Mittwoch, 27. März 2019

Der Hauptmann von Köpenick

























Regie: Helmut Käutner

Haben Sie gedient ?

Der deutsche Schriftsteller Carl Zuckmayr lebte von 1896 bis 1977. Er wuchs in mainz auf und studierte Literaturgeschichte. Im ersten Weltkrieg wurde Zuckmayr mehrfach ausgezeichnet. In der Weimarer Republik entwickelte er sich zum erfolgreichen Autor von Theaterstücken. Nach der Machtergreifung durch die Nazis wurden seine Texte verboten, da er sich kritisch über die NSDAP geäussert hatte. Er wanderte nach Amerika aus und kehrte erst 1946 ald Kulturbeauftragter des amerikanischen Kriegsministeriums nach Europa zurück. "Der Hauptmann von Köpenick - Ein deutsches Märchen" ist eine Tragikomödie und sie wurde von Zuckmayr von Anfang September bis November 1930 geschrieben. Sie beruht teilweise auf wahren Begebenheiten, der Autor hat die Geschichte aber etwas ausgeschmückt.
Im Oktober 1906 gelang dem aus Ostpreußen stammenden Schuhmacher (Heinz Rühmann) ein echter Coup, als er aus Hauptmann verkleidet mit einem Trupp gutgläubiger Soldaten ins Rathaus der Stadt Cöpenick bei Berlin eindrang, das Amt besetzte und den Bürgermeister Dr. Obermüller (Martin Held) sowie den Buchhalter Rosenkranz (Siegfried Lowitz) verhaften ließ und schließlich die Stadtkasse raubte. Zuckmayr nahm dieses freche Husarenstück zum Anlass für eine kritische Darstellung des Militarismus im deutschen Kaiserreich. Dabei gelang es ihm den völlig unkritischen Gehorsam des deutschen Soldaten und auch des deutschen Bürgers punktgenau zu entlarven.
Die Geschichte wurde mehrfach verfilmt. 1931 mit Max Adalbert unter der Regie von Richard Oswald. Die bekannteste Version entstand 1956 unter Helmut Käutner als farbenprächtiges Spektakel mit perfektem Zeit- und Lokalkolorit. In der Rolle des Hauptmanns brillierte der große Volksschauspieler Heinz Rühmann - für diese Leistung wurde er 1957 mit dem Preis der deutschen Filmkritik ausgezeichnet. Ausserdem gelang es dem Film eine Oscarnominierung als bester Auslandsfilm zu erhalten.
Im deutschen Kaiserreich ist Untertansgeist angesagt. Die Deutschen sind kriegs- und militärverrückt. Doch der Schuster Wilhelm Voigt ist ein Aussenseiter. Er hat durch Betrügereien 15 Jahre im Knast gesessen. Nun ist er wieder frei. Doch das Leben in der Freiheit hat riesige Tücken. Er hat als ehemaliger Strafgefangener des Gefängnisses Berlin Plötzensee kein Recht auf einen Pass und bekommt in keiner Stadt eine Aufenthaltserlaubnis. Man will diese Kriminellen auf keinen Fall in die Gesellschaft integrieren. Ohne Aufenthaltserlaubnis gibts auch keine Arbeit. Erschwerend kommt hinzu, dass Voigt auch nie gedient hat. So wird er gemeinsam mit einem anderen Zuchthäusler namens Kallenberg (Wolfgang Neuss) erneut straffällig - er bricht in eine Amtsstube ein um Pass und Stempel zum Fälschen eines Ausweises zu klauen. Das bringt ihm wieder einige Jahre Knast ein - doch bei diesem Aufenthalt beginnt er sich zu bilden, indem er liest und vom Zuchthausdirektor (Friedrich Domin) bekommen die Gefangenen Unterricht in militärischen Strategien. Nach Verbüßung der Haft kommt er kurzzeitig bei seiner Schwester Marie (Ilse Fürstenberg) und ihrem Mann Friedrich (Williy A. Kleinau) unter. Dort lebt das kranke Lieschen (Edith Hancke) zur Untermiete. Zur gleichen Zeit fertigt der Schneidermeister Wormser (Leonard Steckel) und sein Mitarbeiter Wabschke (Joseph Offenbach) für einen Hauptmann eine Uniform. Diese wird irgendwann in den Besitz des Bürgermeisters von Köpenick gelangen und auf Umwegen auf den Flohmarkt. Für 18 Mark wird der Schuster Besitzer dieser Uniform, mit der ihm dann dieser große Coup im Rathaus gelingt...




Und dies alles nur um endlich einen Pass zu bekommen - um vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft sein zu können. Diese Geschichte hat Käutner perfekt in Szene gesetzt. Es gelingt ihm ein großer Wurf, der von Anfang bis Ende die Balance zwischen Komik und Tragik behält. Teilweise bleibt dem Zuschauer jedoch das Lachen im Hals stecken. Ebenso hervorragend die Kameraarbeit von Albert Benitz, dessen Lehrmeister der Bergfilmer Arnold Fanck war. Im Kino hatte der Film einen Riesenerfolg - 10 Millionen Zuschauer sahen den Film in den ersten 5 Monaten. In den USA war es der erste deutsche Nachkriegserfolg. Wahrscheinlich war es auch die beste Rolle die Heinz Rühmann jemals spielte - sein Schuhmacher, der so unsicher durch diese schräge Weltordnung taumelt, erinnert sogar phasenweise an die Genialität von Chaplins Tramp.
 


Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

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