Regie: Sergej Eisenstein
Von der Macht des großen Herrschers...
"Iwan der Schreckliche" ist ein zweiteiliges historisches Epos über
Iwan IV von Russland. Die Filme, die im Jahr 1944 entstanden wurden von
Filmemacher Sergej Michailowitsch Eisenstein (1898 bis 1948)
geschrieben und inszeniert. Das Großprojekt wurde von Ministerpräsident
Stalin in Auftrag gegeben, der Zar Iwan bewunderte und sich auch mit
dieser historischen Figur identifizierte. Dabei war er vom 1. Teil enorm
begeistert, aber an dem zweiten, noch düsteren Film, fand er keinen
Gefallen. Er ließ ihn sogar verbieten. Zu offensichtlich zeigte der
große Regisseur Russlands dunkle Visionen von Macht und Unterwerfung.
Die politische Alleinherrschaft bekommt durch die genial gestalteten
Bildkompositionen einen recht bitteren Beigeschmack. Das war nicht im
Sinne des Diktators. Erst 1958 wurde das Verbot aufgehoben und
Chruschtschow gab das Meisterwerk zur öffentlichen Vorführung frei.
"Iwan der Schreckliche" erzählt vom Aufstieg und Fall des berühmten russischen Herrscher Iwan ((Nikolay
Cherkasov). Mit 17 Jahren wird er zum Regenter Russlands gekrönt und
nimmt den Titel "Zar" an, mit dem damals in Russland die Kaiser vom Rom
und Konstantinopel bezeichnet wurden. Im Kampf um die nationale Einheit
erobert er weitere Ländereien und kann seinen Herrschaftraum ausbauen.
Seine Gegner sind die mächtigen Bojaren, allen voran seine Tante
Efrosinia von Staritsa (Serafima Birman), die im Hintergrund ihre Fäden
spinnt und gegen Iwan raffiniert intrigiert. Sie ist bereit, alles zu
tun um ihren leicht debilen Sohn Vladimir ((Pavel Kadochnikov) auf den
russischen Thron zu verhelfen. Sie drängt die anderen Bojaren
unermüdlcih dazu, sich Ivan in jeder nur erdenklichen Weise zu
widersetzen. Ausserdem hasst sie Iwans Frau (Ludmilla Zelikowskja). Aber
Iwan hat auch Freunde, darunter sein Adjutant Malyuta Skuratov (Mikhail
Zharov), der allerdings die Zarin heimlich begehrt. Er wird sich
irgendwann von Iwan abwenden, genauso wie der Bojar Kolychev (
(Andrei Abrikosov), der spätere heilige Philipp, der Zweite, Metropolit
von Moskau. Seine Frau wird von den Gegnern vergiftet, was dem Zaren
erst lange Zeit später bewusst wird. Immerhin bleibt der bürgerliche
Alexei Basmanov (Amvrosy Buchma) ihm treu ergeben, da er die Bojaren
hasst. Durch seinen gekonnten Opportunismus steigt er auf zur Macht,
befehligt Armeen auf der Krim und wird zum Mann fürs Grobe bei Iwans
Geheimpolizei. Auch Fjodor (Michail Kusnezow), Basmanovs einziger Sohn,
ist ein fanatischer Anhänger des Zaren. Solche Männer braucht der Zar
auch, damit er dem geplanten Anschlag seiner Feinde auf die Schliche
kommt. In diese Machenschaften ist auch die Kirche in der Gestalt des
mächtigen und eiskalten Erzbischofs von Nowgorod (Alexander Mgebrow)
verwickelt. Der Zar muss zu härteren Mitteln greifen, aus "Iwan, der
Große" wird "Iwan, der Schreckliche"....
Intrigen und Attentate werden mit blutigem Terror bekämpft. Dies
konnte dem System nicht dienlich sein. Beherrschendes Stilelment ist
nicht mehr die Montagetechnik von Eisenstein, die seine Stummfilme wie
"Panzerkreuzer Potemkin" so berühmt machten, sondern die
expressionistische Machart, in die sich auch die Schauspieler perfekt
einfügen. "Iwan, der Schreckliche" ist bombastisch und im Stil der
großen Oper inszeniert. Immer wieder begeistern die Einstellungen und
die überlebensgroßen Bilder der Kameramänner Andrei Moskin und Eduard
Tisse in genauso überlebensgroßen Kulissen. Die prunkvollen Dekorationen
und die Architektur ist einfach überwältigend. Auch die Akteure werden
bestens in Szene gesetzt. Dabei sind die Nahaufnahmen - nicht nur vom
spitzbärtigen Iwan oder seiner hinterhältigen Tante - fasznierend und
begeistern durch einen morbiden Glanz. Unvergessen wie der Zar gebückt
durch die niedrigen, dunklen Gänge läuft, wobei sich sein Schatten an
der großen Wand abbildet, was Intrigenspiel aus längst vergangener Zeit,
nur noch gespenstischer und drohender werden lässt. Natürlich ist viel
Bombast und Pathos dabei, vergleicht man "Ivan Grosny" mit seinen
Stummfilmen ist vor allen der inhaltliche Wandel sichtbar. Weg von den
proletarischen Kämpfen, hin zur epischen Geschichte. Für mich ist "Iwan
der Schreckliche" Eisensteins Meisterstück. Dem grossen handwerklichen Geschick von Eisenstein ist es auch zu
verdanken, dass wir uns schon nach wenigen Minuten Laufzeit des Films
sozusagen tatsächlich in der geschichtlichen Vergangenheit zurückgesetzt
fühlen und die Intrigen am russischen Hof miterleben.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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