Mittwoch, 16. Januar 2019

Vom Winde verweht

























Regie: Victor Fleming

Der alte Süden stirbt...

Tatsächlich ist "Vom Winde verweht" immer noch der erfolgreichste Film aller Zeiten. In dem inflationsbereinigten Ranking der größten Blockbuster liegt die Verfilmung von Margaret Mitchells Erfolgsroman unangefochten auf Platz 1 - vor "Star Wars" und "Sound of Music". Um zu erfassen warum dieser Film Generationen immer wieder begeistert hat, ist aber unbedingt erforderlich "Vom Winde verweht" auf der perfekten Blu Ray anzuschauen. Die DVD Ausgabe mit der zweiten Hälfte des Films auf der Rückseite des Silberlings war ja mehr als sonderbar.
Natürlich ist dieser Ausnahmefilm vor allem in der zweiten Hälfte ein echter Schmachtfetzen in Sachen Romantik, erzählt er doch die tragische Geschichte von Scarlett O´Hara (Vivien Leigh), die sich bereits als junges Mädchen in den nachdenklichen Grübler Ashley Wilkes (Leslie Howard) verliebt ist, von diesem aber einen Korb bekommt, weil er seine Cousine Melanie (Olivia de Havilland) ehelichen will, ganz nach den Gepflogenheiten der Familie Wilkes aus dem Süden. Er ist der Sohn des Plantagenbesitzers von "12 Eichen" und Scarlett die Tochter des Plantagenbesitzers von Tara. Gerald O´Hara (Thomas Mitchell), der Vater stammt aus Irland und liebt das Land. Er will später seiner ältesten Tochter Scarlett die Plantage vererben, aber noch hat Scarlett keinen Sinn fürs Land. Wie ihre Mutter (Barbara 0`Neill) und ihre beiden Schwestern (Evelyn Keyes, Ann Rutherford) wächst sie behütet im Wohlstand auf und wie alle jungen Leute der reichen Südstaatler genießt sie das Leben auf Tanz-Bazar-Festen oder Barbecue-Partys. Und wie alle Sprößlinge der Plantagenbetreiber hat sie genügend Personal zur Verfügung. Die wichtigste Bezugsperson ist die schwarze Haushälterin und Erzieherin, die "Mammy" (Hattie McDaniel) genannt wird. Überhaupt können diese Adligen im Süden überhaupt nicht verstehen, dass Präsident Abraham Lincoln die Sklaven, die kostenlos arbeiten, befreien will. Es geht ihnen doch hier gut und die Schwarzen hier sehen es als großes Privileg an ihren weißen Herren und Herrinnen perfekt zu dienen. "Vom Winde verweht" beginnt am Vorabend des Bürgerkriegs und hat - ähnlich wie Viscontis großartiges Epos "Der Leopard" - das Sterben einer Epoche, der guten alten Zeit und der Beginn einer neuen Ära zum Thema. Dieser Vergänglichkeit widmet Regisseur Victor Fleming auch einen großen Teil und genau dieser melancholische Abgesang ist auch gleichwertig zur bereits erwähnten unerfüllten Liebesromanze zwischen Scarlett und Ashley und zwischen Scarlett und dem gut aussehenden Rhett Butler (Clark Gable), der eigentlich viel besser zur kratzbürstigen, verwöhnten, egoistischen und nicht unterzukriegenden Scarlett passen würde, doch sie merkt leider zu spät, dass sie diesen unverschämten Captain Butler liebt. Am Ende fallen dann die berühmten Sätze "Frankly my dear, I don´t give a damn" von Butler, der Scarlett verlässt. Aber man glaubt ihr dennoch, wenn sie danach weinend auf der Prachttreppe von Tara sitzt, verlassen - dennoch zukünftig einen Weg zu ihm finden will "After all, Tomorrow is another day".
"Vom Winde verweht" handelt auch von der Sklavenbefreiung der Schwarzen im Bürgerkrieg der Nordstaaten gegen die Südstaaten. Eine späte Einsicht, denn erst am Totenbett ihrer Cousine Melanie erkennt sie, dass die Liebe zu Ashley ein Jungmädchentraum war, eine Schwärmerei, die sie all die Jahre daran gehindert hat mit ihrem dritten Ehemann Rhett glücklich zu werden.
Der Film ist durchtränkt von Sonnenuntergängen in Technicolor, von imposanten Kameraeinstellungen - mal orange-roter Himmel, ein anderes Mal im strahlenden Blau. Ganz klein neben einer imposanten Eiche steht Scarlett alleine oder auch in Begleitung ihres Vaters und die Figuren dürfen unvergessliche und überlebensgroße Dialoge von sich geben. Diese Szenen gehören zur Aura des Films - imposant auch die Massenszene der vielen vom Krieg verwundeten Soldaten auf den Straßen Atlantas. Scarlett in grandioser Garderobe schreitet durch dieses Schlachtfeld des Grauens.
Aus heutiger Sicht könnte man dem Film, wie auch dem Buch, einen gewissen Rassismus vorwerfen. Denn die Schwarzen werden hier sehr oft als gutmütig, naiv bis dumm bezeichnet. Und sie geben zumindest an für die gute Sache des Südens mitzufiebern, denn schließlich geht es ihnen ja gut in der Gesellschaft dieser Herrengesellschaft und Kavalliere. Einmal darf Scarlett die lügende Prissy (Butterfly McQueen) ohrfeigen - sehr zum Gefallen des Kinopublikums.





 


Trotzdem dürfte der Film und auch der Oscarregen, der ausgeschüttet wurde, das Thema "Rassismus" positiv belebt haben. Denn als beste Nebendarstellerin wurde nicht Olivia deHavilland als Melanie ausgezeichnet, sondern die dunkelhäutige Hattie McDaniel für ihre Rolle als Mammy. 1939 - zu dieser Zeit war noch Rassentrennung an der Tagesordnung und in den Südstaaten durfte sie nicht mal zur Premiere in ein "weißes" Kino kommen. Mit dieser Auszeichnung hat Hollywood sicherlich ein politisches Zeichen gesetzt. Die damals völlig unbekannte Vivien Leigh bekam den Zuschlag für die Hauptrolle - obwohl Kinodiven wie Bette Davis, Paulette Goddard, Norma Shearer, Joan Crawford, Claudette Colbert oder Tallulah Bankhead im Gespräch waren. Drei Regisseure waren beteiligt. George Cukor wurde von Clark Gable wegen seiner Homosexualität rausgemobbt, dann kam Victor Fleming, der auch absprang und sich aus nervlichen Gründen beinahe suizidieren wollte. Sam Wood sprang für einige Tage als Ersatz ein, dann kam Fleming wieder und beendete das Megaprojekt, diesen ersten richtig großen Monumental-Tonfilm. Aber treibende Kraft war der ehrgeizige Filmproduzent David O´Selznick, der sich gegen die Widerstände seines Schwiegervaters Louis B. Mayer und Irving Thalberg durchsetzte und den Film mit Herzblut realisierte.
Der Rest ist Geschichte - Vivien Leigh und Clark Gable wurden DAS unsterbliche Filmpaar und die junge Schauspielerin erhielt ihren ersten Oscar. Insgesamt gabs 8 reguläre Oscars und 2 Sonderoscars als Bonus dazu. Und er wurde Jahrzehnte lang erfolgreich in den Kinos wiederaufgeführt.
Man kann ihn vielleicht an mancher Stelle zu schnulzig und dramatisch ansehen, aber er besitzt auch heute noch zweifelsohne eine riesige Magie.









Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen