Montag, 2. März 2020

Orphee

Regie: Jean Cocteau

Im Reich der Toten...

Der bekannte Schriftsteller und Maler Jean Cocteau drehte 1930 mit "Das Blut des Dichters" seinen ersten Spielfilm. Dabei suchte er auch beim Film neue Wege und hatte es beim Publikum anfangs nicht gerade einfach. Dennoch sind einige seiner Filme große Klassiker geworden, vor allem der 1946 entstandene Märchenfilm "Es war einmal" und der vier Jahre später entstandene "Orphee", der auf der antiken Sage von Orpheus und Eurydike basiert, diese aber sehr eigenwillig und modern interpretiert.
Der Regisseur spielt in diesem Film auf eine faszinierende Weise mit Mythen und Bildern. Kameramann war Nicolas Hayer, der mit seiner Arbeit in Clouzots "Der Rabe" bereits eine Weltklasse-Vorstellung gab. "Orphee" gilt als Hayners zweites Hauptwerk, indem er Coucteaus inszenatorischen Einfällen einen optischen Rahmen durch seine sehr eigenwillige Bildgestaltung gab. So wurde eine Welt der Halbschatten, der Rätsel geschaffen - in dem die Spiegel zur Tür ins Jenseits führen.
Die Geschichte spielt jedoch nicht in der Antike, sondern im zeitgenössischen Paris und zeigt Impressionen aus dem vor allem von den Künstlern besuchten "Cafe des Poetes". Orphee (Jean Marais) hält sich dort gerne auf, obwohl man dort nicht sehr gut auf ihn zu sprechen ist. Vielleicht gerade deshalb, weil er als Künstler ein breites Publikum gefunden hat und nun sehr populär ist. Ebenfalls vor Ort ist der neue aufstrebende Cegeste (Edouard Dermit), der mit seiner Mentorin, einer schönen Prinzessin (Maria Casares) dort auftaucht. Durch einen tragischen Unfall - verursacht wegen zwei Motorradfahrern - wird der neue Stern am Dichterhimmel schwer verletzt und die Prinzessin fordert Orphee auf als Zeuge bereitzustehen. Sie nimmt ihn mit in ihrem Wagen, der von Chauffeur Heurtebise (Francois Perier) gesteuert wird. Alles wird immer unwirklicher und Orphee bemerkt, dass der Verletzte inzwischen verstorben ist. Dies scheint die Prinzessin nicht besonders zu stören. Viel mehr Aufmerksamkeit schenkt sie den abstrakten Gedichten, die im Radio durchgegeben werden und von denen auch Orphee immer mehr fasziniert ist. Sie kommen an ein Schloß und es scheint auch eine andere Welt zu sein. In einem Spiegel verschwindet die Prinzessin mit dem jungen toten Dichter. Am Anderen Morgen wacht Orphee in einer öden Landschaft auf, doch der Chauffeur hat auf ihn gewartet und bringt Orphee heim zu seiner Frau Eurydike (Marie Dea), die bereits ihre beste Freundin Aclaonice (Juliette Greco) hat kommen lassen, was Orphee gar nicht gefällt. Er wirft sowohl die Freundin als auch die ermittelnde Polizei aus dem Haus und widmet sich in der Folgezeit immer mehr diesen seltsamen Botschaften aus dem Radio. Und immer mehr ist er fixiert darauf die Prinzessin wieder zu treffen und einen Weg ins Schattenreich des Todes zu finden...




Beim Anschauen von "Orphee" taucht man auch in eine Zeit des Kinos ein und zu Filmwerken, die heute ganz aus der Szene verschwunden sind. Dies sorgt natürlich für eine weitere faszinierende Variante - auch die Schauspieler sind gut gewählt. Vor allem auch Maria Casares als Prinzessin, die sich in Orphee verliebt hat. Eine verbotene Liebe, denn sie ist der Tod. Auch der Chauffeur, ein Toter aus der Unterwelt, ist ein Liebender.  Dabei trägt sowohl der Tod als auch die Liebe stets das gleiche Gesicht. Auch der Spiegel fungiert in vielfacher Weise. Nicht nur als Eintritt ins Reich der Toten - wir sehen ja in Spiegeln täglich wie wir alt werden. Jeden Tag ein Stück näher in die Nähe des Todes. Auch von der Unsterblichkeit des Dichters und der Liebe erzählt die Geschichte.



Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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