Sonntag, 22. Mai 2016

Für König und Vaterland

























Regie: Joseph Losey

Einfach weglaufen...

Joseph Loseys "Für König und Vaterland" entstand 1964 und weist gewisse Ähnlichkeiten mit Stanley Kubricks Meisterwerk "Wege zum Ruhm" auf, der 7 Jahre vorher enstand. Beide Filme spielen im 1. Weltkrieg und in beiden Fällen geht es darum, wie das Militär mit den Schwächen der Soldaten umgeht. In Kubricks Film sollen 3 zufällig ausgesuchte Männer hingerichtet werden, weil es die Einheit der Feigheit bezichtigt wurde und man nur tapfere, todesmutige Helden erlaubte. In Loseys Film geht es um den jungen Soldaten Arthur Hamp, gespielt von Tom Courtenay, der vor ein Kriegsgericht gestellt wird, weil er sich von der Front absetzen und einfach nach Hause gehen wollte. Mit diesem Schwarz-Weiß Film schuf Losey einen beeindruckenden Antikriegsfilm, der teilweise sehr theaterhaft durchkomponiert wirkt. Der amerikanische Regisseur trat 1946 in die kommunistische Partei ein - ein Schritt, der ihn auf McCarthys schwarze Liste setzte und es in der Folge für ihn unmöglich machte in seiner Heimat Filme zu drehen. Im englischen Exil schuf er dann großartige Filme wie "Der Diener", "Sie sind verdammt", "Der Mittler", "Das Mädchen und der Mörder", "Die romantische Engländerin" und "Monsieur Klein". In "Für König und Vaterland" herrscht eine triste Stimmung in einer tristen Umgebung. Der 1. Weltkrieg tobt und in der dritten Flandernschlacht begeht der bisher sehr tapfere Soldat Arthur Hamp (Tom Courtenay) Fahnenflucht. Dabei läuft er einfach vor der Front davon, ohne großen Plan - er will einfach nur noch nach Hause, als einziger Überlebender seiner Kompanie.  Ein paar Tage vorher suchte er den Militärarzt Captain O´Sullivan (Leo Genn) auf, weil er Ängste verspürte und sich dafür etwas verschreiben lassen wollte. Doch statt dem beruhigenden Medikament bekam er vom Doc ein Abführmittel, was dieser immer bei solchen Beschreibungen der Soldaten für sinnvoll erachtet. Hamp kommt aus der Unterschicht und es droht im als Deserteur die Todesstrafe. Sein Pflichtverteidiger ist der arrogante, aus der Oberschicht stammende Captain Hargreaves (Dirk Bogarde), der eigentlich für Feiglinge kein Verständnis hat. Er besucht den Gefangenen zum ersten Mal in seinem notdürftig eingerichteten Gefängnis im Schützengraben. Der Kriegsschauplatz ist von Regen und Matsch durchtränkt, die Zelle wird nur durch ein Gitter geschlossen, das mal das Kopfteil eines Messingbettes gewesen sein muss. Auf dem Boden lauter Schmutzlachen. Je mehr der Soldat von seinem Schicksal berichtet, desto mehr gewinnt Hargreaves Zweifel an seiner Schuld. Er erkennt, dass der Mann zum Zeitpunkt seiner Desertation schuldunfähig handelte. Doch wird das Kriegsgericht unter der Leitung des Colonels (Peter Copley) diesen Fall ähnlich sehen ?


Dieses Kriegsgericht - ebenfalls im Schützengraben - tagt ebenfalls sehr provisorisch und besteht aus einigen Holztischen und -stühlen. Sehr schnell wird dem Zuschauer klar, dass diese "Feigheit" vor dem Feind nicht gut für den Angeklagten enden kann, denn was wäre das für ein Signal für die Truppenmoral. Hamps Mitsoldaten rechnen ihm auch Null Chancen aus, was sie in einem Spiel deutlich machen, dass sie draussen mit einer Ratte nachspielen. Das Tier wird von den Männern zum Tode verurteilt. In der Nacht vor der Hinrichtung schleichen sich die Soldaten in Hamps Gefängnis und trinken gemeinsam mit ihm, in diesem Moment scheinen sie die Sorgen und Ängste zu vergessen. Ein Bild der Weichheit inmitten dieses Krieges ist vorübergehend domiant. Am anderen Morgen soll er aber exekutiert werden. Tom Courtenay und Dirk Bogarde spielen ihre Rollen sehr glaubwürdig und gut. Courtenay erhielt für seine Darstellung sogar den Coppa Volci der Filmfestspiele in Venedig. Loseys Film wurde viermal für den britischen Filmpreis nominiert. Der recht unbekannte Film schildert nicht die Kämpfe auf dem Schlachtfeld, sondern die Tücken des Soldatenlebens. Vor der Front gibt es kein Entrinnen - entweder man geht freiwillig in den wahrscheinlichen Heldentot, wenn nicht, wenn man sich weigert schießt nicht der Feind, sondern die eigene Armee. Fast mehr noch als bei Kubrick ist Loseys Film ein Krieg ohne Feind:  Im Hintergrund sind den Film über beständig Explosionen zu hören, aber gekämpft wird hier nur innerhalb der eigenen Reihen: Die gesamte Geschichte spielt sich in dieser dreckigen Bunkeranlage ab, und die Befehlshaber entscheiden mit Beiläufigkeit über Leben und Tod ihrer eigenen Männer. Auch hier wird der Gedanke geäußert, daß eine Hinrichtung eines "feigen" Soldaten die Motivation der restlichen Männer steigern wird, die bald wieder in die Schlacht ziehen müssen. In so einer Welt braucht es eben keinen Feind, damit Menschen sterben.


Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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