Donnerstag, 13. Juli 2017

Irrtum im Jenseits

Regie: Michael Powell and Emeric Pressburger

Der Himmel soll doch warten....

Die Liste der Filmklassiker, die das britische Regiegespann Michael Powell und Emeric Pressburger gemeinsam schufen, ist sehr erlesen: "Leben und Sterben des Colonel Blimp", "Canterbury Tale", "Die schwarze Narzisse", "Die roten Schuhe" und "Irrtum im Jenseits". Letzterer wurde vom Britischen Filminstitut auf Platz 20 der besten britischen Filme aller Zeiten gewählt.  Natürlich finden sich auch andere Klassiker des Duos in dieser Best of all Time Liste.
Dabei fällt auch in diesem Fantasy-Kriegsfilm auch die edle Ausstattung auf. Für die damalige Zeit waren die Dekorationen atemberaubend und auch heute noch fallen die klasse Phantasiebauten sehr eigenwillig und originell auf. Der Ausstatter war Alfred Jung und Kameramann Jack Cardiff wählte für den Himmel ätherisch wirkende Schwarz-Weiß Aufnahmen, das Leben auf der Erde wird dem Zuschauer in Farbe präsentiert.
Das britische Kreativteam konfrontiert den Zuschauer bereits ganz am Anfang mit einer drastischen Situation. Der junge Flieger Peter D. Carter (David Niven) von der britischen Luftwaffe versucht verzweifelt einen letzten Funkspruch aus der brennenden Maschine abzusetzen. Tatsächlich hört ihn jemand - die amerikanische Funkerin June (Kim Hunter) wird wohl der letzte Mensch sein, mit dem der junge Engländer sprechen kann. Und die Stimme hört sich für ihn sehr, sehr schön an, er könnte sich in diese zarte Frauenstimme verlieben. Und auch June hat heftige Emotionen bei dem Dialog durchs Funkgerät. Er erzählt ihr, dass die ganze Besatzung tot ist und neben oihm liegt sein Kamerad Bob (Robert Coote), der gerade eben verstarb. "Ja, June, ich steige jetzt aus dem Flieger...aber die Sache hat einen kleinen Haken: Ich habe keinen Fallschirm mehr". Dann bricht der Kontakt ab. Bob hindessen wartet an der Himmels-Rezeption auf seinen Vorgesetzten, denn der hat ja den Fall aus der Höhe ohne Fallschirm nicht überlebt, aber der taucht nicht auf im Jenseits. Stattdessen zeigt die Kamera einen Soldaten liegend am Strand, er steht benommen auf und denkt, dass er nun in einer anderen Welt ist. Er sieht einen Hund, der ihn zu einem kleinen Jungen führt, der dort Schafe hütet. Sieht ja fast so aus wie unten, dann wird ihm aber klar: Er hat überlebt. Wie durch ein Wunder und wie in einem Wunder begegnet er noch am Strand "seiner" June, die auf dem Fahrrad den Strand abklappert. Vermutlich um an den Absturzort zu gelangen. Beide verlieben sich spontan ineinander und da es eh die letzten Kriegstage sind, könnten die beiden jetzt heiraten und ein Leben lang glücklich miteinander werden. Aber dem Himmel ist ein Irrtum passiert und so besucht ihn der französische Abgesandte (Marius Goring) des Himmels (der Tod höchstpersönlich) und fordert ihn auf mitzukommen, weil seine Zeit ja vorbei ist. Peter argumentiert aber im Namen der Liebe, die ihm nun nach seinem eigentlichen Tod erstmalig richtig begegnet ist und nun hätte er doch das beste Argument um weiterzuleben. Ein Prozess ganz oben wird aber dennoch stattfinden. Der amerikanische Staatsanwalt Abraham Farlan (Raymond Massey) ist nicht gut auf die Engländer zu sprechen, so braucht Peter einen Anwalt, der seinen Fall gewinnt. Denn nur wenn der Himmel für ihn entscheidet, kann er am Leben bleiben. June und Dr. Reeves (Robert Livesey) nehmen Peters Wahrnehmungen zwar sehr ernst, sie glauben aber beide, dass dies die Folge eines schweren Gehirntraumas durch den Sturz ist. Er will unbedingt, dass sich Peter einer Operation unterzieht. Und findet dann zeitgleich mit dem Prozess im Jenseits statt...




Klingt unglaublich und etwas absurd, aber der Film meistert gekonnt durch ein gutes Drehbuch die Ernsthaftigkeit der Geschichte. Angereichert ist der farbenfrohe Klassiker mit zahlreichen kinematographischen Tricks wie zum Beispiel das Standbild bei der Tischtennis-Partie oder bei der Operation. Denn während Peter seine Begegnungen mit dem Tod hat, der ihn holen möchte, steht die Zeit still und für die ganz normalen Erdenbewohner sieht es so aus als wäre ihre Zeit angehalten worden, Peter und sein ungebetener Gast sind alleine im unendlichen Raum. Phasenweise ist der Film in seiner Gestaltung sehr visionär, wie eigentlich die meisten Powell/Pressburger Filme. Für Kim Hunter, die spätere Stella aus "Endstation Sehnsucht" und noch spätere Dr Zira in "Planet der Affen" war dies eine ihrer ersten Rollen.




Bewertung: 7,5 von 10 Punkten. 

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