Dienstag, 11. Dezember 2012

Laura



Regie: Otto Preminger

Rätselhafte Frau...

Zu den ungewöhnlichsten "Film Noirs" gehört zweifelsohne Otto Premingers "Laura" aus dem Jahr 1944.  Als genialer Schachzug von Preminger erwies sich auch, dass er Joseph LaShelle als Kameramann engagierte, nachdem Lucien Ballard nicht zur Verfügung stand. LaShelle brachte Stunden damit zu die einzelnen Szenen des Films exakt zu planen - er hatte die Ambition immer die perfekte Beleuchtung für jedes Bild zu finden. Dieser Aufwand wurde belohnt - nicht nur, dass die Szenen teilweise einen traumähnlichen Charakter wiedergaben, La Shelle erhielt für diese starke Leistung auch den Oscar.  Viele weitere Nominierungen sollten folgen. Insgesamt kam "Laura" bei der Oscarverleihung 1945 auf vier weitere Nominierungen (Beste Regie, Bester Nebendarsteller Clifton Webb, Bestes Drehbuch und Bestes Szenenbild). Aber der Gewinner dieser Oscarnacht war die erfolgreiche Schnulze "Der Weg zum Glück".
Man könnte fast sagen, dass der Film in zwei Teile gegliedert ist. Und der erste Teil ist mehr "Film Noir" als der zweite Teil, der plötzlich viele andere Gesichtspunkte und Facetten der Geschichte freigibt.
Es ist ein heißes Wochenende in New York City des Jahres 1941. Die erfolgreiche Geschäftsfrau Laura Hunt (Gene Tierney) wird tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Gefunden wird die schöne attraktive Frau von ihrer Haushälterin Bessie (Dorothy Adams) in einem übel zugerichteten Zustand. Der Killer muss ihr mit einer Flinte ins Gesicht geschossen haben, als die Frau ahnungslos die Wohnungstür öffnete. Mit den Ermittlungen wird der toughe und auch ruppige Det. Lt. Mark McPherson (Dana Andrews) betraut. Dem attraktiven Ermittler fällt auch gleich die Schönheit der Toten auf, denn eib Gemälde von Laura hängt in ihrer Wohnung. Er beginnt die engsten Freunde der Toten zu verhören, angefangen bei dem berühmten Radiokolumnisten Waldo Lydecker (Clifton Webb), ein egozentrischer Einzelgänger, der Laura den Startschuß ermöglichte eine erfolgreiche Laufbahn einzuschlagen und der Laura auch abgöttisch liebte - allerdings blieb dies alles platonisch. Lauras Beuteschema war eher der männliche Draufgänger, sehr wahrscheinlich hätte die Tote auch Gefallen an dem coolen Detective gefunden. Lydecker, der aber permanent in höchster Eifersucht Lauras Liebesleben überwacht, schafft es, dass sie von ihrem ersten Verehrer ablässt, nachdem Lydecker ihn in seiner Radiosendung lächerlich gemacht hat. Bei Lauras letztem Verehrer, dem Taugenichts Shelby Carpenter (Vincent Price) hat er aber weniger Möglichkeiten. Ja. Laura wollte den Mann sogar heiraten, obwohl Waldo noch aufdecken konnte, dass dieser ein Verhältnis mit Ann Threadwell (Judith Anderson), Lauras reicher Tante hatte und es auch sonst mit der Treue nicht so genau nimmt. Dann geschieht etwas mit dem Detective. Er übertreibt es mit seinen Ermittlungen und schläft sogar in Lauras Appartement,  liest ihr Tagebuch, geht ihre persönliche Korrespondenz durch und möchte ihr über dem Kamin hängendes Porträt kaufen. Als er dort einschläft,  betritt die vermeintlich tote Laura Hunt die Wohnung. Die lebendige Tote erklärt dem überraschten Detective, dass sie die letzten Tage in ihrem Landhaus verbracht hatte. Sie sei nicht ausgegangen und habe keinerlei Besuch empfangen - aber wer ist nun ermordet worden ?




Preminger lässt seinen Film Noir in ein psychologisch interessantes Psychodrama gleiten. Hervorragend gut sind alle Charaktere gezeichnet. Man trifft auf den hartgesottenen Detektiv McPherson, dessen Beschützerinstinkt erwacht. Und Laura ist nicht dieser Vamp, den die Männer vergöttern und die Frauen bewundern. Sie fühlt sich sehr zu dem intellektuellen Waldo hinzgezogen, aber nur freundschaftlich. Durch diese Konstellation ergibt sich die Spannung, weil Waldo mehr möchte, aber von Laura nicht das bekommen wird, was er sich wünscht. So lebt er in seiner Egozentrik und gibt Sprüche wie "In meinem Fall ist Egoismus vollkommen gerechtfertigt. Ich habe nie irgendetwas entdecken können, dass sich meiner Aufmerksamkeit würdig erwiesen hätte" - in einer Rückblende erzählt er von der ersten Begegnung mit Laura. Wie gewohnt lässt er sie abblitzen, wie alle seine Mitmenschen. Seine Waffe ist die arrrogante Unnahbarkeit - doch irgendetwas hat Laura ausgestrahlt, um sie ein zweites Mal zu treffen. Shelby ist ein sympathischer Halunke ohne Skrupel und mit wenig Verantwortungsgefühl. Er begehrt Laura, aber auch andere Frauen. Und er lässt sich auch von Frauen aushalten. Lauras kühle, reiche Freundin Ann weiß dies und hat sich mit diesem gemeinsamen Deal arrangiert. Besonders eindringlich sind die Szenen zwischen McPherson und Laura - ganz besonders wird das deutlich auf der Polizeistation, wo Mark die Lampen abschaltet, damit er Lauras Schönheit in ihrem ganzen Glanz erblicken kann. Clifton Webb ist natürlich die perfekte Filmfigur in Premingers Noir - er agiert zunehmend sonderbarer und wird im Laufe der Geschichte irre Tendenzen offenbaren. Ein Mann, der sich im Leben einer Frau wie eine Spinne im Netz festgesetzt hat. Die Oscarnominierung war wohl verdient. Optisch setzte Preminber auf Bilder voller Grauschattierungen - dies verleiht dem unsterblichen Klassiker seine geheimnisvolle Aura.

 
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Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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