Sonntag, 4. Juni 2017

Buddenbrooks

























Regie: Alfred Weidenmann

Der Niedergang einer Kaufmannsfamilie...

Thomas Manns frühes Meisterwerk "Buddenbrooks - Verfall einer Familie" entstand 1901 und gilt als einer der größten Romane der deutschen Literatur.  Der Gesellschaftsroman erzählt vom allmählichen, sich über vier Generationen hinziehenden Niedergang einer wohlhabenden Patrizierfamilie. Für die großangelegte Illustration der gesellschaftlichen Rolle dieser Kaufmannsfamilie Buddenbrook und deren Selbstwahrnehmung als Säule des hanseatischen Großbürgertums erhielt Thomas Mann 1929 den Literaturnobelpreis. Der Roman spielt in den Jahren 1835 und 1877 und wurde mehrmals verfilmt.
Erstmalig 1923 als Stummfilm unter der Regie von Gerhard Lamprecht. Im Wirtschaftswunder-Deutschland des Jahres 1959 entstand die schwarz-weiß Verfilmung von Alfred Weidenmann. Etwas ausführlicher war dann die 1979 entstandene Fernseh-Miniserie, die von Franz Peter Wirth inszeniert wurde. Zuletzte versuchte sich Henrich Breloer im Jahr 2008 an dem vielschichtigen Stoff, doch er landete bei der Kritik eher einen Flop. Viel zu sehr achtete der Regisseur auf die Bilder und vernachlässigte damit die Figuren selbst.
Natürlich wurde auch der 1959er Film kritisiert, denn in den beiden Teilen (99 Minuten + 107 Minuten) kann nicht alles, was der Roman zu bieten hat, wiedergegeben werden - ausserdem gibts trotz einiger Stärken auch Schwächen. Vielfach wurde die Performance von Liselotte Pulver kritisiert, die aus der Tony Buddenbrooks des Romans phasenweise eine etwas andere Figur macht. Vor allem wird die Tony im Film eine Sympathiefigur, der Roman schildert sie aber als einfältigstes Familienmitglied, über die man richtig lachen kann. Mit Lilo Pulvers Toni lacht man aber eher mit...erst in der Szene als sie ihren zweiten Ehemann Alois Permaneder (Walter Sedlmayer) verlässt, nachdem er sie im Suff beleidigte "Geh´zum Deifi, Saulud´r dreckats" und ihr Bruder Christian (Hanns Lothar) schallend lacht, blitzt die echte Tony auf. Aber insgesamt spielt die Schweizerin auf dem guten Niveau der anderen Darsteller - Werner Hinz und Lil Dagover spielen die Partriarchen Jean und Elisabeth Buddenbrook. Schauplatz des Geschehens ist Manns Heimatstadt Lübeck, ohne dass der Name der Stadt ausdrücklich erwähnt wird.
Der Film beginnt mit der ersten Begegnung zwischen Toni und dem widerlichen Schleimer Bendix Grünlich (Robert Graf) auf der Straße. Der Mann macht ihr ein Kompliment, dass sie nun gar nicht erwidern möchte. So sehr findet der Mann ihr Mißfallen. Wenig später taucht der Mann mit dem markanten Backenbart sogar im Haus des Vaters auf. Er entpuppt sich als Geschäftspartners des Herrn Papa und ausserdem scheint er Gefallen an der störrischen Tony gefunden zu haben. So sehr, dass er um deren Hand anhält. Die will aber nicht und reist zu Bekannten nach Travemünde, um Zeit zu gewinnen. Dort verliebt sie sich in Morten Schwarzkopf (Horst Janson), der Arzt werden möchte und ihre Liebe erwidert. Tony will auf ihn warten, bis er "etwas geworden ist". Doch sie heiratet schließlich auf sanftem Druck ihrer Eltern den ihr verhassten Grünlich. Der stellt sich aber später als Betrüger und Hochstapler heraus. Neben Toni sind auch ihre Brüder Thomas (Hansjörg Felmy) und Christian (Hanns Lothar) Hauptfiguren der Geschichte...beide könnten unterschiedlicher sind nicht. Christian ist nicht besonders interessiert am Familienerbe und an den erfolgreichen Geschäften des Vaters. Thomas schon eher, der hat aber ein nicht standesgemäßes Verhältnis mit dem Blumenmädchen Anna (Ellen Rödler). Die Revolution von 1948 kommt auch in Lübeck an. Der Vater stirbt und so übernimmt Thomas in jungen Jahren die Geschäfte. Natürlich muss er sich von Anna trennen. Er heiratet die Kaufmannstochter Gerda Arnoldsen (Nadja Tiller). Doch trotz großer Bemühungen kann er den Verfall der Familie nicht aufhalten...



Es gibt ein paar sehr klasse Szenen, in denen eine gewisse Verbundenheit von Thomas und seinem kleinen Sohn Hanno (Reinhold Zobel) sichtbar wird. Die ist eher selten, denn Thomas glaubt, dass sein Sohn ein Versager werden könnte. Aber dann wenn Mutter Gerda sich mit ihrem jungen Musiklehrer Leutnant von Trotha (Matthias Fuchs) ins Musikzimmer zurückzieht und an ihrer Geige übt, ahnen wohl Thomas und auch der kleine Junge, dass sich hinter verschlossen Türen vielleicht Geheimnisse abspielen könnten.
Auch die Szene mit dem kranken Hanno und seinem einzigen Freund Kai (Thomas Koch), der ihn am Krankenbett besucht, ist sehr interessant gestaltet. Denn zwischen den beiden Kindern hat sich ein inniges Gefühl entwickelt, dass den älteren Familienmitgliedern Buddenbrook abgeht, haben sie doch zu sehr gelernt ihre Gefühle zu unterdrücken und Standesdünkel und Krämer-Mentalität immer vorrang hatte.
Immerhin gabs zwei Deutsche Filmpreise - einmal für Hanns Lothar, der einen fast perfekten Christian Buddenbrook abgibt und für das sehr gute Szenenbild von Robert Herlth. Auch die Kameraabeit von Friedl Behn-Grund ist äusserst gelungen - er orientierte sich an der kühlen nordischen Optik von Ingmar Bergmanns Stammkameramann Gunnar Fischer. Kontrast- und nuancenreich fallen seine Bildkompositionen aus.




Bewertung: 7 von 10 Punkten.

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