Dienstag, 4. Dezember 2018

Tiger Bay

























Regie: J. Lee Thompson

Der Mörder und das kleine Mädchen...

J. Lee Thompsons eher ungewöhnlicher Film Noir "Tiger Bay" aus dem Jahr 1959 erinnert etwas an den Genreverwandten "Ein Kind war Zeuge" von Charles Crichton, der 7 Jahre früher gedreht wurde. Bei beiden Filmen handelt es sich um britische Produktionen und J. Lee Thompson konnte später in den USA mit seinem Meisterwerk "Ein Köder für die Bestie" noch einmal sein Geschick und seine Könnerschaft in dieser Filmgattung beweisen. "Tiger Bay" sieht vor allen Dingen hervorragend aus. Die ersten Bilder vom Schiff, dass in den Hafen von Cardiff eingefahren ist, und die Kamera auf die ankommenden Matrosen hält, fängt schon eindrücklich die starke Atmosphäre der Geschichte ein. Einer dieser Matrosen ist der junge Pole Bronislav Korchinsky (Horst Buchholz) und nach vielen Monaten auf hoher See endlich seine Freundin Anya (Yvonne Mitchell) besuchen und bald heiraten will. Die Heuer hat er gespart, nichts soll dem Glück zu Zweit im Wege stehen. Doch in der alten Wohnung wohnt ein anderes Mädchen (Shari), die nicht gerade erfreut ist, dass ein fremder Kerl im Zimmer steht. Vom Verwalter Dr. Das (Marne Maitland) erfährt er Anyas neue Adresse. Sie wohnt jetzt in einem Mietshaus nahe den Docks. Dort wohnt auch die 11jährige Vollwaise Gillie Evans (Hayley Mills), die dem Matrosen den Weg dorthin zeigt. Gillie ist mehr Junge als Mädchen, spielt lieber mit Spielzeugpistolen statt mit Puppen und lügt, was das Zeug hält. Ihre Tante Mrs. Phillips (Megs Jenkins) lebt im gleichen Haus wie Anya, doch sie und alle anderen Mitbewohner halten nicht viel von der attraktiven Frau, die einen älteren Herrn (Anthony Dawson) empfängt. Man sagt sich, dass sie sich aushalten lässt. Von all dem weiß Bronislav nichts, aber die Freude des Wiedersehens wird ganz schnell getrübt als ihm Anya die Tür öffnet und er sieht, dass der Tisch für zwei Personen gedeckt wurde. Hat sie etwa einen Anderen ? Tatsächlich kommt es sehr schnell zum Zerwürfnis und Anya teilt ihm mit, dass sie jetzt einen Freund mit Geld hat. Dies führt zu Aggressionen, die Frau nimmt eine Pistole aus der Schublade und versucht auf ihren früheren Lover zu zielen. Dies misslingt, er bekommt die Waffe in die Hand und in diesem Moment knallen ihm die Sicherungen durch. Er schießt mehrmals auf die Frau, die tot auf dem Boden aufschlägt. Jetzt ist nur noch die Flucht die einzige Möglichkeit. Doch durch den Türschlitz hat die kleine Gillie die ganze Szenerie als Augenzeugin mitansehen müssen. Sie kommt sogar an die Tatwaffe und versteckt die Pistole. Bronislav kann fürs Erste fliehen und Gillie hat nur Augen für die Waffe. Als ihre Tante die Leiche entdeckt, sagt sie, dass sie überhaupt nichts bemerkt hat. Sie bleibt auch bei dieser Aussage als sie vom ermittelnden Kommissar Graham (John Mills) befragt wird. Doch Bronislav will natürlich die Tatwaffe und möglicherweise will er auch die einzige Zeugin unschädlich machen...



Horst Buchholz spielt diesen Mörder allerdings mit sehr guten Charakteranteilen. Der Zuschauer merkt sehr bald, dass das schreckliche Verbrechen nicht unbedingt im Einklang mit dem Täter Bronislav Korchinsky steht. Zur fast gleichen Zeit stand der junge Horst Buchholz in "Das Totenschiff" ebenfalls als Matrose vor der Kamera. Er spielt in beiden Filmen einen ähnlichen Typen. In beiden Fällen ist es auch eine flatterhafte Frau, die das Schicksal des Seemanns mitgestaltet. Hochgelobt wurde aber vor allem das Leinwanddebüt von John Mills Tochter Hayley, die auf der Berlinale einen Silbernen Bären als Sonderpreis für ihre herausragende Darstellung erhielt. Ausserdem bekam sie 1960 für diese Rolle den BAFTA Award als vielversprechendste junge Schauspielerin.
Natürlich geht "Tiger Bay" nicht ganz als lupenreiner Film Noir durch. Er ist eher so etwas wie ein Hybrid aus Schwarzer Serie Krimi und Sozialdrama ala "Die Faust im Nacken". Die Impressionen der Stadt Cardiff sind jedenfalls hervorragend gelungen und setzt der Stadt sogar eine Art filmisches Denkmal.
Durch die durchweg perfekten Darstellerleistungen ist der Film auch heute noch sehr atmosphärisch und sehr schnell sind die Figuren im Mittelpunkt der Geschichte. In den 80er Jahren wurde J. Lee Thompson zum Garant für guten Charles Bronson Filme, er drehte für die Cannon Films Knaller kultfilme wie "Ein Mann wie Dynamit", "Murphys Gesetz"oder  "Das Gesetz ist der Tod".
 


Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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