Samstag, 23. Juni 2018

Unter falschem Verdacht

























Regie: Henri Georges Clouzot

Ein Fall für Inspektor Antoine

Während der Besatzung Frankreichs drehte Henri-Georges Clouzot sein frühes Meisterwerk "Der Rabe" - dies führte dazu, dass der Regisseur nach Ende des 2. Weltkriegs mit einem Berufsverbot belegt wurde. Ihm wurde zu enge Zusammenarbeit mit dem Feind unterstellt. Nach 2 Jahren wurde dieses lebenslang verhängte Verbot aufgelöst und so konnte Clouzot 1947 einen weiteren sehr interessanten französischen Film Noir realisieren. "Quai des Orfevres" bekam den deutschen Titel "Unter falschem Verdacht" und spielt im Theatermilieu. Er wurde 1947 ein riesiger kassenhit im Heimatland, der 5,5 Millionen Zuschauer in die Kinos zog.
Clouzot schrieb auch das Drehbuch, dass auf den Roman "Legitime defense" von Stanislas-Andre Steeman basierte. Die Atmosphäre kann man auch als etwas morbid bezeichnen, daher sind Ähnlichkeiten mit "Der Rabe" sehr schnell erkennbar.
Es gibt auch einen interessanten Einblick in die Polizeiarbeit dieser Jahre, die wird von Clouzot sehr ungeschminkt geschildert - die Männer vom Polizeipräsidium in Paris, das am Quai des Orfebres liegt, sind knallhart und ihre Methoden sind aus heutiger Sicht extrem gewalttätig. Auch Inspektor Antoine (Louis Jouvert), der im Laufe der Geschichte mit dem Mordfall Brignon betraut wird, agiert bei den Verdächtigen mit harten Bandagen. Doch privat ist der Kriminalbeamte viel weicher, er kümmert sich rührend um seinen dunkelhäutigen Adoptivsohn.
Doch bevor er die Szene betritt, beginnt Clouzots Film im Theatermilieu und der Zuschauer lernt die eher unfreiwillige Femme Fatale Jenny Lamour (Suzy Delair) kennen, die eigentlich Marguerite Martineau geborene Chauffunier heißt und mit dem eher stillen und sanftmütigen Pianisten Maurice (Bernard Blier) verheiratet ist. Maurice hat aber eine große Schwäche: Er ist irre eifersüchtig und spricht damit seiner treuen Frau oft das Misstrauen aus, weil er glaubt, dass sie ihn betrügen könnte. Die beiden leben aber ansonsten ganz glücklich in Paris. Ganz nah bei der Fotografin Dora Monnier (Simone Renant) , die Maurice seit ihrer Kindheit kennt und auch jetzt eine gute Freundin des Ehepaars ist. Ganz heimlich hat sie aber auch Gefühle für Maurice, doch lässt sich nichts anmerken. Oder vielleicht sogar eher für Maurices Frau Jenny. Aber wer weiß das schon. Die Dialoge mussten ja damals allesamt durch die strenge Zensur.
Immer wieder lässt sich auch der reiche bucklige Machtmensch Brignont (Charles Dullin) in Doras Atelier sehen. Und immer begleitet von ganz jungen Mädchen, die sich prostituieren. Er verlangt von den jungen Frauen, dass sie sich nackt ablichten lassen. Und sicherlich auch mehr...er hat einen zweifelhaften Ruf, aber er hat auch großen Einfluss im Filmgeschäft. Auch Jenny, die Karriere machen will, kennt Brignon und erhofft sich von ihm ein Engagement beim Film, weil man dort viel mehr verdienen kann als beim Theater. Da sie weiß wie eifersüchtig Maurice werden kann, verheimlicht sie das Rendezvous mit Brignon. Doch Maurice bekommt Wind davon und macht Brignon und seiner Frau im Restaurant eine wütende Szene und droht damit ihm beim nächsten Mal umzubringen. Jenny ist aber unverbesserlich und will sich ein weiteres Mal mit Brignon treffen. Wieder bekommt Maurice Wind davon und er fährt mit dem Auto zu Brignons Haus. Dort angekommen findet er dessen Leiche...



Und es wird nicht einfach sein, diesen verzwickten Mordfall zu klären. Denn es passieren einige unvorhergesehene Dinge. So wird beispielsweise in der gleichen Nacht auch noch Maurices Auto gestohlen. Der Inspektor lässt aber nicht locker, er will den Fall so schnell wie möglich aufklären. Sehr schnell macht er Maurice auch als Hauptverdächtigen aus. Clouzot führt darüberhinaus den Zuschauer ins nächtliche Paris der Varietes und der Nachtclubs. Es herrscht reges Leben in der Metropole und in der Nacht treffen sich im Mileu die Sänger, Artisten, Musiker und auch einige kriminelle Elemente. Leider ist "Auf falschem Verdacht" trotz seiner damaligen Popularität heute weitestgehend in Vergessenheit geraten. Das liegt sicherlich daran, dass er auch vom Fernsehen vernachlässigt wurde. Er ist zwar nicht ganz so stark wie "Der Rabe", aber erweist sich durch seine klasse Machart dennoch als ausgezeichneter Genrebeitrag, der es verdient hat heute wieder neu entdeckt zu werden.




Bewertung: 8,5 von 10 Punkten. 

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