Donnerstag, 14. Juni 2018

Abend der Gaukler

























Regie: Ingmar Bergman

Ohne Hoffnungsschimmer...

"Abend der Gaukler" (Original: Gycklarnas afton) aus dem Jahr 1953 ist für mich einer der düstersten Bergman Filme überhaupt. Er schildert den mühevollen Weg des Lebens der Menschen, dessen Rückschläge und Verzweiflung. Das Alte zerbricht, ein neuer Anfang muss gemacht werden, wenn man weiterleben möchte.
Am Anfang sieht der Zuschauer die Wagen des heruntergekommenen Zirkus Alberti. Der Kutscher erzählt dem Direktor Albert Johannson (Ake Grönberg) die tragische Begebenheit, die sich vor einigen Jahren ereignet hat. Clown Frost (Anders Ek) erfährt, dass seine Frau (Gudrun Brost) von einem Trupp Soldaten überreden ließ im Meer nackt zu Baden. Er eilt sofort von der Manege an den Strand, bedeckt mühsam ihre Blöße und trägt seine Alma kilometerweit über den steinigen Strand nach Hause. Bergman zeigt in Großaufnahme das verzweifelte kämpferische Gesicht des Clowns und auch der Frau, deren Gesichtsausdruck sich immer mehr ihrem Mann angleicht.
"Abend der Gaukler" steuert auf ein destruktives Ende hin, denn weil der Zirkusdirektor am Ende seinen geplanten Selbstmord aufgibt, muss er eine Ersatzhandlung vollbringen und erschießt den Bären, weil er jemandem wehtun will. Dieser hat kurz vorher in der Vorstellung zum ersten Mal nicht getanzt und Alma, die mit dem Tier diese Nummer präsentiert, ahnte dadurch, dass das Tier irgend etwas spürte.
Hier bringt Bergman etwas spirituelles mit in die Handlung, dass man einfach fühlen muss - erklärbar ist der "Dialog" bzw. Gedanke von Alma zu ihrem Bären nicht.
In der Stadt, in der Johannson mit seinem schäbigen Zirkus vorbeikommt, lebt auch Alberts Frau Agda (Annika Tretow). Er hat sie vor einigen Jahren für den Zirkus verlassen, weil er nicht seßhaft werden wollte und das Wanderleben ihm viel besser gefiel. Dabei musste Agda die zwei Jungs alleine großziehen. Alberts Geliebte, die Kunstreiterin Anne (Harriet Andersson) plagen Ängste - sie hat die Befürchtung, dass Albert wieder zu seiner Frau zurückkehren könnte und den Zirkus aufgibt. Tatsächlich sind die Kassen leer und die Leute haben schon lange keinen Lohn mehr bekommen. Albert kommt aud die Idee dem Theaterdirektor (Gunnar Björnstradnd) einen Besuch abzustatten in der Hoffnung, dass dieser dem Zirkus für den Premierenabend Kostüme ausleiht. Hinter den Kulisse trifft Anne auf den eitlen und arrroganten Schauspieler Frans (Hasse Ekman), der versucht die attraktive Frau zu verführen. Anfangs bleibt sie standhaft, obwohl ihr der fremde Mann gefällt. Doch als Albert sich aufmacht seine Frau zu besuchen, gefällt auch Anne das Spiel mit dem Feuer und sie heimlich ein weiteres Mal das Theater auf. Während der recht deprimierte Albert seine Frau bittet, bei ihr bleiben zu dürfen und einen liebevollen aber bestimmten Korb bekommt, schläft Anne mit Frans. Als Albert dies herausbekommt, rast er vor Wut und Verzweiflung. Es kommt bei der Galavorstellung im Zirkus zur offenen Schlägerei. Albert geht als Verlierer vom Platz, sein spontaner Suizidversuch misslingt. In einer Art Ersatzhandlung erschießt er den Bären und wie nach einem entladenen Gewitter kehrt Ruhe ein und noch in der Nacht zieht der Zirkus weiter. Anne gesellt sich zu ihrem Albert und schweigend laufen sie nebeneinander und gemeinsam...




Kameramann Hilding Blath konnte den Film nicht komplett fotografieren, da er andere Verpflichtungen hatte - so kam Sven Nykvist erstmalig zum Zug, der sich in der Folge als ein langjähriger Begleiter in Bergmans Filmschaffen erwies. Als Inspiration seines Films sah Bergman vor allem den deutschen Stummfilm "Variete" von Andre Dupont aus dem Jahr 1925. Die Kritik war damals gespalten - für die einen war "Abend der Gaukler" ein Meisterwerk und andere urteilten vernichtend über Bergmans hoffnungslose Studie über das menschliche Dasein. Ein Wohlfühlfilm ist "Abend der Gaukler" auf keinen Fall, denn die Geschichte, die Bergman erzählt, wandelt sich öfters innerhalb von Sekunden von der Komödie zur Tragödie. Entsetzte und erstarrte Gesichter sind präsent und stehen expemplarisch für den gesamten Inhalt. Der Zuschauer wird Zeuge vom Treiben und Leiden der Gaukler und mag sich irgendann selbst darin sehen. Die Sehnsucht nach einem anderen Leben, dass sich die Gaukler erhoffen, ist sofort als Spiegelbild der Gesellschaft erkennbar. Und sowohl Theater und Zirkus bedeuten Applaus auf der einen Seite, aber auch das Gegenteil. Am Ende steht Ohnmacht und der Bär wird erschossen, ja beinahe schon erlöst vom traurigen Dasein, weil es ihm als Gefangener, der seinen Tanz einzustudieren hat, noch schlechter geht als dem Mensch.
Ein sehr trauriger Film.




Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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