Mittwoch, 20. Juli 2016

Sein Mädchen für besondere Fälle

























Regie: Howard Hawks

Die beste Story für die Titelseite...

Bereits 1931 wurde das Theaterstück "The Front Page" von Ben Hecht und Charles MacArthur verfilmt. Die geniale Geschichte aus dem Zeitungsmilieu erzählt die Geschichte des Starreporters Hildy Johnson, der die Redaktion der "Post" verlassen will, um seine Peggy zu heiraten. Herausgeber Walter Burns gibt sich aber im Kampf, seinen besten Mann zu halten, keineswegs geschlagen. Der Film von Lewis Milestone mit den Darstellern Adolphe Menjou und Pat O´Brien wurde ein großer Erfolg und sogar dreimal für den Oscar nominiert. Die Geschichte gefiel Howard Hawks so gut, dass er beschloß 1940 ein Remake des Stoffes zu machen. Allerdings nahm er eine kleine Veränderung vor, die sich als sehr genial und gewinnbringend erwies. Aus dem Starreporter Hildy Johnson machte er eine Hildegard Johnson und aus dem klassischen Zeitungsdrama eine der besten Screwball-Comedys aller Zeiten. Dies gelang ihm vor allem auch deshalb, weil er diesen Kampf der Geschlechter ausserordentlich rasant inszenierte. Der Zuschauer hat nie Pause, denn ständig gibts neue Erkenntnisse. Aus "Front Page" wurde so "His Girl Friday" (deutscher Titel: Sein Mädchen für besondere Fälle, der Begriff "Sein Mädchen Freitag" spielt auf die Robinson Geschichte an, in Daniel Defoes klassischem Roman heißt Robinsons Gefährte und Diener Freitag) und die Hauptdarsteller Cary Grant und Rosalind Russell liefern sich 90 Minuten die tollsten Wortgefechte - allesamt im Maschinengewehrtempo serviert. Hinzu kam Howard Hawks Stilmittel dazu überlappende Dialoge einzusetzen, damit es noch mehr wie eine Temposteigerung wirkt. So hält "His Girl Friday" seine enorme Dynamik, die Spannung lässt nie nach. Und auch der absurde Humor nicht. Denn eine Geschichte aus dem hektischen Zeitungsmilieu, wo jederzeit eine gute Story gemacht werden muss, braucht auch einen äusserst zynischen Unterton. Howard Hawks ist einer der größten amerikansichen Regisseure aller Zeiten, auf sein Konto gehen unvergessliche Klassiker wie "Scarface", "Tote schlafen fest", "Red River", "Haben und Nichthaben" oder "Rio Bravo". Nur einmal - für "Sergeant York - wurde er für den Oscar nominiert. Allerdings erhielt er dann im Ruhestand einen Ehrenoscar.
Die Geschichte beginnt in der betriebsamen Redaktion der "Morning Post". Walter Burns, der Herausgeber, ist völlig aus dem Häuschen. Denn am folgenden Tag soll der Todeskandidat Earl Williams (John Qualen) hingerichtet werden. Der arme Tropf ist psychisch krank und hat einen Polizisten erschossen. Eigentlich sollte er in eine Psychiatrie, aber da Wahlen bevorstehen, haben Sheriff Peter B. Hartwell (Gene Lockhard) und der Bürgermeister (Clarence Colb) ein reges Interesse, dass der Deliquent auch gehängt wird. Das sichert meistens die Wiederwahl. Walter Burns dagegen hat in seiner Zeitung aber stets die schwere geistige krankheit von Earl aufmerksam gemacht. Burns drückt aber noch ein weiterer Schuh: Seine beste Reporterin Hildegard Johnson (Rosalind Russell), mit der er sich vor kurzem noch vermählt und dann schnell wieder geschieden hatte, will die Zeitung verlassen. Sie hat sogar mit Bruce Baldwin (Ralph Bellamy), einem braven und ruhigen Versicherungsvertreter einen neuen Verlobten und will diesen am nächsten Tag in Albany heiraten. Doch sie kennt die fiesen Schliche ihres Ex-Mannes und Ex-Chefs Walter. Und tatsächlich hat dieser schon längst einen Plan gefasst, wie er seine Hildy, die mit Leib und Seele Reporterin ist, wieder in allen Belangen für sich gewinnen kann. Dazu braucht er nur das Pressezimmer vom Gerichtsgebäude und ein paar pokerspielende, zynische und wenig empathische Journalistenkollegen und natürlich eine Story, die man nur einmal im Leben bekommt....


Am Ende gewinnt natürlich die "Morning Post" und mit ihr der eifersüchtige Walter, der seine Hildy wieder in die Arme schließen kann. Howard Hawks gelang mit dieser wunderbaren Komödie auch eine glänzende Journalistenfarce. Schlagzeilen für die Zeitung liefert an diesem absurden Nachmittag im Gerichtsgebäude, der bis in die Nacht hinein dauert, eine Ausbruchsgeschichte und eine Korruptionsaffäre obendrauf. Zwischendrin immer wieder die intriganten Spielchen des Herausgebers und seine Hildy springt natürlich an. Um die beste Story zu schreiben, vergisst sie doch irgendwann glatt ihren Verlobten und auch ihre Schwiegermama (Alma Kruger), die zu allem Überfluss auch noch auftauchen muss. Obwohl das Journalisten Metier gar nicht mal so gut wegkommt - man empfindet es doch als sehr faszinierend, diese kaltschnäuzigen und besessenen Irren, die selbstverliebt und eitel die beste Story des Tages zu bekommen. In den frühen 70er Jahren drehte der große Billy Wilder noch einmal ein Remake dieses unverwüstlichen Stoffes. Und auch diese Neuverfilmung mit dem Gespann Jack Lemmon und Walter Matthau, der eher zu den schwächeren Filmen Wilders gezähtl wird, hat mich ebenso begeistert wie der schwarz-weiß Klassiker von Howard Hawks. Beide Filme sind brilliant und gehören für mich zu den witzigsten Filmen aller Zeiten.


Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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