, und des Autorenfilms hatte begonnen.
Erzählt wird die Geschichte es Südstaaten-Familienpatriarch. Dieser Captain Wade Hunnicut (Robert Mitchum) ist ein Mann, der in der ganzen Region geachtet und sogar gefürchtet wird. Ein starker Mann, der gerne auf die Jagd geht und mit seinen Tiertrophäen prahlt, aber auch ein unverbesserlicher Schürzenjäger. Die Männer der Stadt bewundern und beineiden ihn sogar dafür, aber es besteht auch immer eine gewisse Furcht, weil der Captain auch schon diverse verheiratete Frauen heimlich besucht hat. Mit seiner Frau Hannah (Eleanor Parker) hat er aber ein neurotisches Verhältnis. Sie hat ihm nie verziehen, dass er sie schon gleich nach der Ehe betrogen hat und mit dieser Frau ein uneheliches Kind hat. Da Hannah selbst ein Kind erwartete, verließ sie ihren Mann nicht - doch ihr Schlafzimmer blieb seither verschlossen. Inzwischen ist der junge Theron (George Hamilton) 17 Jahre alt und er ist das krasse Gegenteil seines machohaften Vaters. Der wird in einer der ersten Szenen des Films bei der Jagd von einem wütenden jungen Ehemann angeschossen. Zum Glück kann der junge Rafe Corley (George Peppard) den Captain in letzter Sekunde retten. Rafe ist der uneheliche Sohn des Patriarchen, der ihn zwar wegen seiner Stärke schätzt, aber ihn nie als Sohn anerkannt hat. Die Vaterschaft wurde die ganze Zeit verschwiegen, immerhin arbeitet Rafe, der aber weiß wer sein Vater ist, als Stallbursche für den Captain. Bald wird Theron Opfer eines Streichs seiner Vorabeiter, bei dem sich der sanfte Junge ziemlich blamiert. Er will nun in die Fußstapfen des starken Vaters treten und ein richtiger Mann werden. So muss er erfolgreich die Jagd absolvieren. Ausserdem verliebt er sich in die gleichaltrige Libby Halstead (Luana Patten). Als der siebzehnjährige Theron hinter das Familiengeheimnis kommt, nimmt die Tragödie ihren Lauf....



"Das Erbe des Blutes" knüpft an die überlebensgroßen Familientragödien wie "Die Katze auf dem heißen Blechdach", "Giganten", "Weites Land" oder "Der lange heiße Sommer" an und hat eine epische Laufzeit von beinahe 2 1/2 Stunden. In der Rolle des Wade Hunnicuts glänzt der großartige Robert Mitchum. Man nimmt ihm den patriarchischen Machismo sofort ab. Sein Gesellschaftszimmer ist mit Waffen und Tiertrophäen an den Wänden behangen. Das Herzstück des Männerzimmers ist ein Altar-ähnlicher Kamin. Dort lebt der einsame Wolf mit seinen drei Jagdhunden. Seine Frau geht ihm aus dem Weg und widmet sich der Erziehung des Sohnes, der ganz anders werden soll als ihr Mann. Auch Eleanor Parker brilliert in einigen Szenen. Auch George Hamilton und George Peppard spielen erstklassig. Der bildgewaltige Film erinnert auch mit seinem klaustrophobischen Blick auf die Kleinstadt an die Melodramen von Douglas Sirk, die genauso opulent aussehen. Wenn "Verdammt sind sie alle" der beste Film von Vincente Minelli ist, dann ist "Das Erbe des Blutes" vielleicht sein verkanntester. Erst als der Patriarch am Ende stirbt, kann sich etwas neues herausentwickeln. Genau wie der Roman "Die Schuld der Väter" von William Humphrey ist auch Minellis Filmversion als griechische Tragödie angelegt.



Bewertung: 8 von 10 Punkten.

1 Kommentar:

  1. Dieser Film war viele Jahre lang mein unangefochtener Favorit. Ich bewundere das Drama zwar heute noch, jedoch habe ich mittlerweile eine kritische Distanz gewonnen, die es mir ermöglicht hat auch einige dramaturgische Schwächen daran zu erkennen, insbesondere eine Tendenz zur Schwülstigkeit, was natürlich in der Zeit begründet liegt, als der Film fürs Kino produziert wurde. Eine seiner grössten Stärken hingegen ist zweifellos der Dialog; auch der Filmmusik, welche die Handlung mitträgt, muss ich meine Bewunderung ausdrücken. Soweit ich mich erinnere ist dies einer der ersten Filme in denen George Hamilton mitgespielt hat und zweifellos eine seiner hervorragendsten Leistungen – abgesehen von seinen Auftritten in der TV-Serie Colombo.

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