Mittwoch, 12. Dezember 2012

Der Leopard

 

Regie: Luchino Visconti

Vergänglichkeit...

Nicht nur für den amerikanischen Filmregisseur Martin Scorsese ist Luchino Viscontis "Der Leopard" einer der ganz großen filmischen Meisterwerke überhaupt. Der ausufernden Ballszene des Films widmete er in seinem eigenen Historienfilm "Zeit der Unschuld" eine wunderbare Hommage mit einer eindrucksvoll photographierten Sequenz durch Kameramann Michael Ballhaus.
Viscontis Film selbst wurde 1962 mit einer ganz neuen Aufnahmetechnik realisiert. Diese Technik basierte auf anamorphotischen Objektiven und wurde von Technicolor entwickelt. Leider war das Ergebnis mit herkömmlichen Abspielgeräten enttäuschend, weil es zu einer schlechteren Auflösung und verfälschten Farmen führte. 1991 wurde eine kosten- und zeitaufwendige Restaurierung vollzollen. Unter der Projektleitung von Kameramann Giuseppe Rotunno ließen die Cineteca Nazionale und das Centro Sperimentale di Cinematografica die alten "Technirama" Geräte instand setzen. So erstahlte der Film erstmalig wieder im alten Glanz.
"Der Leopard" basiert auf dem gleichnamigen und einzigen Roman von Giuseppe di Lampedusa.  Es ist die Geschichte vom letzten Glanz und vom Untergang eines sizilianischen Adelsgeschlechts im 19. Jahrhundert. Sozusagen die letzten Tage des alten Adels und dessen Ablösung durch das Bürgertum. Das Stilmittel, dass der berühmte Regisseur wählte, um diese Zeit auferstehen zu lassen, ist das fast wie gemalt wirkende Bild als Momentaufnahme. Diese Gemälde sind aber mit einer starken Melancholie durchtränkt, man spürt den Untergang und auch die Tatsache, dass der Mensch vergänglich ist.
Selten gelang es Geschichte so wirkungsvoll einzufangen wie hier - der Zuschauer fühlt sich nicht nur in diese Zeit versetzt, er fühlt sich mittendrin.
Für die Dreharbeiten wurde der alte Palazzo Gangi in Palermo wieder geöffnet. In diesen ehrwürdigen Salons wurde der berühmte Ball des Leoparden gedreht. Neben unzähligen Schauspielern und Komparsen wurden hier auch Elektriker, Schneider, Dekorateure, Handwerker, Friseure, Maskenbildner und die Filmcrew untergebracht.
Erzählt wird die Geschichte des Fürsten Fabrizio Salina (Burt Lancaster) und seiner Familie. Seine Frau Maria Stella (Rina Morelli) ist gottesfürchtig und bekreuzigt sich bei jeder Zärtlichkeit. Dennoch gingen aus dieser Ehe 7 Kinder hervor. Hin und wieder vergnügt er sich heimlich mit einer heißblütigen Prostituierten in Palermo. Sein beinahe ständiger Begleiter ist der Jesuitenpater Pirrone (Romolo Valli).
Seine schöne, aber blasse Tochter Concetta (Lucilla Morlacci) ist in Salinas Neffen Tancredi Falconeri (Alain Delon) verliebt. Und auch er scheint Gefallen an ihr zu haben. Aber zuerst will der junge Adlige dem Freiheitskampf anschließen, denn Giuseppe Garibaldi hat am 11. Mai 1860 mit vielen tausend Freiwilligen der Bourbonendynastie im Königreich Neapel-Sizilien den Kampf angesagt. Der scharfsinnige Fürst begreift sehr schnell, dass die Gründung des italienischen Nationalstaats auch den Niedergang des herrschenden Landadels besiegelt und das Bürgertum seinen Siegeszug antreten wird. Er arrangiert sich mit den neuen Verhältnissen und hat eine leise Hoffnung, dass sich alles ändern muss, damit alles so bleib, wie es ist. So zumindest argumentiert sein Neffe, der bald zum Hauptmann aufsteigt. Wie jedes Jahr fährt der Fürst mit der gesamten Familie in drei Kutschen zu seinem Sommerpalast in Donnafugata. Er wird dort vom neureichen Bürgermeister Don Calogero (Paolo Stoppa), der sehr viel Profit durch die veränderten Ereignisse macht,  mit dem gebotenen Respekt empfangen. Dort lernt Tancredi auch Calogeros wunderschöne Tochter Angelica (Claudia Cardinale) kennen und verliebt sich sofort in sie. Dies kränkt Concetta aufs Äusserste. Bald darauf beauftragt Tancredi seinen Onkel mit der Mission in seinem Namen bei Calogero um die Hand seiner Tochter anzuhalten. Mit einem pompösen Ball wird die junge Frau in die gute adlige Gesellschaft eingeführt. Auf diesem Fest bemerkt der Fürst noch einmal, dass er alt geworden ist und seine Zeit bald abgelaufen ist...




Obwohl Visconti Laurence Olivier für die Rolle des Fürsten von Salinas wollte, überzeugte ihn Burt Lancaster beim ersten Treffen sofort. Und dies obwohl Visconti zuerst bemerkte, dass der Schauspieler bisher nur Cowboys oder Gangster spielte.
Die Rechnung von Goffredo Lombardo, dem Produzenten, ging auf. Der erzählte vorher Lancaster, der noch nie von Visconti und Lampedusa gehört hatte, dass der italienische Regisseur ihn als Idealbesetzung des Fürsten hält und Visconti gab er zu verstehen, dass Lancasters größter Wunsch eine Zusammenarbeit mit dem Regisseur wäre.
Tatsächlich ist "Der Leopard" vor allem auch eine grandiose Vorstellung von Burt Lancaster, dem hier die größte Leistung seiner glanzvollen Karriere geliang. Leider wurde der Film für die damalige Kinoauswertung gekürzt. Durch die Restauration erstrahlt dieses cineastische Meisterwerk im größten Glanz. Großartig auch die unvergessliche Filmmusik von Nino Rota.Ein ganz grosser Film mit lauter magischen Momenten.





Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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