Montag, 22. Dezember 2014

Die Nibelungen

























Regie: Harald Reinl

Siegfried und Krimhild...

Das Nibelungenlied ist ein mittelalterliches Heldenepos und entstand vermutlich zu Beginn des 13. Jahrhunderts, wurde in Mittelhochdeutsch aufgeschrieben, doch der Stoff selbst ist bedeutend älter. Im 19. Jahrhundert erlangten die Verse den Status eines Nationalepos, Siegfried als Bezwinger des Drachen wurde zum Nationalheld. Aufgrund der riesigen Erfolge mit Karl May Filmen seines früheren Mitarbeiters Horst Wendland wagte sich Artur Brauner, der auf den Zug aufsprang und mit "Der Schut", "Old Shatterhand" oder "Durchs wilde Kurdistan" selbst einige davon produzierte, an ein überaus ambitioniertes Projekt heran: Der Verfilmung des Nibelungenliedes als romantisches Liebesdrama.  
Im Königshof in Worms lebt die schöne Krimhild (Maria Marlow) mit ihren drei Brüdern Gunther (Rolf Henniger), Gernot (Fred Williams) und Giselher (Mario Girotti alias Terence Hill), die ihre Vormunde sind. Gunther ist der König von Worms und kann dabei auf seinen treuesten Gefolgsmann Hagen von Tronje (Siegfried Wischnewski) immer zählen. Der mächtige Ritter ist ein Verwandter des Königs und darüberhinaus sein wichtigsten Ratgeber.
Zur gleichen Zeit erzählt man sich am Hof die Heldentaten des jungen Siegfrieds von Xanten (Uwe Beyer), der den Drachen Fafnir besiegen konnte und anschließend in dessen Blut badete, was ihn unverwundbar werden ließ. Ein herabfallendes Blatt, dass sich vor dem Blutbad auf seinem Rücken festgesetzt hatte, sorgte aber für eine Schwachstelle in der Unverwundbarkeit seines athletischen Körpers. Der Held eroberte anschließend vom Zwergenkönig Alberich (Skip Martin) den Nibelungenhort und stiehlt ihm seine kostbare Tarnkappe, mit der sich der Besitzer unsichtbar machen kann.
Und da dies noch nicht Heldentaten genug sind, erweckt er noch im fernen Island die schöne Königin Brunhild (Karin Dor) mit einem Ring aus ihrem tiefen, tausendjährigen Schlaf und gewinnt so ihre Liebe für sich, was schließlich der Ausgangspunkt für die folgende Tragödie ist. Denn die Liebe bleibt einseitig - Siegfried verliebt sich am Königshof in Worms - nachdem er dort erorbern wollte, aber sich mit König Gunther angefreundet hat - in dessen Schwester Krimhild, um die auch der Hunnenkönig Etzel (Herbert Lom) durch einen Boten wirbt. Gunther willigt in eine baldige Vermählung der beiden Liebenden ein, doch zuvor muss der starke Siegfried ihm helfen bei seinem Werben um Brunhild. Die kann nur einen Mann heiraten, der sie in drei kämpferischen Disziplinen schlägt. Denn ein Gürtel, ein Geschenk der alten Götter, hat ihr Superkräfte verliehen. Mittels Tarnkappe hilft Siegfried bei den drei Kämpfen seinem Freund Gunther und so wird durch geschickte Manipulation die Heirat mit der schönen Island Königin forciert. Diese vermutet zwar eine Hexerei, kann es aber nicht beweisen. So wird sie zwar Gunthers Frau, aber nicht sein Weib. Am Wormser Hof gibts natürlich Eifersüchteleien der beiden Frauen. Als sie erkennt, dass sie von Siegfried und Gunther betrogen wurde, schwört sie Rache. Und Hagen von Tronje bekommt damit die Rolle des Mörders, der Siegfried mit einem Speer töten kann - treffgenau in die eine Stelle, die nicht durch das Blut von Fafnir geschützt war. Nun bleibt Krimhild nur noch die Rache...




 Regisseur Harald Reinl inszenierte das Liebesdrama und Schlachtenepos sehr farbenprächtig und auch etwas naiv - genauso wie die Karl May Filme. Natürlich fällt aus heutiger Sicht die Nähe zu J.R.R. Tolkiens "Herr der Ringe" deutlich auf. Der englische Schriftsteller und Philologe, der mit seinen Werken die moderne Fantasy Literatur begründete, bediente sich eifrig bei der nordischen Mythologie und damit auch beim "Nibelungenlied" - es floß vieles davon in das mythologische Konzept seiner erdachten Welt Mittelerde. Und somit sind wir schon bei der Überlegung, wie eine Verfilmung des Stoffes heute - mit den modernen Techniken - aussehen würde. Beispielsweise der Drache oder die Choreografie der Schlacht im zweiten Teil des Films "Krimhilds Rache" - der 1967 separat in die Kinos kam, also einige Monate später als "Siegfried von Xanten". Für Artur Brauner wars ein riesiger kommerzieller Erfolg - der Film lockte über 3 Millionen Zuschauer in die deutschen Kinos, was dem Monumentalfilm eine goldene Leinwand einbrachte. Die zeitgenössische Kritik war da eher verhalten - man meckerte über das Spiel des Darstellers Uwe Beyer, Hammerwerfer und Bronze-Medaillen Gewinner bei der Olympiade 1964, dem man wenig mimisches Talent bescheinigte. Aber er war immerhin stark, blond und blauäugig. Also so ganz fehlbesetzt war er nun doch nicht. Ansonsten fand ich den gesamten Film ganz gut, aber zu einem Meisterwerk fehlt ihm die düstere Note. Die kommt nur sehr selten zum Tragen - am besten finde ich die Szenen in Island mit einer toll aussehenden Karin Dor, die ein bisschen an die junge Elizabeth Taylor erinnert und dem Film eine gewisse melancholische Poesie beschert. Dazu ist die nordische Landschaft perfekt für den Film - viele andere Teile sind - genau wie die Winnetou Filme dann in Yugoslawien realisiert worden. Sehr markant sind auch die Szenen des Bösewichts Hagen von Tronje - von Siegfried Wischnewski charismatisch performt. In den besten Szenen des Films gelingt es sogar die weltlich-machtpolitischen Handlungsstränge (Macht der Könige, Hunnensturm) mit den fantastisch-mythologischen (Drachenkampf, Rheingold, der Ring, die Tarnkappe, die Zwerge) miteinander in Einklang zu bringen. Es wird Bezug genommen auf das frühe Christentum, dass sich langsam etabliert und das Aussterben der alten Mächte. Die Rache, die dann folgt, hätte man m.E. sogar noch viel archaischer gestalten sollen, sie geht beinahe aufgrund der Massenszenen im 2. Teil des Films etwas unter. Was bleibt ist auch ein letztes Aufbäumen des guten alten Monumentalschinkens - soviele dieser Art sollten nicht mehr im Kino laufen. Vor allem dem italienischen Monumentalschinken wurde hier auch die Referenz erwiesen. Am Ende darf man feststellen, dass es Reinl doch gelang den Stoff nicht ein buntes Märchen abgleiten zu lassen - er bewahrte durch eine gewisse Distanz zu den Figuren die seltsame Fremdheit der Vorlage.




Bewertung: 7 von 10 Punkten. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen