Mittwoch, 22. Juli 2015

Große Freiheit Nr. 7

























Regie: Helmut Käutner

 Hannes Kröger, der singende Seemann...

Helmut Käutner hat in der Zeit des 2. Weltkrieges  vier großartige melancholische Meisterwerke inszeniert. Der 1940 entstandene "Kleider machen Leute" wird dabei leider immer etwas übersehen, aber auch er ist viel mehr als ein grandios bebilderten Filmmärchen. Mit "Romanze in Moll" war Käutner noch stärker daran interessiert den poetischen Realismus des französischen Vorkriegsfilm wieder aufleben zu lassen. Beide Filme weichen von den Mustern nationalsozialistischwer Filmideale und Idole sehr stark ab. Seine beiden besten Filme entstanden dann in der Endphase des Krieges, er schuf mit "Unter den Brücken" und "Große Freiheit Nr. 7" zwei Filme, die in ihrer Betonung des Individuellen stark dem Weltbild der Nationalsozialsiten widersprachen.
Goebbels wollte was ganz anderes als er Käutner damit beauftragte den ersten Agfa-Farbfilm der Terra-Filmgesellschaft zu drehen - es hatte da eine Würdigung der deutschen Handelsmarine im Sinn mit dem Zugpferd Hans Albers. Nichts sollte in der Geschichte auf den fortgeschrittenen Krieg hinweisen, sondern eine besondrs positive Grundstimmung war die Maxime, man wollte das Volk bei Laune halten.
Der  Arbeitstitel "Große Freiheit" war denn symbolisch viel zu freiheitlich, weshalb die Filmemacher dann die Hausnummer 7 hinzufügten. Da der fertige Film von Joseph Goebbels aufgrund seiner Schwermut und seines Pessimismus abgelehnt wurde, kam die Geschichte von Hannes, dem singenden Seemann, nicht mehr in die Kinos. Erst nach dem Krieg erlebte der Farbfilm seine Kinopremiere. Im Nachkriegsdeutschland wurden dann die Handlungsweisen der Protagonisten als eher moralisch fragwürdig bis verwerflich angesehen.
Der Film beginnt eher heiter...die Padua hat im Hamburger Hafen angelegt. Auf dem Schiff befinden sich die Seeleute Fiete (Gustav Knuth) und Jens (Günther Lüders) , die beide aus Hamburg sind und der Kölner Seemann Karl (Helmut Käutner). Sie streiten sich humorvoll welche Stadt nun schöner ist...Hamburg oder Köln. Für Feite und Jens ist die Entscheidung klar...daher nichts wie auf in die Straße "Große Freiheit", einer Nebenstraße der Reeperbahn im Rotlichtviertel von St. Pauli. Dort, im Hippodrom, das von Anita (Hilde Hildebrand) geleitet wird, tritt der inzwischen in die Jahre gekommenen Hannes Kröger (Hans Albers) als Sänger und Musiker auf.  Früher war er gemeinsam mit seinen Freunden Feite und Jens ein Seemann mit Leib und Seele. Er hat sich allerdings vor längerer Zeit schon entschieden an Land zu bleiben. In dieser Nacht wird Hannes ans Sterbebett seines Bruders gerufen, mit dem er sich zerstritten hat. Dieser bittet Hannes er möge sich um seine Geliebte Gisa Häuptlein (Ilse Werner) kümmern, die er sitzen ließ. Hannes erfüllt diesen letzten Wunsch und besucht die junge Frau auf dem Land. Er holt das Mädchen zu sich nach Hamburg, lässt sie in seinem Zimmer wohnen und besorgt ihr eine Arbeit als Verkäuferin. Eines Abends lernt Gisa den Werftarbeiter Georg Willem (Hans Söhnker) kennen, der sich gleich in sie verguckt. Sie zeigt ihm vorerst die kalte Schulter, doch die forsche und freche Art des Mannes imonieren der jungen Frau auch ein bisschen.
Trotz des Erfolges auf der Reeperbahn ist Hannes nicht glücklich, aber die junge Gisa schafft es ihm Hoffnung auf ein ganz neues Leben zu geben...



 "Große Freiheit Nr. 7" setzt einerseits auf schrille, bunte Bilder. Die bunten, einladenden Revue-Szenen auf der Reeperbahn sollen Frohsinn erzeugen. Sie sind allerdings immer ummantelt von der Schwere des Daseins. Die Protagonisten im Hippodrom sind Gestrandete und sie sehnen sich alle nach ein bisschen Glück....wie dies funktioniert ist etwas, was man aber nie klar definieren kann. Daher lassen sich die Menschen treiben. Melancholisch auch die Songs, die Hannes und gelegentlich auch seine Geliebte und Chefin Anita singen. "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins", "beim ersten mal tut´s noch weh" oder das ganz traurige "La Paloma", dass ja von der Tragik des Seemanns erzählt, nie seßhaft in einem Hafen werden zu können, denn die Seemannsbraut bleibt die See. Und nur ihr kann er treu sein. Die Flucht ins Hippodrom steht daher auch imer für die Schaffung einer Ablenkung, doch die sehnsüchtigen Gefühle, der Schmerz lässt sich nicht übersehen. Es wird aber noch tragischer: Hannes verliert sein Herz an Gisa, die er liebevoll "La Paloma" nennt und fängt an sich Hoffnungen zu machen. Was er allerdings erst sehr spät ahnt, ist die sich langsam entwickelnde Romanze seiner Gisa mit dem jüngeren Willem, dessen Lebensmotto sich bereits in seiner ersten Szene erkennen lässt. Er ist ein Spieler und liebt die Spielautomaten - als er Gisa zum ersten Mal seiht, sieht der Zuschauer, was auf dem Automaten geschrieben steht: "Wer wagt, gewinnt" und dieses Naturell wird sich gegen Hannes durchsetzen, der am Ende wieder auf der Padua anheuert. Immerhin ist die Einsamkeit etwas abgemildert, da er die See und seine alten Kumpels hat.  Also gleich ein Lied einstimmen und die Traurigkeit vertreiben. Es gibt noch tragischere Figuren  im Karussell dieses Lebens. Alleine bleibt die alternde Anita, die von Hannes dann immerhin noch mit dem Kompliment "Du warst nicht die Schlechteste" verabschiedet wird.
Für mich ist "Große Freiheit Nr. 7" einer der leidenschaftlichsten Filme, die je in Deutschland gedreht wurden. Er ist einfühlsam und beschreibt die universellen Wirrungen des Lebens, er hegt große Sympathie für alle Figuren seiner Geschichte, die alle diesen einen, kleinen Moment des Glücks suchen und vielleicht nur eine Illusion finden.



Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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