Donnerstag, 13. Juni 2013

Heimliche Freundschaften


Regie. Jean Dellanoy

Verbotene Liebe...

Interessanterweise gilt beides: Einerseits hat der Zahn der Zeit an Jean Delanoys provokantestem Werk genagt, andererseits dürfte er aufgrund von Schutzalterbestimmungen und einer zum Glück erhöhten Sensibilität auf Kindesmißbrauch im Jahr 2012 wieder kontroverser erscheinen.
Denn die Liebe des 17jährigen Aristokratensohns Georges de Sarre (Francis Lacombrade) gilt einem viel jüngeren 12jährigen Jungen, seit er diesen engelsgleichen Jungen bei einer Prozession in seinem katholischen Internat erblickte.
Wir sind im Frankreich, irgendwann in den 20iger Jahren des 20. Jahrhunderts: Sensibel und spießbürgerlich wie Georges erzogen wurde, ist ihm der rüde Umgang seiner Mitschüler anfangs zuwider. Gleichermaßen schockiert wie fasziniert entdeckt er bald einen Liebesbrief seines Klassenkameraden Lucien Rouvière (François Leccia), der sich an das Klassenoberhaupt André Ferron (Gérard Chambre) richtet. Er gibt den Geistlichen einen Tipp, denn er hält das Treiben selbst für Sünde. Bis es ihn - wie bereits erwähnt - selbst erwischt. Doch die Schwärmerei für den wesentlich jüngeren Alexandre Moutier (Didier Haudepin) kann man beinahe als reine Liebe bezeichnen, man trifft sich heimlich und die Zärtlichkeiten beschränken sich auf Liebesbriefe oder Blutsbrüderschaft zelebrieren. Ein Entdecken wäre aber schrecklich, denn da schwingt ja - zumindest beim Älteren - eine immer deutlichere sexuelle Komponente mit, die er versucht zu unterdrücken, während der kleine Alexandre vor allem schwärmt und seinen heimlichen Freund als Vorbild sieht.
Pater Trennes (Michel Bouquet) ahnt etwas von der verbotenen Liason und spioniert den Jungs nach, seine Motivation ist nicht nur auf den seelsorgerischen Aspekt beschränkt. Bald wird die Beziehung von den strengen Padres entdeckt. Es folgt die menschliche Katastrophe...


Jean Dellanoy drehte Filme wie "Der Glöckner von Notre Dame" oder "Kommissar Maigret stellt eine Falle" , das 1964 entstandene Jugenddrama "Heimliche Freundschaften" ist der einzige Skandalfilm in seiner Filmografie.
Trotz der zurückhaltenden Vorgehensweise hat der französische Auftragsfilmer Jean Delannoy einen Fixpunkt, der vermutlich auch heute wieder besorgniserregend wirken könnte. Sein Internatsdrama erzählt nicht von einer homosexuellen Liebe zwischen Schüler und Lehrer sondern von eiem 17jährigen Schüler zu einem 13 jährigen Jungen, der noch Kind ist. In diesem brisanten Ansatz setzt Delannoy ein Plädoyer für die Gefühle junger Menschen, die meistens ganz anders besetzt sind, als die Erwachsenen sie bewerten. Vermutlich galt es 1964 eine Kritik gegen allzu strenge Moralvorstellungen seitens der Kirche zu setzen. Mehr und mehr haben sich die Erziehungsmethoden geändert. Was bleibt sind wohl die ambivalenten Gefühle die ma an der Schwelle zum Erwachsenwerden empfindet.

Bewertung: 7 von 10 Punkten.

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