Regie: Ingmar Bergman
Künstler, Gaukler, Magier, Hexen und andere Akteure....
Das Gesicht" entstand 1958, somit in einer der stärksten Schaffensphasen von Bergman, kurz nach "Das siebente Siegel" sowie "Wilde Erdbeeren" und kurz vor "Jungfrauenquelle" oder "Wie in einem Spiegel".
Für mich persönlich seine stärkste Phase, auch wenn er danach noch viele wunderbare Filme und Meisterwerke drehen konnte.
"Das Gesicht" wird jedoch rückwirkend - selbst bei den Bergman Fans - in der Gunst eher vernachlässigt.
Ingesamt wird der Stil und das Tempo des Films als uneinheitlich kritisiert. Man bedauerte auch, dass Bergman in diesem Film die zwei Widersprüche Wissenschaft und (Aber)glaube streiten lässt, aber für keine der Seiten eine klare Stellung bezieht.
So landete "Das Gesicht" leider in der Schublade als dieses nicht ganz geglückte Zwischenspiel, als Art lockeres Intermezzo des grossen Filmemachers zwischen seinen Frühwerken und seinem reifen Spätwerk.
Ich persönlich liebe diesen Film sehr und er ist einer meiner erklärten Bergman-Lieblinge.
Möglich aber, dass die Genialität dieses Films sich erst bei einem zweiten Anlauf erschliesst. Das Gesicht balanciert gekonnt zwischen einer düsteren Schwere und einer Art Schwerelosigkeit.
Wer dann zusätzlich noch ein Faible für eine erlesene s/w Kamera-Arbeit (Gunnar Fischer) mit durchweg wunderschönen, düsteren und melancholischen Bildkompositionen hat, die es versteht eine Zeit vor etwas mehr als 150 Jahren wieder aufleben zu lassen, der wird sehr schnell von diesem Film gefesselt sein.
1846...in den Wäldern, kurz vor Stockholm, befindet sich eine sonderbare 5-köpfige Reisegesellschaft mit der Kutsche auf dem Weg dorthin. Zu diesem magnetischen Heiltheater gehört der Arzt und Magier Dr. Emmanuel Vogler (Max von Sydow), ein Mann, der sich in der Öffentlichkeit als stumm ausgibt und mit falschem Bart und Perücke reist. Seine Frau (Ingrid Thulin), die sich Mann verkleidet und sich Herr Amann nennt..sowie die hexenartige Grossmutter Vogler (Naima Wifstrand), der lebenslustige, vitale Tubal (Aka Fridell) und der junge Kutscher Simon (Lars Ekborn).
Im Wald finden sie einen totkranken Mann, den Schauspieler Johan (Bengt Ekerot).
In Stockholm angekommen werden sie auf Geheiss des Polizeipräsidenten (Toivo Pavlo) ins Haus des Konsul Egermann (Erland Johansson) geführt, wo sie von den beiden Herren und dem Naturwissenschafter Dr. Vergerus (Gunnar Björnstrand) erwartet werden.
Voglers Heiltheater gastierte in weiten Teilen Europas und er hat sich in seiner Zeit durch seine umstrittenen Heilmethoden einen nicht durchweg positiven Ruf geschaffen. Für viele aufgeklärte Menschen gilt er als Scharlatan oder elender Schwindler, der sich an der Not der Menschen bereichert.
Tatsächlich verkauft Grossmutter Vogler auch alle Arten von Heilmittel.
Egermann und seine Frau sind überzeugt davon, dass es Menschen mit besonderen Fähigkeiten gibt. Heilungen, die sich nicht wissenschaftlich erklären lassen. Der Wissenschafter und der Polizeipräsident lassen diese Möglichkeit in ihrem Denken nicht mehr zu. So läuft heimlich diese Wette, um Dr. Vogler als Betrüger zu entlarven. Man zwingt Vogler am nächsten Morgen eine Privatvorstellung zu geben...aber vorerst beginnt die Nacht. Die Vogler Gruppe lernt das Küchenpersonal, u.a. die Magd Sara (Bibi Andersson) oder Köchin Sofia (Sif Ruud) kennen und es wird eine Nacht verschiedenster Begegnungen...
Es dreht sich alles um die Themen Rationalität und Irrationalität, Wissen vs. Glaube aber auch um die Kunst und die Wahrnehmung von Künstlern in der Öffentlichkeit, vor 150 Jahren in der Gestalt dieser Gauklertruppe oder durch den sterbenskranken Schauspieler im Wald.
Die fahrende Gruppe wird gezwungen, ihre künstlerische Existenzberechtigung zu beweisen, sich gegenüber den rationalisierten wirtschaftlichen und politischen Strukturen und ihren Vertretern zu behaupten. Mit Magie....ein wahrhaft magischer Fim der Spitzenklasse.
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.
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