Freitag, 19. Juni 2015

Das Beil von Wandsbek




Regie: Falk Harnack

Der Scharfrichter....

Der deutsche Regisseur Falk Harnack war im Dritten Reich auch einer der Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialimsu. Gemeinsam mit Bruder Arvid hatte er auch Kontakte zu der Widerstandsgruppe Rote Kapelle. Er beteiligte sich im Mai 1934 an einer Flugblattaktion gegen den NS-Studentenbund an der Münchner Uni. 1940 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. 1942 nahmen Mitglieder der Weißen Rose, Hans Scholl und Alexander Schmorell, Kontakt mit Harnack auf. Über ihn sollte eine Verbindung zu den Berlinder Widerstandsbewegungen hergestellt werden. Die Gruppe wurde kurze Zeit später verhaftet und Harnacks Bruder Arvid und dessen Frau Mildred wurden im Zuge der Vergeltungsaktionen der Nazis hingerichtet. Harnack selbst wurde überraschenderweise vom Volksgerichtshof München am 19. April 1943 aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Zurück im Krieg wurde er von seiner bisherigen Wehrmachtseinheit ins Strafbataillon 999 nach Griechenland versetzt. Dort wurde er verhaftet und sollte in ein KZ gebracht werden. Dank der Hilfe seines Vorgesetzten gelang ihm aber die Flucht und er schloß sich der griechischen Partisanenbewegung ELAS an. Als er nach Kriegsende nach Deutschland zurückkehrte, musste er erfahren, dass weitere Angehörige seiner Familie im Frühjahr 1945 von der SS ermordet wurde. Ab dem Jahre 1949 bis 1952 war er künstlerischer Direktor der DEFA. In dieser Zeit entstand auch mit "Das Beil von Wandsbek" sein bester Film. Der Film ging auch deshalb in die Geschichte ein, weil es die erste DEFA Prouduktion war, die ein Aufführungsverbot erhielt.  Die DEFA Kommission war schockiert, dass Harnack die Schuld des Henkers auch als sein persönliches Versagen zeigt. Statdessen hätte sich die Komission gewünscht, dass man die Schuld des faschistischen Systems dem Publikum mit dem Holzhammer serviert. Da dies nicht der Fall war und der Film viel subtiler seine Tragik offenbart, wurde er vom Zentralkomitee der KPdSU aus dem Programm genommen, da man kein Mitleid mit den Mördern haben sollte. So lief "Das Beil von Wandsbek" auch nur einen Monat im Kino, immerhin brachte es der Film aber auf eine stolze Zuschauerzahl von 800.000 Kinogängern. Aufgrund dieser Auseinandersetzungen verließ Harnack 1952 die DDR. Die Geschichte des Films selbst geht auf eine wahre Begebenheit zürück, die Arnold Zweig in seinem gleichnamigen Roman von 1943 aufgriff. Gemeint sind die Geschehnisse um den Altonaer Blutsonntag. Auslöser für Zweigs Roman war dann die Notiz vom Selbstmord eines Henkes, die am 18. April 1938 in der Deutschen Volkszeitung, einer von der KPD im westeuropäischen Exil herausgegebene Wochenzeitung, erschien. Laut diesem Bericht wurde die Hinrichtung von Johnny Dettmer und drei weiteren Antifaschisten nicht dem Hamburger Scharfrichter übertragen worden, sondern einem Schlachtermeister aus Altona.
 Im Film wird aus dem realen Schlachtermeister Fock der Wandbeker Schlachtermeister Albert Teetjen (Erwin Geschonneck), der durch die harte Konkurrenz der wirschaftlich immer stärker werdenen Warenhäuser in existenzielle Schwierigkeiten gerät. Der Laden läuft nicht gut, die Armut droht.
Auf Drängen seiner Frau Stine (Käthe Braun) wendet er sich schriftlich an seinen Kameraden aus dem Ersten Weltkrieg, der inzwischen im NS-Staat als hoher SS-Offizier politische Karriere gemacht hat. Dieser Hans Peter Footh (Willy A. Kleinau), ein Reeder, hat einen Sitz im Senat der Stadt Hamburg und hat großen Einfluß.
Tatsächlich macht dieser ihm auch ein lukratives Angebot. Da der Henker im Gefängnis Fuhlsbüttel schon lange krank ist, finden keine Hinrichtungen mehr statt. Glück für vier politische Häftlinge, die eigentlich zum Tode verurteilt sind und so der Hinrichtung mit dem Beil entgehen. Pech aber für die NSDAP, die Adolf Hitler als Besucher der Hansestadt erwarten und herbeisehnen, dieser aber nur dann kommen will, wenn die Antifaschisten ihre Strafe empfangen haben und unter der Erde sind. Mit einem  für damaligen Verhältnisse stolzen Honorar von 2000 Mark begeht der Fleischer die Tat und in der ersten Zeit gelingt es dem Ehepaar mit dem Blutgeld sich über Wasser zu halten und gut zu leben. Doch dann erfahren die Nachbarn, woher das Geld stammt, dessen Herkunft Albert Teetjen bislang erfolgreich verschleiern konnte. Die Kundschaft bleibt aus und langsam schlittern die Teetjes wieder in de wirtschaftlichen Ruin. Am Ende stehen Gewissenbisse und keine Auswege mehr. Stine erhängt sich und Albert begeht daraufhin mit seiner Pistole ebenfalls Selbstmord...


der düstere Film ist in eingen Szenen extrem beklemmend gemacht. So gelingt es Harnack den kleinbürgerlichen Geist des Täters zu zeigen, wie schnell und wie leicht er durch wirtschaftlichen Gewinn manipulierbar gemacht werden kann - aber auch das Umfeld kommt nicht gut weg. Während die Teetjens aus dem sozialen Gefüge fallen, lauern auch schon die Nachbarn wie Geier darauf, dass sie aus dem Untergang noch profitieren können. So bleibt der Film immer sehr vielschichtig in seinen Betrachtungen. Dramaturgisch interessant ist auch die Hinrichtungsszene, die Harnack nicht zeigt, sondern aus dem Blickwinkel heimlicher Beobachter schildert. Die Ärztin Dr. Käthe Neumeier (Gefion Helmke), die sich für die vier Verurteilten bis zuletzt einsetzt, erhält bedingt durch ihre Bemühungen das Leben der Männer doch noch in letzter Sekunde zu retten und ein Gnadengesuch zu erwirken,  die Möglichkeit die Vollstreckung von einem Nebengebäude aus zu sehen. Bei allen Beobachtern schleicht sich das Ensetzen ein, auch wenn sie gleichwohl alle Voyeure dieses grausamen Spektakels waren. Gerade diese Betrachtungen machen den Film zu einem sehr starken Film-Beitrag der Nachkriegszeit, denn er mutet dem Zuschauer auch Anspruch und Differenziertheit zu. Hier wird keine einfache Botschaft serviert, sondern der Betrachter blickt auf eine bittere und traurige Geschichte über den Menschen und sein erbärmliches Verhalten. Erwin Geschonnecks Darstellung ist sehr gelungen, sein psychologischen Portrait ist nuanciert und eindringlich gestaltet.

Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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