Sonntag, 26. Juni 2016

El Perdido



Regie: Robert Aldrich

Das hübsche Mädchen im gelben Kleid...

Regisseur Robert Aldrich ließ kein gutes Haar an seinem 1961 gedrehten Film "El Perdito" (Original: The Last Sunset). Er gab zum einen die Schuld Kirk Douglas, der nicht nur der Hauptdarsteller war, sondern den Film auch mitproduzierte - und in dieser Eigenschaft mischte er sich oft in die Regie ein und soll den Film im Schnitt völlig zerstört haben. Auch mit Drehbuchautor Dalton Trumbo war Aldrich äusserst unzufrieden. Er warf ihm mangelnde Motivation vor. Trumbo, der berühmte amerikanische Drehbuchautor, gehörte in den späten 40er Jahren zur Gruppe der sogenannten Hollywood Ten - unter Berufung auf den fünften Zusatzartikel der US-Verfassung weigerten sie sich vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe auszusagen. Als Konsequenz gabs Geld- oder Haftstrafen und Berufsverbot. Daher verbrachte er nicht nur einige Monate im Knast, sondern wurde auf eine schwarze Liste gesetzt. Trumbo musste jahrelang unter Pseudonym arbeiten. Er bekam zwar zwei Oscars für die besten Storys in "Ein Herz und eine Krone" und "Roter Staub" - aber sein Name wurde nie genannt. Erst Jahre später wurde seine Urheberschaft auch offiziell anerkannt. Durch den Einfluß des linksliberalten Superstar Kirk Douglas bekam er unter eigenem Namen Anfang der 60er Jahre wieder Arbeit. Auch Otto Preminger hatte Trumbo versprochen, ihn offiziell als Drehbuchautor für den Film "Exodus" zu nennen. Aldrich hatte das Gefühl Trumbo würde "El Perdito" vernachlässigen und sich viel mehr auf den Preminger Film zu konzentrieren.
Dennoch geht Aldrich mit seinem Film viel zu hart ins Gericht. Aldrich, der aus seiner Kritik am Hollywoodsystem nie einen Hehl machte, überzeugte durch unübliche kritisch-direkte Themen und brisante gesellschaftliche Fragen. Und so gestaltet ist auch dieser ungewöhnliche Western, dessen einzige Schwachstelle m.E. die Gesangseinlagen von Kirk Douglas mit einem mexikanischen Gesangstrio ist. Ansonsten ist das ein klasse Western, der reichlich unterbewertet in seinem Genre ist und als griechische Tragödie angelegt ist. Trumbos Drehbuch bietet schon einiges: Zum Beispiel eine Liebesgeschichte zwischen Vater und Tochter.
Das Grundgerüst der Geschichte ist allerdings in der Westernsparte weit verbreitet und beliebt. Ein Gesetzesmann und ein Bandit sind gemeinsam unterwegs. In dieser hindernisreichen Reise gibts viele Gefahren in der Gestalt von Banditen, Indianern, Naturkatastrophen und vor allem durch die zwei mitfahrenden Frauen.
Seit längerer Zeit wird der Herumtreiber, Revolverheld und Frauenheld Brendan O´Malley (Kirk Douglas) von einem gewissen Dana Stribling (Rock Hudson) verfolgt. Aus gutem Grund: Nicht nur dass er steckbrieflich gesucht wird, Stribling hat auch eine persönliche Rechnung mit O´Malley offen. Denn dieser hat Striblings Schwager ermordet und er gibt ihm auch die Schuld für den Selbstmord seiner Schwester. Doch inzwischen hat O´Malley mexikanischen Boden erreicht. Also offiziell ist der Haftbefehl dort ungültig. Dennoch gibt Stribling die Suche nicht auf. Er taucht auf der Ranch des alten und verbitterten Alkoholikers John Brekkenridge (Joseph Cotten) auf. Dieser hat eine große Rinderherde, die er über die Grenze nach Texas treiben lassen will. Er will dort mit seiner jüngeren Frau Belle (Dorothy Malone) und der 16jährigen Tochter Missy (Carol Lynley) eine neue Existenz aufbauen. Für den Treck kommt daher O´Malley wie gerufen. Und dieser ist nicht nur rein zufällig dort aufgetaucht. Denn Mrs. Brekkenridge war als junges Mädchen seine Geliebte. Bald taucht auch Stribling auf, der viel vom Viehtreck versteht und sich auch von dem Rancher engagieren lässt. So beginnt eine gefahrvolle Reise, wo die Reisenden alle ihre eigenen Absichten verfolgen. Am Ende soll ein Duell der beiden Kontrahenten stehen, denn O´Malley hat zwar versprochen mit nach Texas zu kommen. Aber von Stribling gefangen nehmen lassen wird er sich auf keinen Fall....



So steht am Ende dann wieder ein unausweichliches Duell von zwei grundverschiedenen Männern. Rock Hudson spielt den sensiblen Typen, der einem verwaisten Kalb wieder auf die Beine hilft. Kirk Douglas dagegen spielt einen innnerlich zerissenen Mann, der nur schwer seine Aggressionen im Zaun halten kann. Besonders wird dies in einer Szene sichtbar als er vor lauter Wut einen Hund würgt, um seinen Frust abzureagieren. Er hat aber vor ein neues Leben mit seiner damals angebeten Geliebten zu beginnen und geht mit Brekkenridge sogar eine Wette ein, dass er am Ende des Trecks nicht nur ein Fünfel der Herde will, sondern auch dessen Ehefrau bekommt. Mit schallendem  Gelächter geht der Rancher sogar auf diese ungewöhnliche Wette ein. Doch die Reise offenbart o´Malley die brutale Tatsache, dass auch Stribling eine Auge auf Belle geworfen hat...als die heranwachsende Tochter im gelben Kleid der Mutter erscheint, dass O´Malley von früher kennt und ihre Liebe gesteht, gibt er diesen Avancen begeistert nach. Doch die Tragödie offenbart sich erst im Schlußteil des Films. Ohne Perspektive geht O´Malley ins Duell. Und auch sein Kontrahent hat eine andere Seite des Verfolgten kenenngelernt und meint am Ende "Man kann keinen länger hassen, wenn man ihn erst näher kennt". Für beide Hollywoodstars bietet der Aldrich Film eine gute Rolle - am meisten beeindruckt jedoch die junge Carol Lynley, die man später noch in den beiden Preminger Filmen "Der Kardinal" und "Bunny Lake ist verschwunden" sah und hier als 16jährige Missy eine ganz starke Frauenfigur - trotz des jugendlichen Alters - verkörpert.





Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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