Donnerstag, 13. Dezember 2012

Der zerrissene Vorhang



Regie: Alfred Hitchcock

Hol mal schnell die Formel ab und rette die Welt...

Im Gesamtwerk von Alfred Hitchcock kommt der 1966 realisierte Spionagethriller "Der zerrissene Vorhang" nie gut weg. Die Kritiker bemängeln die fehlende Logik des Films, aber auch die technische Seite mit miesen Rückprojektionen wurde ins Feld geführt, den Film als völlig misslungen darzustellen.
Dabei macht der aberwitzige Streifen aus der heißen Phase des kalten Kriegs so ziemlich viel Spass. Man darf ihn nur nicht allzu sehr mit dem Verstand zu sehen, sondern es sollte schon ein bisschen Phantasie mitschwingen, um dem Film eine bessere Einordung zuzugestehen.
Denn auch viele seiner alten Spionagemeisterwerke waren auch nicht logisch, wenn ich mich jetzt spontan an "Die 39 Stufen" erinnere und dennoch ist ein solcher Film über alle Zweifel erhaben.
Vergnüngen bereiten doch ne ganze Menge von Szenen, beispielsweise wenn Paul Newman einem alten, zersausten DDR-Raketenforscher (Ludwig Donath) an einer Tafel eine streng gehütete Formel abluchst.
Angefangen hat alles bei einem Wissenschaftskongress in Kopenhagen. Dort treffen sich hochrangige Forscher, um sich auszutauschen. Einer dieser Männer ist der amerikanische Raketenforscher Professor Michael Armstrong (Paul Newman), der gerade an einer Formel für ein neues Raketen-Abwehrsystem, genannt GAMMA 5, arbeitet.
Er hat seine Assistentin und Verlobte Dr. Sarah Sherman (Julie Andrews) dabei, an der auch der DDR-Wissenschaftler Dr. Karl Manfred (Günther Strack) Gefallen findet.
Unter dem Vorwand ganz eilig nach Stockholm fliegen zu müssen, seilt sich der amerikanische Professor überraschend ab - als Sarah nachforscht wird ihr mitgeteilt, dass Michael ein Flugzeug Richtung Ostdeutschland besteigen will. Kurzerhand nimmt sie die selbe Maschine und ist wenig später mit ihrem Verlobten hinter dem eisernen Vorhang.
Dort, vor dem strengen Auge der Staatssicherheit und deren Vertreter Heinrich Gerhard (Hansjörg Felmy) oder Hermann Gromek (Wolfgang Kieling)gibt Armstrong überraschend bekannt, dass er übergelaufen ist und seine wissenschaftliche Brillianz in die Dienste des Arbeiter- und Bauernstaates stellt.
Nach kurzem Aufenthalt in Berlin ist für die amerikanischen Wissenschaftler ein Treffen mit dem berühmten Professor Lindt (Ludwig Donath) an der Universität Leipzig eingeplant.
Doch zuerst erkennt der Zuschauer, dass Armstrong doch zu den Guten gehört, er hat nämlich vor, die Formel ausser Landes sicher in seine Heimat zu bringen. Bei einer Bäuerin (Carolyn Conwell), die zum Opposition im Untergrund gehört, erhält er weitere Anweisungen und weitere Verbindungsmänner genannt. Doch er wird vom neugierigen Gromek entdeckt und entlarvt...
Was jetzt folgt ist eine irrwitzige Agentenstory, die tatsächlich nicht den Gesetzen der Logik folgt, aber dennoch sehr viel Spass macht und einige unvergessene Szenen bietet. Angefangen vom zermürbenden Kampf um Leben und Tod gegen Gromek im Bauernhaus.
Danach gibts diese amüsante Szene, in der sich Newman und Donath kampfeslustig Formeln an die Tafel kritzeln, immer näher kommend an die Genialität des alten Professors, der dem Ami formelmässig einen Schritt voraus ist, aber nicht mehr lange.
Und dann die obskure Flucht mit dem Bus Richtung Ostberlin, wo ein Verbindungsmann die beiden Flüchtigen ausser Landes bringen soll. Für Humor sorgt dann noch eine Ballerina (Tamara Toumanova) und fürs Herz agiert die polnische Gräfin Kuchinska (Lila Kedrova), die kurz zuvor den Oscar für "Alexis Sorbas" erhielt.
Insgesamt ist zwar "Der zerrissene Vorhang" weit davon entfernt eines der großen Highlights des Meisters zu sein, aber als knalliger Agententhriller macht er gute Laune, ist erstaunlich temporreich und mit einer guten Balance zwischen Spannung und Humor angelegt.


Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.

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