Mittwoch, 8. April 2015

Die Brücke

























Regie: Bernhard Wicki

Es geschah am 27. April 1945...

All dies geschah am 27. April 1945 - es war so unbedeutend, dass es in keinem Heeresbericht erwähnt wurde. "Die Brücke" von Bernhard Wicki aus dem Jahr 1959 ist sicherlich einer der hervorragendsten Werke der deutschen Filmgeschichte. Basierend auf dem gleichnamingen autobiografischen Roman von Gregor Dorfmeister, der ein Jahr zuvor erschien, gelang dem Filmemacher ein riesiger Welterfolg. Neben 5 Filmpreisen in Gold (u.a. für Wicki selbst sowie für die Nebendarstellerinnen Edith Schulze Westrum und Cordula Trantow) gelang es sowohl eine Golden Globe Nominierung als auch eine Oscar Nominierung als bester ausländischer Film des Jahres 1959 zu erringen. Bei der Preisverleihung am 4. April 1960 in Los Angeles musste sich der deutsche Beitrag allerdings durch "Orfeu Negro" geschlagen geben. Bei den Golden Globes schlug er sich aber erfolgreicher und konnte sich gegen die starke Konkurrenz (Orfeu Negro, Kagi, Wilde Erdbeeren, Wir Wunderkinder) erfolgreich durchsetzen.
Erzählt wird eine traurige und tragische Geschichte aus den letzten Tagen des 2. Weltkrieges. Nie zuvor hatte ein deutscher Regisseur eine so radikale Aussage zum Horror des Krieges gewagt. Wickis Film ist kompromisslos und bewies eindrücklich, dass deutsches Kino weit mehr sein kann als bloße Unterhaltung. Die Zeit war auch reif für eine filmische Aufarbeitung mit der jüngsten Vergangenheit.
Kurz vor Kriegsende, im April 1945, werden die noch minderjährigen Schüler eines Kleinstadtgymnasiums zum Kriegsdienst einberufen. Die sieben Jungs sind alle stolz nun endlich "Männer" zu sein. Die unebschwerten Tage sind damit vorbei. Klaus (Lechtenbrink) schenkt seiner Freundin Franziska (Cordula Trantow) eine wertvolle Uhr, die er aber am Tage der Einberufung von ihr zurückfordert, da er sie plötzlich als sehr nützlich für den Spähtrupp hält.
Siggi Bernhard (Günther Hoffmann) ist der kleinste, dementsprechend groß ist sein Motiv sich als besonders tapfer zu erweisen. Seine Mutter (Edith Schultze Westrum) kann nicht verstehen, warum die Schüler in den letzten Kriegstagen noch ins Kampfgeschehen eingreifen sollen. Am liebsten würde sie ihren Sohn zur Tante schicken. Der Offiziersohn Jürgen Borchert (Frank Glaubrecht) hat sich sogar freiwillig gemeldet. Die Mutter von Albert Mutz (Fritz Wepper) ist auch in Sorge und bittet Hans (Folker Bohnet) den schon etwas vernünftigeren Freund ihres Sohnes auf ihren Jungen aufzupassen. Karl Horber (Karl Michael Balzer) fällt es nicht schwer das Zuhause zu verlassen. Sein kriegsversehrter Vater, dem ein Friseugeschäft gehört, hat ein Verhöältnis mit seiner Angestellten (Edeltraut Elsner) hat, in die sich Walter verliebt hat. Der etwas aufmüpfige Walter Forst (Michael Forst) ist der Sohn des Ortsgruppenleiters, der in den letzten Tagen versucht zu flüchten.
Der Lehrer (Wolfgang Stumpf) der Jungs erreicht jedoch durch Intervention bei einem Offizier (Heinz Spitzner), dass seine Schüler nicht mehr in den Kampf geschickt werden sollen. Zusammen mit einem besonnenen Unteroffizier (Günther Pfitzmann) werden sie zur militärisch sinnlosen und wie es auf den ersten Blick erscheinenden ungefährlichen Bewachung der Brücke in ihrer Heimatstadt abgestellt. Doch der Unteroffizier, der für das Überleben der Jungens sorgen soll, wird bei einem Erkundungsgang in der Stadt als vermeintlicher Deserteur erschossen und kehrt von seinem Ausflug in die Stadt, wo er Kaffee bersorgen wollte,  nicht mehr zurück. Nun sind die Jungen auf sich selbst gestellt. Als Siggi bei einem Tieffliegerangriff getötet wird, erwacht zum Patriotismus fürs Vaterland zu kämpfen noch ein Rachedurst. Als die anrollenden Panzer der Amerikaner kommen, wird es weitere Tote geben....


am Ende steht der junge Fritz Wepper als einziger Überlebender taumelnd wie in Trance auf dieser Brücke. Die Uniform hat er verloren, sein Hemd ist blutveschmiert. Er begreift langsam, dass die Verteidigung einer strategisch völlig unwichtigen Brücke das Leben seiner sechs Freunde gekostet hat. Bernhard Wicki hat die Atmosphäre der letzten Kriegstage düster eingefangen, er zeigt die Menschen zwischen Angst und Hoffnung. Besonders einfühlsam gelangen ihm die psychologischen Profile der Jungen. Ihr Motiv schwankt zwischen echtem Vaterlands-Engagement und naivem Indianerspiel-Mentalität. Doch das romantische Abenteuer ist spätestens beim dreckigen Sterben vorbei.
Der großartige Film ebnete Wicki den Weg nach Hollywood. Produzent Darryl F. Zanuck verpflichtete ihn als Regisseur der deutschen Episoden für die Großproduktion "Der längste Tag", diesem berühmten Film über die Landung der Allierten in der Normandie. Es folge "Der Besuch der alten Dame" mit Ingrid Bergman und Anthony Quinn sowie der maßlos unterbewertete Kriegsfilm "Morituri" mit Marlon Brando, Yul Brynner und Trevor Howard. 

Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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