Sonntag, 9. Dezember 2012

Sehnsucht



Regie: Luchino Visconti

Italiens bewegende Geschichte...

Der erste Historien-Visconti...ausgestattet mit seiner persönlichen Liebe für das historische Erbe seiner Heimat und für die Oper...Die Anfangssequenz in der Oper übernahm einige Jahrzehnte später der Visconti-Bewunderer Scorsese als Art Hommage an "Senso" in seinem eigenen grossen Historienfilm "Zeit der Unschuld", das Intro beider Filme ist verblüffend ähnlich.
Zu Verdis "Troubadour" wird 1866 die Opernrevolte mit viel Konfetti in Venezien losgetreten. Der seit Jahren andauernde italienische Befreiungskrieg hat zur Vertreibung der österreichischen Besatzern aus grossen Teilen Norditaliens geführt und die Bourbonenherrschaft im Süden beendet. Nur eben Venezien ist noch von den Habsburgern besetzt und in dieser Zeit spielt diese hoffnungslose Liebe der mit einem langweiligen Zausel verheirateten italienischen Gräfin Livia Serpieri (Alida Valli) zum jüngeren österreichischen Offizier und Frauenheld Franz Mahler (Farley Granger) der die Gefühle aber nicht mit der gleichen Intensität und auch nicht so bedingungslos begreift, sondern eher das zeitlich begrenzte Abenteuer sucht.
Damit befindet sich unsere tragische Filmheldin in gleich schlechter Gefühlslage wie etwa eine Julie Christie in "Herrin von Thornhill" oder Isabelle Ajani in Truffauts "Adele H."...verblüffende Parallelen: Alle Geschichten spielen in etwa zeitgleich derselben Epoche und in allen drei Geschichten verfällt die irgendwann schwache Frau dem schmucken Uniformträger.
Auch Viscontis Geschichte nach dem Roman "Das geheime Tagebuch der Contessa Livia" von Camillo Boito ist eine Chronik der Selbstzerstörung.


Der grosse Meister bettet diese fatale Liebesgeschichte in opulente Bilder und skizziert einen unmittelbaren Bezug zur damaligen Zeit des Risorgimento, was an manchen Stellen vielleicht etwas aufgesetzt wirkt - in seinem Meisterwerk "Der Leopard" - einer der besten 5 Historienfilme überhaupt - gelingt ihm diese Verquickung zwischen grosser Geschichte und den Menschen dieser Zeit und ihrem Schicksal doch viel spielerischer und viel brillianter. In "Senso" wird sie auch vage schon sichtbar, aber noch nicht mit dieser ganz grossen Meisterhand ausgespielt...so zeigt der Chronist der Dekadenz in voller Pracht einerseits Schönheit, aber auch ein morbide wirkendes Venedig. Aber die Bilder entfalten noch nicht diesen melancholischen Atem der Geschichte, noch ist die Vergänglichkeit sichtbar und bewegend wie beim "Leopard", der die gleiche Epoche zeigt.
Keine Frage: "Sehnsucht" ist ein schöner opulenter Kinostreifen und Bilderfilm, der zwar insgesamt ein bisschen gealtert ist und nostalgisch wirkt, der aber dennoch immer noch gut unterhält. Er ist aber kein Meisterwerk....vielleicht liegt der letzte Schliff auch am Schauspieler. Alida Valli und Farley Granger geben zwar ein glaubwürdiges Paar ab, spielen ihren Part sehr gut...aber ein Burt Lancaster als Graf Salina ist halt zum Niederknien.


Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.

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