Mittwoch, 20. Juli 2016

Endstation Sehnsucht


Regie: Elia Kazan

Der Besuch von Blanche...

Die Theaterstücke und Romane von Tennessee Williams waren in Hollywood sehr beliebt und viele seiner Werke wurden auch mit einem starken Schauspieler-Ensemble erfolgreich verfilmt.  Es gab den Akteuren die Gelegenheit schauspielerisch alles herauszuholen und zur Höchstform aufzulaufen, auch wenn Willams brisante Themen in den 40er und 50er Jahren Verfilmungen stets etwas verfälscht und verharmlost wurden. Dennoch war das sexuelle Motiv ständig präsent und wurde in eine neurotische Umgebung eingebettet. Der Stoff, aus dem diese Melodramen sind. Willams wurde von den Lehren Sigmund Freud inspiriert und war interessiert an dem Übergang von der aristokratischen Kultur der alten Südstaaten hin zu einem neuen Amerika, der Freiheit. Eine freiheitliche Gesellschaft, in der das Gesetz des Stärkeren zählt und auch sehr oft das Gesetz des Urwalds. Tennessee Williams Theaterstücke wurden von den Kritkern auch als "Southern Gothic" bezeichnet. Es fing alles an mit "Die Glasmenagerie" und es folgten noch erfolgreichere Stücke wie "Die Katze auf dem heißen Blechdach" oder "Plötzlich im letzten Sommer". Sein größter Erfolg dürfte allerdings "Endstation Sehnsucht" sein, die Verfilmung wurde mit dem Regisseur Elia Kazan im Jahr 1951 realisiert. Der Regisseur hatte bereits die Uraufführung am Broadway inszeniert und Marlon Brando, Kim Hunter und Karl Malden spielten auch schon auf der Bühne ihre Rollen. Als Blanche Du Bois wurde die Hollywood-Diva Vivien Leigh (Vom Winde verweht) engagiert. Die Rolle war Leigh auch nicht fremd, denn auch sie hatte Bühnenerfahrung als "Blanche". Dennoch wollte Elia Kazan seine Broadwaybesetzung Jessica Tandy für die Verflilmung durchsetzen. Doch die Produzenten bestanden auf den Big Star. Der Rest ist Oscar-History. Für Vivien Leigh wurde die Rolle ein riesiger Triumph. Sie erhielt zum zweiten Mal den Oscar und auch Karl Malden und Kim Hunter durften sich über die begehrte Trophäe freuen. Lediglich der junge Marlon Brando hatte gegen Humphrey Bogart in "African Queen" das Nachsehen - aber dennoch beherrscht sein Stanley Kowalski die Szenerie des dialogreichen Films. Er strahlte eine jugendliche, unterschwellig aggressive Sexappeal aus, mit der sich eine junge Generation von Kinogängern sehr gut identifizerien konnte.
Die Geschichte spielt in New Orleans. Eines Abend kommt dort am Bahnhof ein Zug an, in dem eine Lehrerin, die alternde Schönheit Blanche Dubois (Vivien Leigh) aussteigt. Sie will hier in der Stadt ihre jüngere Schwester Stella (Kim Hunter) besuchen. Stella verließ vor Jahren schon den stolzen Familienbesitz Belle Reve, um in der Großstadt ihr Leben zu leben und nun ist sie mit dem Arbeiter Stanley Kowalski (Marlon Brando) verheiratet. Stanley ist der Sohn polnischer Einwanderer und beide führen eine leidenschaftliche Ehe in einer kleinen Wohnung im Arbeiterviertel, wo es laut zugeht. Es gibt auch trotz der Leidenschaft - durch die aggressiven Durchbrüche von Stanley, meistens durch zuviel Alkohol - manchmal auch Schläge. Schläge, die er nüchtern wieder bereut. Er ist ein roher Charakter - ehrlich, manchmal kränkend, oft brutal und geradeaus. Durch den Besuch der älteren Schwester Blanche sind die Probleme bereits durch die unterschiedlichen Charaktere vorprogrammiert. Blanche wirkt verschroben, weltfremd, fragil, affektiert, teilweise unnahbar und gibt sich betont kultiviert. Das Verhalten ihres Schwagers findet sie unangemessen und brutal. Bald werden die Spannungen verstärkt. Kowalski ist für klare Worte, Blanche schwelgt in Erinnerungen an frühere Zeiten und lebt in einer Illusion. Sie lügt auch Stanleys Arbeitskollegen Mitch (Karl Malden)an, der sich für sie zu interessieren scheint und gibt sich viel jünger aus als sie in Wirklichkeit ist. Stanley erfährt, dass Blanche auch den Familienbesitz verloren hat. Er findet auch heraus, dass Stella die Stellung aus Lehrerin verloren hat, weil sie sich auf eine Affäre mit einem 17jährigen Schüler einließ. Sie soll auch in einem verrufenen Hotel namens "Flamingo" viele Herren empfangen haben. Es folgen Zusammenbrüche und am Ende steht zwar die Geburt von Stellas Kind, aber auch zur gleichen Zeit die Zerstörung von Blanches Persönlichkeit durch Stanley, der mit Gewalt und einer Vergewaltigung Blanches Illusion ein für allemal zerstört. Sie wird von zwei Mitarbeitern einer Nervenheilanstalt abgeholt und sagt die berühmten Worte "We auch immer sie sind, ich habe mich immer auf die Freundlichkeit von Fremden verlassen“...



Noch immer ist der Film sehr faszinierend. Eine Reise in das subversive Old Hollywood. Ganz große Schauspielleistungen aller Akteure - ansonsten könnte der Film gar nicht funktionieren. Die Charaktere sind sehr interessant und die Geschichte fesselt durch ihre Kraft und die Gegensätze der menschlichen Verhaltensweisen. Wie im Theater spielt sich das Ganze auf sehr begrenztem Raum ab, meistens in der kleinen Wohnung. Der Film ist auch geprägt von der großartigen Filmmusik des Jazzmusikers Alex North und auch die Bilder von Harry Stradling Sr. (Guys and Dolls, My Fair Lady, Hello Dolly) unterstützt die beengte, schwüle und bedrückende Atmosphäre. Ein Film mit sehr viel markanten Szenen. In einer Szene versucht Blanche einen Zeitungsjungen (Wright King) zu verführen, in einer anderen Szene schreit Marlon Brando mit zerrissenem T-Shirt nach seiner Stella, die sich aus Furcht vor schlägen in der Wohnung ihrer Nachbarin  versteckt hat.



Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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