Dienstag, 11. Dezember 2012

Botschafter der Angst


























Regie: John Frankenheimer

Perfide Gehirnwäsche...

Einer der am meisten unterschätzten Filmmeisterwerke der 60er Jahre ist John Frankenheimers Paranoia-Thriller "Botschafter der Angst" (Originaltitel: The Manchurian Candidate), der 2004 noch einmal von Jonathan Demme verfilmte wurde. Die Schlüsselszene wurde dabei in den Golfkrieg verlegt. Im Original spielte sich die Geschichte während des Koreakrieges ab.
 Die literarische Vorlage zu "Botschafter der Angst" lieferte der 1959 geschriebene Roman von Richard Condon und wurde der damalige US-Präsident John F. Kennedy fand die Geschichte so gut, dass er die Verfilmung mit Frank Sinatra anregte und auch unterstützte. Dabei ist die Handlung auch heute noch kühn und verwegen und pendelt mit Leichtigkeit zwischen Satire und fiesem Politthriller dynamisch hin und her.
 Hat der beste Soldat seiner Einheit, der extrem beliebte Sergeant Raymond Shaw (Laurence Harvey) seine beiden Kameraden Ed Mavole (Richard LePore) und Bobby Lembeck (Tom Lowell) auf Geheiß eines seltsamen chinesischen Arztes (Khigh Dhiegh) während eines Damenkränzchens kaltblütig ermordet, während sich die gemütliche Location sich aber immer wieder in eine Gehirnwäsche-Demonstration in einem Hörsaal verwandelt ? Zumindest wird Shaws Kamerad Major Bennett Marco (Frank Sinatra) immer wieder von solchen bizarren Träumen geplagt, er kann sich aber keinen Reim darauf machen. Inzwischen ist die Einheit wieder in den USA und Raymond Shaw wird als Held gefeiert, denn er hat seine Infanterieeinheit gerettet und den Feind, von dem sie gefangen wurden, zurückgeschlagen. Diese Heldentat wird mit der Ehrenmedaille belohnt. Alle Kameraden geben unabhängig voneinander an, dass Shaw der freundlichste, mutigste, wärmste, beste Mensch sei, dem man in seinem Leben begegnet sei. Doch tief drinnen erinnert sich Marco auch daran, dass Shaw alles andere als beliebt war - er war der kalte, traurige und völlig unsympathische Einzelgänger.
 Bei ihrer Heimkehr wird Shaw sofort von seiner dominanten Mom Mrs. Eleanor Shaw Iselin (Angela Lansbury), die die politische Karriere ihres Ehemanns und Raymonds Stiefvater Senator John Yerkes Iselin (James Gregory) vorantreibt. Raymond Shaw hasst seine Mutter, denn sie hat dafür gesorgt, dass er seiner große Liebe Jocelyn (Leslie Parish) den Laufpass gibt. Mrs. Iselin war strikt gegen diese Verbindung, weil Jocelyn die Tochter von Senator Thomas Jordan (John McGiver) ist und diesen bezichtigt sie als Kommunisten und Vaterlandsverräter.
 Tatsächlich wird bald ersichtlich, dass Raymond Shaw durch ein Kartenspiel immer wieder auf Befehl fremder Mächte zum Auftragskiller wird, ohne dass er selbst weiß. Während der damaligen Gefangennahme in der Manschurai wurden die Soldaten einer Gehirnwäsche unterzogen und kommunistische Agenten haben mit der Aufforderung zum Kartenspiel und der Karo-Dame einen Auslösemechanismus geschaffen, der Shaw dazu bringt Morde zu begehen. Auch Morde, die er nie mit seinem Gewissen vereinbaren könnte. Politisch hat es Mrs. Iselin soweit geschafft, dass ihr Ehemann für das Amt des Vizepräsidenten, gleich nach seinem Parteikollegen Benjamin K. Arthur (Robert Riordan) aufgestellt wurde. Nachdem der psychisch angeschlagene Marco Trost bei seiner neuen Freundin Rose (Janet Leigh) findet, trifft er  - als er Raymond besuchen will - zufällig auf dessen neuen Koch (Henry Silva). Sofort hat er wieder Erinnerungen an die Ereignisse und nun heißt es Raymond von seiner mörderischen Hynose zu befreien. Doch das ist ein Kampf zwischen David und Goliath...





 Angela Lansbury erhielt gerechterweise den Golden Globe für ihre brilliante Darstellung der bösen Mrs. Iselin. Beim Oscarrennen hatte sie weniger Glück und unterlag dem Neuling Patty Duke, die den Preis als beste Nebendarstellerin in "Licht im Dunkel" gewann. In der Liste der besten Filmschurken aller Zeiten nimmt Lansburys Eleanor Iselin den 21. Rang ein.
Auch Laurence Harvey als ihr masochistisch unterwürfiger Sohn glänzt mit einer seiner besten Rollen. Leider wurde in der deutschen Kino bzw. DVD-Version die Sequenz mit dem Damenkränzchen gekürzt.  In der Zeit des kalten Krieges war die Story natürlich gewagt, denn sie entlarvt sowohl rechte als auch linke politische Ansicht als ideologisch austauschbar - nur die Macht zählt. Wenn etwa der Gehirn-Wissenschaftler Dr. Yen Lo sich freut, dass er in den USA soviele Shopping Möglichkeiten hat und gleichzeitig seinen amerikanischen kommunistischen Verbündeten rügt, weil dieser stolz erzählt, dass seine Klinik bereits Gewinne abwirft. Mrs. Iselin ist vordergründig eine Kommunistenjägerin und ihr Mann ein populistischer Patriot. Sie hat aber erkannt, dass der Zweck die Mittel heiligt und kooperiert einzig und allein um Vorteilnahmen für sich und ihren Mann zu schaffen, bei dessen karriere sie im Hintergrund die Fäden zieht. Das Ausmaß ihrer teuflischen Machenschaften werden aber erst am Ende deutlich sichtbar- hat sie doch einen Pakt mit dem Feind geschlossen, um zuerst mal die anderen Feinde zu vernichten.
John Frankenheimer hat im Laufe seiner Karriere viele gute Filme gedreht: "Botschafter der Angst" ist zwar für mich sein Meisterwerk, aber auch "Der Gefangene von Alcatraz", "Der Mann, der zweimal lebte" oder "French Connection 2" sind hervorragnede Klassiker. Der Regisseur verstarb im Jahr 2002 im Alter von 72 Jahren nachdem ihm kurz vorher mit den gut gemachten Thrillern "Ronin" und "Wild Christmas" ein Comeback gelang.








Bewertung: 10 von 10 Punkten

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